Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Göttin Inanna – starke, selbstbestimmte Weiblichkeit in Sumer

Inanna als Morgenstern

By on 16. April 2020

Strahlende Inanna

Strahlende Inanna als Göttin des Himmels (der 8-strahlige Stern), Königin der Erde (der Löwe) und Herrscherin der Unterwelt (7 Zepter für 7 Lebensbereiche).
[bearbeitet, Original s. akkadisches Zylindersiegel, um 2500 v.Chr.]

Göttin Inanna – starke selbstbestimmte Weiblichkeit in Sumer

Die Göttin der Liebe in der sumerischen Mythologie 

Die sumerische Göttin Inanna ist gemäss der Überlieferung eine starke, mutige und selbstwirksame Frau und damit ein Vorbild für jede Frau.

Göttin Inanna: 5000 Jahre alte Überlieferungen

Übersetzung der 4000 Jahre alten Texte durch Samuel Kramer

Inannas Geschichte ist wahrscheinlich 5000 Jahre alt oder sogar noch älter.
Einige der Texte, eingebrannt in Tontafeln, schlummerten rund 4000 Jahre in der Erde. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnten Bruchstücke von Tontafeln zusammengefügt und durch den Sumerologen Samuel Kramer übersetzt werden[1]. Seine Arbeit dient den Betrachtungen der sumerischen Mythologie in dieser Internetseite als Grundlage.

Prägung auf Tontafeln in Babylon durch Hammurabi I.

Die sumerischen Überlieferungen um Inanna wurden lange nur mündlich weitergegeben. Erst 1000 Jahre oder noch viel später nach ihrer Entstehung wurden sie durch die „Enkelkultur“, nämlich durch den babylonischen Herrscher Hammurabi I. (s. auch Von Sumer bis Babylon – geschichtliche Hintergründe) niedergeschrieben.

Einfügung “jüngerer” Elemente

Es ist anzunehmen, dass bei der Niederschrift bereits Elemente aus den späteren Kulturen wie der akkadischen und der babylonischen Geschichte eingeflossen sind. So ist zum Beispiel der Name Gilgamesh für den Helden und Geliebten der Göttin wahrscheinlich eine spätere Ergänzung. Sein sumerischer Name “Dumuzi” bedeutet einfach „Sohn des Lebens“ (s. Die sumerische Sprache und ihre Entwicklung). Dieser “Titel” bezeichnet positive Männlichkeit, die sich gemäss dem Willen des liebenden Vaters dem Weiblichen hingibt (wie auch  Christus / Messias, der Gesalbte).

Inanna – die erste Göttin der Liebe

Viele Kulturen kennen eine Göttin der Liebe. Diese hiess in Sumer Inanna, in Ägypten Isis oder Ashet; in Babylon Ishtar, in Phönizien Astarte, in Kanaan Ashera, in Griechenland Aphrodite und in Rom Venus.

Der Morgenstern

Inanna und Venus, der Stern der Göttin der Liebe

Der Stern der Göttin der Liebe ist die Venus. Als aufgehender Stern oder Morgenstern symbolisiert sie den jungfräulichen Aspekt der Göttin, reine Liebe. Als untergehender Stern oder Abendstern steht sie für reife Liebe und den Weg durch die Unterwelt (s. Ereshkigal, Herrin der Unterwelt).

Göttin Inanna – ein weiblicher Archetyp

Bewusstes (göttliches!) Leben in Selbstwirksamkeit

Als Göttin stellt Inanna einen Urtyp oder Archetyp von vollkommener Weiblichkeit oder von Weiblichkeit, die Vollkommenheit erlangt hat, dar. Sie steht bewusst und selbstwirksam in ihrem Leben und handelt so, wie sie es als richtig erkannt hat. Auch dies macht sie zur Göttin.

Als Göttin auch eine Anima-Gestalt

Als Göttin ist Inanna auch eine Anima-Figur. (Mit anderen Worten symbolisiert sie also auch die innere Frau des Mannes, seine Seele, die er auf seinem Weg zu Ganzheit gewinnen muss, s. Der Weg des Mannes in den Geist und Die Integration der weiblichen Anteile).

So besingt Goethe das Weibliche in der Gestalt der schönen Helena (Faust II):

Das ewig Weibliche zieht uns hinan.

HinAn (der Weg des Mannes) und HinAB (der Weg der Frau): ANNA und ABBA

Mutter und Vater – ANNA und ABBA

Das deutsche HinAN – hinauf ist hier interessant, denn ein Hinan beinhaltet auch ein HinAb.
In der sumerisch-akkadischen Überlieferung steht AnZu für das grosse Oben (Geist, Himmel) und AbZu das grosse Unten (Materie, Unterwelt). So ist auf der einen Seite die grosse Mutter für das Weibliche, welches das Leben in der Materie darstellt, zu AnNa geworden und auf der anderen der grosse Vater im Himmel für Männlichkeit, die den Weg in den Geist gemacht hat, zu AbBa. (S. Notizen zur sumerischen Sprache.)

Inanna – Nin-An-Na: Vom Himmel auf die Erde

Quelle des Lebens aus Liebe

So ist es der Weg der Frau und des Weiblichen, die göttliche Liebe in die Materie zu bringen und auf diese Weise neues Leben zu schenken (durch Geburt und Fürsorge).

Bedeutung des Namens: hinab vom Himmel in die Materie

Der Name Inanna kann auf sumerisch Nin-An-Na zurückgeführt werden: “Die Göttin vom Himmel herab”. NIN bedeutet Göttin. AN ist die Bezeichnung für das grosse Oben und damit für den Himmel und den Bereich des Geistes. Und NA ist die Umkehrung von AN und weist auf den Weg der Göttin hin, der vom „Himmel“ oben herab auf die Erde führt und zuletzt auch noch hinab und hinein in die Unterwelt.

[S. Der weibliche Weg in die Materie.]

Das Gender-neutrale Statement: Beide (Mann und Frau) haben beides!

Integration der gegengeschlechtlichen Anteile

Dabei gilt es wie immer im Auge zu haben: Mann und Frau haben beide männliche und weibliche Anteile, nämlich Körper und Seele. Der Mann muss auf dem Weg zur Ganzheit seine Seele und die weibliche Seite des Geistes (Anima als “Jungfrau“) gewinnen. Die Frau auf der anderen Seite muss mit dem inneren Helden (Animus als “Christus“) ihren Körper und die männliche Seite des Geistes (Kraft, Vater) gewinnen. Dies ist der Weg der Läuterung, die letzte Prüfung auf dem Heldenweg zu Ganzheit, die Feuerprobe.

[S. Die Integration von Animus und Anima.]

Die Göttin 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal

Weibliche Göttlichkeit als Ganzheit 3-in-1, weiss, rot, schwarz

Die drei Aspekte der Göttin stellen die verschiedenen Erscheinungsformen der lebendigen Materie dar:

1. Als Göttin des Himmels und Jungfrau: das Potenzial

Mit reiner geistiger Liebe als das verbindende Element symbolisiert die Göttin als Jungfrau das Potenzial, den Äther oder Meer aller Möglichkeiten. Denn sie hat einen Glauben, der Berge versetzen kann.

2. Als Königin der Erde initiierte Frau und Mutter: lebendige Realität

Die initiierte Frau und Mutter hat Inanna die Herrschaft über ihren Körper eingenommen (symbolisiert durch die Erde; s. Die vier Elemente). Im übergeordneten Sinn stellt sie auch die lebendige materielle Realität dar, welche wiederum Realität “gebären” kann.

3. Als Herrin der Unterwelt und grosse Mutter: Naturgewalten und Schicksal

Die grosse Mutter hat auf dem Weg durch die Unterwelt die Lebenskraft in der Materie eingenommen (Animus) und symbolisiert somit das Schicksal und die Naturgewalten.

Die Göttin für das erfüllte Leben

Die Überlieferung von Inanna beschreibt alle drei Phasen der Göttin, die auch dem erfüllten Leben der Frau als Jungfrau, Mutter und Grossmutter entsprechen.

[S. Weibliche Ganzheit 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal und Die drei Farben Weiss, Rot und Schwarz.]

Göttin Inanna – ein Modell für starke Weiblichkeit

Kampf für die Liebe und die Beziehung

Selbstwirksamkeit in allen Lebensphasen

Die sumerische Mythologie erzählt Inannas ganzes Leben mit den verschiedenen Phasen, wie es dem Leben jeder Frau entspricht. Auch deshalb ist Inanna eine „Göttin“ und damit ein Vorbild für jede Frau: Sie meistert auch die schwierigen Situationen im Leben bewusst und selbstwirksam.

Dabei legt die Mythologie ein besonderes Gewicht auf die Umbruchphasen:

1. Der Weg in Sexualität und Partnerschaft

So erlangt Inanna als junge Göttin Inanna ihren Thron und ihr Bett, Symbole für Selbstwirksamkeit und selbstbestimmte Sexualität. Darüber hinaus gelingt es ihr mit weiblichem Charme und Durchsetzungsvermögen, ihren Geliebten für eine verbindliche Beziehung zu gewinnen. Auf diese Weise erhält sie auch die ME, die Kräfte der Weisheit, indem sie erfolgreich für ihre Liebe kämpft.

2. Der Weg durch die Unterwelt: Integration von Kraft

Im reiferen Alter macht Inanna sich mutig und aus eigenem Entschluss auf den Weg in die Unterwelt, das Reich der Schatten und der Toten hinab. Dort begegnet sie dem (eigenen) Tod, nämlich weiblichem Zorn und mörderischer Negativität, die sie umbringen. Am dritten Tag wird sie jedoch vom liebenden Vater wieder auferweckt.

3. Kampf für die Liebe und eine erfüllte Beziehung im reifen Alter

Aus der Unterwelt kehrt Inanna in der Kraft der Herrin der Unterwelt auf die Erde zurück und begegnet dort ihrem Götter-Gatten, dem es an Empathie fehlt. Als sie den treulosen Hirten konfrontiert, flieht er. Nach längeren Auseinandersetzungen kommt die unschöne Wahrheit ans Licht, welche aber dennoch zur Versöhnung führt.

Inanna – Göttin in Liebe und Kraft 

Die Göttin und ihr Heldenkönig: Sterben und Auferstehen der Liebe

In schlichten, starken Bildern – unschuldig und ohne Wertung – beschreibt die sumerische Mythologie den langen Weg der Göttin und ihres Heldenkönigs durch Verwirrungen und Verstrickungen hindurch zu wahrer Liebe, Fülle und ewigem Leben. Dabei stellt der Weg durch die Unterwelt ein zentrales Element dar, denn er beinhaltet das Sterben und die Auferstehung der Liebe. Dieses Thema wurde später immer wieder aufgegriffen, so auch in den Märchen Dornröschen und Schneewittchen.

Liebe und Leben in Ewigkeit!

Die Überlieferungen um Inanna beschreiben den Weg der Frau, die eine Göttin ist, weil sie aktiv im Leben steht und in der Kraft des inneren Helden für die Liebe kämpft und für ihre Bedürfnisse einsteht. Kompromisslos geht sie diesen Weg, auch wenn es unbequem ist.

Die über 4000 Jahre alte Überlieferung scheint darum heute aktueller denn je, in einer Zeit, wo viele Kulturen den Frauen Selbstwirksamkeit und Freiheit zugestehen. – Und es leuchtet ein Ziel auf, das es wert ist, alles in die Waagschale zu werfen: Es geht um ewige Liebe und das ewige Leben!

Weiter geht es mit:

Einführung in die Überlieferungen um Inanna

Oder mit dem direkten Einstieg in Deutung und Neuerzählung:

Der Garten der Göttin in Eden (Episode 1)
In den ersten Tagen (Prolog, Teil I)

Nachweise:

[1] WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983


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