Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Inannas Hochzeit mit dem Hirten (Episode 10)

Inannas Hochzeit mit dem Hirten

By on 21. Mai 2023

Heilige Hochzeit Inannas mit dem Hirten

Heilige Hochzeit Inannas mit Dumuzi, nach einer mesopotamischen Tonplatte (s. unten). 

Inannas Hochzeit mit dem Hirten Dumuzi

Heilige Hochzeit der Göttin der Liebe mit ihrem Heldenkönig

Inannas Hochzeit mit dem Hirten besiegelt ihre Verbindung mit dem Mann, den sie liebt und dem sich sie bereits hingegeben hat. Er war ihr Geliebter und ist ihr auserwählter Heldenkönig. Heilig ist die Hochzeit, weil die Verbindung des Paares männlich und weiblich vereint und damit Ganzheit sowie die Möglichkeit von neuem Leben und neuer Realität gegeben ist. 

[S. Männlich und weiblich und die Erschaffung neuer Realität und Gott, Ganzheit, 3-in-1, männlich und weiblich.]

Als Ritual für Segen, Fruchtbarkeit und Fülle des Landes wurde in vielen Kulturen die Heilige Hochzeit der Göttin mit ihrem Heldenkönig jährlich wiederbelebt. Zu diesem Zweck hatte sich der amtierende König mit der Hohepriesterin der Göttin in einem Geschlechtsakt zu vereinen. Ein Brauch, der zum Beispiel auch Teil der keltischen Arthus-Legende war.

Inannas und Dumuzis Hochzeitsgesang

4000 Jahre alte erotische Texte  [2]

Der vorliegende Text zur Heiligen Hochzeit Inannas ist weit über 4000 Jahre alt. Es ist ein Gesang, der unschuldige Erotik besingt und – unbelastet von Scham oder Moral – frische Natürlichkeit, Freude und Lebenskraft ausstrahlt.   

Heilige Hochzeit Inannas im Originaltext *

Inannas Vulva, das Boot des Himmels

Meine Vulva, das Horn,
Das Boot des Himmels,
Es ist von Begierde erfüllt wie der junge Mond.
Mein unbebautes Land liegt brach.

Was mich betrifft, Inanna,
Wer wird meine Vulva pflügen?
(Und) Wer wird mein reifes Feld pflügen?
Wer wird meinen feuchten Boden pflügen?

Dumuzi, der König

Grosse Fürstin, der König wird deine Vulva pflügen.
Ich, Dumuzi, der König, will deine Vulva pflügen.

O Herrin, deine Brust ist dein Feld.

Wasser fliesst von oben herab für deinen Diener.
Giess es aus für mich, Inanna.
Ich will alles trinken, was du mir gibst.

Inanna sprach:

Mach deine Milch süss und dick, mein Bräutigam.
Mein Hirte, ich will deine frische Milch trinken.
Wilder Stier, Dumuzi, mach deine Milch süss und dick.

Lass die Ziegenmilch in die Schafhürde hineinfliessen.

Dumuzi antwortete:

Inanna,
Ich möchte mit dir in meinen Ostgarten gehen.
Ich möchte mit dir zu meinem Apfelbaum gehen.
Dort möchte ich die süsse, honigbedeckte Saat pflanzen.

Süsse Erinnerung Inannas:

Er brachte mich in seinen Garten.
Unter einem Apfelbaum kniete ich nieder, wie es sich gehört.
vor meinem edlen Herrn Dumuzi,
der mir entgegenwuchs aus den Pappelblättern,
der zu mir kam in der Mittagshitze.

Mein Hohepriester ist bereit für die heiligen Lenden.
Die Pflanzen und Kräuter in seinem Feld sind reif.
O Dumuzi! Deine Fülle ist mein Entzücken!

Mein Geliebter, das Entzücken meiner Augen,
War mit mir zusammen.
Wir erfreuten uns aneinander.
Er brachte mich in sein Haus.
Er legte mich auf das duftende Honigbett.

Mein süsser Geliebter, der an meinem Herzen liegt.
Zungenspielend, eins beim anderen,
Mein schöner Dumuzi tat dies fünfzig mal.

(Er ist) Mein Blütenträger im Obstgarten.
Mein Fruchtträger im Apfelgarten,
Dumuzi-ABZU, deine Reize waren Süss.

Liebespaar im Bett, Vereinigung von König und Hohepriesterin, mesopotamische Tonplatte um 1800 v. Chr. [1]

Podcast: Textlesung und Gespräch mit Nadine Kulis

Die wunderwirkende Vulva der Göttin Inanna

Symbole und Archetypen in Inannas Heilige Hochzeit

Gott – Einheit und Ganzheit, männlich und weiblich

Inanna: Symbole für die weibliche Seite, lebendige, Realität gebärende Materie

Die junge Göttin im ersten Aspekt weiblicher Ganzheit:

  • Horn, Boot des Himmels, der junge Mond (Mond als weibliches Symbol, zunehmender Mond für die junge Frau / Jungfrau, 1. Aspekt der Grossen Mutter).
  • Land, reifes Feld, feuchter Boden (Körper Frau: ERDE, s. Die vier Elemente).
  • WASSER für die Salbung (Scheidenflüssigkeit) und Seele der Frau (s. Wasser, weiblich).
  • Schafhürde: Schoss der Frau (s. Schoss der Frau als (paradiesischer) Garten (oder Gehege) oder Gefäss).

[S. Weibliche Ganzheit 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal.]

Dumuzi: Symbole für die männliche Seite, feurige geistige Kraft

Der Sohn als der erste Aspekt männlicher Ganzheit:

  • Dumuzi: vom sumerisch-akkadisch DUM-ZI = Sohn des Lebens (des Vaters, 1. Aspekt, Kraft, Phallus, s. Christus / Messias, der Gesalbte).
  • ABZU: der Hirte und gute Sohn des Vaters (AbZu für das Grosse Unten, den Bereich des Körpers und der Materie sowie der Lebenskraft in der Materie: Animus)
  • König: Er ist auserwählt, das Königreich (das Weibliche, das Land) liebevoll und gerecht zu regieren (s. Königsherrschaft im Leben).
  • Hohepriester im Heiligtum der Göttin der Liebe, in ihrem Herzen (s. Die Frau 3-in-1, Körper, Seele, Geist und Das Heiligtum 3-in-1 und der Weg zu Ganzheit.)
  • Mittagshitze: Die Sonne am Zenit für FEUER, das Element des männlichen Körpers (darum gilt die Sonne als männliches Symbol, Die vier Elemente).
  • Wilder Stier: Symbol für den kraftvollen Trieb (s. Gilgamesh und der Himmelsstier und Der Stier als Symbol).
  • Milch für Sperma
  • Pflügen der ERDE, Pflanzen der Saat als Bild für Geschlechtsverkehr.
  • Blüten- und Fruchtträger im Garten (der Göttin): Der Wind (die LUFT, Element für die männliche Seele) wird die Pollen zu den Blüten bringen. Wachstumskraft in der Materie gibt der männliche Geist (Animus).

[S. Männliche Ganzheit 3-in-1, Vater – Sohn – Geist.]

Inannas Heilige Hochzeit und die 50

Mein schöner Dumuzi tat dies fünfzig mal.

Von Ergänzung zu Ganzheit in Einheit: 49 Prüfungen

Das Paar hat aber noch einen weiten Weg vor sich und noch einige Prüfungen zu bestehen. Das Ziel ist, von Einheit in der Ergänzung zu Einheit in Ganzheit (beider) zu gelangen.

Diese unterschiedlichen Arten der Einheit des Paares, je nach Lebensphase, lassen sich durch Yin/Yang (unten links für Ergänzung), und Hotu (unten rechts für Ganzheit) darstellen. Hotu ist ein Symbol für die Ganzheit, die durch das Verschmelzen von männlich und weiblich in der dritten Lebensphase geschieht, also für Gott als Einheit des Grossen Vaters mit der Grossen Mutter. Dies ist auch die Bedeutung des Heiligen Geistes. [S. Gott, Ganzheit 3-in-1, männlich und weiblich und Ruach, Geist Gottes – männlich und weiblich.]

Yin Yang und Hotu (das Yin-Yang der Welt)

50: Überwinden der Negativdynamik und Durchbruch zur Fülle (Heilige Hochzeit)

Mit der Zahl 50 sind Ziel und Lebensaufgabe des Paares angesprochen. Nachdem sich das Paar gegenseitige Treue versprochen hat, steht es erst am Anfang. Das Ziel ist das Bestehen von 49 Prüfungen im Rahmen der negativen Paardynamik, wobei die Schatten integriert werden (s. Anima und Animus in der Paarbeziehung).

Für die Paarbeziehung bedeutet dies, dass 49-mal Lust und Schmerz, Leidenschaft und Leiden, Macht und Unterwerfung durchgespielt werden. In jedem Aspekt muss dabei die Liebe durchgesetzt werden, damit diese erste (!) Beziehung nicht an der Dynamik der Macht zugrunde geht. (Diese 49 Phasen sind im Märchen Aladin und die Wunderlampe ausführlich geschildert.)

Ganzheit durch Integration der gegengeschlechtlichen Anteile

Die Ganzheit (symbolisiert durch die 50) ist das Ziel jedes Menschen, unabhängig davon, ob er in einer Partnerschaft ist oder nicht. Sie wird auf dem Heldenweg erreicht, durch die Integration der gegengeschlechtlichen Anteile (Anima und Animus). Letztere ist auch ohne Partnerschaft möglich (ergibt sich aber in einer Partnerschaft wie von selbst). Wichtig ist dabei die Beziehung zum anderen Geschlecht und seinen Archetypen (so zum Beispiel auch die Verehrung der Maria als Jungfrau-Mutter Gottes), welche zur Integration des Gegenteiligen und damit zu Ganzheit führen kann.

[S. 50, Pfingsten und Prophetie und der Heilige Geist.]

Die Fortsetzung der Mythologie von Inanna

Die kritischen Übergänge im Leben (Krisen)

Die sumerische Überlieferung von Inanna, der Göttin der Liebe, handelt von den “kritischen” Übergangsphasen. So hat Inanna nun mit ihrer Initiation und nachfolgender Hochzeit erfolgreich den Übergang von Kindheit und Jugend ins Erwachsenenalter absolviert. Der nächste grosse Wechsel ist jener vom Erwachsenenalter zum reifen Alter, von dem die Fortsetzung der Mythologie handelt. Er beinhaltet den Weg durch die Unterwelt und damit die anspruchsvolle Integration des Geistes (der gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile, nicht zuletzt in der existenziellen Auseinandersetzung mit dem Partner/dem anderen Geschlecht).

2. Teil: Inannas Weg durch die Unterwelt

3 Tage in der Unterwelt (das Sterben der Liebe)

Inanna wird in der Unterwelt getötet und am 3. Tag durch den liebenden Vater (des Hirten, der Gott der Erde) wieder auferweckt. Sie steht auf und kehrt auf die Erde zurück. Doch die Dämonen der Unterwelt begleiten sie (denn niemand kehrt von der Unterwelt wieder, es sei denn, er stelle einen Ersatz für sich).

[S. Inannas Weg durch die Unterwelt.]

3. Teil: Der Hirte wird geschlagen

10. Plage: Der Tod der Erstgeburt (der ersten Liebesbeziehung)

Die auferstandene Inanna gerät unmittelbar in eine Auseinandersetzung mit ihrem Götter-Gatten, der auf ihrem Thron sitzt, gekleidet in ihren Gewändern (der Weisheit) und sich nicht rührt (keine Empathie zeigt). Da fallen die Dämonen der Unterwelt, die Inanna begleiten, über den Hirten her, setzen ihm arg zu und verfolgen ihn, bis nichts mehr da ist. Das bedeutet: Die Beziehung steht vor dem Aus.

Sterben der Liebe und die 10 Plagen Ägyptens

Tod der Erstgeburt, der ersten Beziehung

Diese Fortsetzung der sumerischen Überlieferung entspricht auch der 9. und der 10. Plage von insgesamt 10 Plagen Ägyptens (welche die Aspekte negativer Paardynamik aufzeigen). So steht die 9. Plage (3 Tage Finsternis) für den Weg durch die Unterwelt und die gestorbene Liebe, während die 10. Plage (Tod der Erstgeburt) für das Sterben der ersten Beziehung steht, falls es nicht gelingt, Macht (das Ego) durch Liebe zu ersetzen.

Dornröschen und der Prinz

Die (wahre) Heilige Hochzeit

Ganzheit durch Einheit von männlich und weiblich

Die grosse Frage an den Menschen

So ist denn auch die Frage und das Thema der sumerischen Mythologie: Wird sich das Paar, werden Inanna und ihr Heldenkönig diesen Weg schaffen? Werden sie die Herausforderungen meistern und sich zu wahrer Liebe und Vergebung durchringen?
Und dies ist auch die wichtigste Frage sämtlicher grosser Überlieferungen an den Menschen: Gelingt es ihm, in der begrenzten menschlichen Realität die Identität der Trennung (das Ego) zu überwinden und so zur Versöhnung, Einheit und Ganzheit zu finden?

Auferstehung der Liebe: Versöhnung und Wiedervereinigung als Heilige Hochzeit

Inanna schafft es, denn sie ist ja eine Göttin! Das heisst mit anderen Worten, dass sie bewusst und selbstwirksam in ihrem Leben steht und für sich und ihre Gefühle Verantwortung übernimmt.

Zunächst trifft zwar ihr (berechtigter) Zorn den Hirten, doch dann beruhigt sie sich wieder. Dabei werden Mitleid und Trauer der Göttin um ihren Geliebten zum Tor für Versöhnung und Heilung. Die Einheit in Reife und Weisheit ist die tiefere Bedeutung der Heiligen Hochzeit, welche über göttliche Ganzheit in die grenzenlose Existenz des Geistes hinüberträgt.

So sind auch in Ruach, dem Heiligen Geist Gottes die Grosse Mutter (“Grossmutter”, Schicksal) mit dem grossen Vater (“Grossvater”, Geist) zur Einheit verschmolzen.

Inannas Lobpreis der grossen Mutter

Die sumerische Überlieferung von Inanna endet mit einem Lobgesang auf die Grosse Mutter, Göttin der Unterwelt und Herrin über Leben und Tod, welche die Lebenskraft in der Materie und das Schicksal darstellt.

Inanna legte Dumuzi in die Hände der Ewigkeit.

Heilige Ereshkigal! Gross ist dein Ruhm!
Heilige Ereshkigal! Ich lobe und preise dich!

Schechina (Zak Yitro) für Ruach

Weiter geht es mit Teil II der sumerischen Überlieferung:

Inanna und der Abstieg in die Unterwelt

Nachweise:

* Originaltext, Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).

[1] Alte sumerische heilige Texte über die „Göttliche Hochzeit“ wurden bereits um 2300 v.Chr. von der Tochter des akkadischen Herrschers Sargon, Encheduanna, aufgeschrieben, später ca. 1750 v. Chr. vom babylonischen Herrscher Hamurabi in Keilschrift niedergeschrieben. Ihre mündliche Überlieferung ist jedoch viel älter und hat wahrscheinlich ihren Ursprung um rund 3000 v.Chr. oder noch viel früher. Hier eine freie Zusammenstellung von Texten von Wolkenstein/Kramer (S.  36 bis 49), ins Deutsche übertragen von Verena Zingsem, «Der Himmel ist mein, die Erde ist mein… Göttinnen grosser Kulturen im Wandel der Zeiten» (2008), S. 39 bis 51.

[2], Liebespaar im Bett für die Vereinigung von König und Hohepriesterin, in Wolkenstein/Kramer (s.o.), S. 43 und 187: Tonplatte, Mesopotamien, Isin-Larsa-Periode Babylons, ca. 2000 – 1600 v. Chr., gebrannter Ton, Basel, Erlenmeyer Sammlung


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