Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Die Befreiung von der Mutter, Materialismus und Konsum

Parcifal, Gr.1 Nr. 3, Hilma af Klint

By on 9. Mai 2020

Parcifal, Gr.1 Nr. 3, Hilma af Klint

Die Befreiung von der Mutter

Verwöhnung, Konsum und Materialsmus

Die Befreiung von der Mutter bedeutet in einem weiteren Sinn die Loslösung aus der Verhaftung an die Materie, um die Seele und die Freiheit des Geistes zu gewinnen. Der Mann ist von klein auf von der Mutter abhängig. Wenn es ihm gelingt, sich aus der nährenden, aber auch einengenden Geborgenheit des Weiblichen zu befreien, dann gewinnt er sein eigenes Leben und seine Seele. 

Die Initiation als der erste Schritt der Befreiung von der Mutter

Der Franziskanerpater und spirituelle Lehrer Richard Rohr formuliert in seinem Buch „Vom wilden zum Weisen Mann“[1] zum Thema Befreiung von der Mutter:

In früheren Zeiten war klar: Der Junge musste aus der schützenden weiblichen Energie herausgerissen und in einen rituellen Raum gebracht werden, wo die Begegnung mit der männlichen Energie zur heiligen Erfahrung werden konnte. Der Junge musste rituell verwundet und auf die Probe gestellt werden, dabei die Erfahrung der Verbundenheit mit anderen Männern machen und zur Loyalität gegenüber den Werten des Stammes finden, sodass er auch etwas zurückzugeben hatte.

Die Befreiung von der Mutter ist die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Mann sich überhaupt auf den „Königsweg“, auf den Heldenweg begeben kann.

Die Befreiung von der Mutter

Der Mann – geboren aus einer Frau

Es ist ein besonderer Umstand, dass der Mann aus dem Körper einer Frau hervorgegangen ist. Das Männliche entsteht aus dem Weiblichen, so wie das Bewusstsein aus dem Unbewussten entstanden ist. Der Mann war im Leib der Mutter eins mit ihr. Dort hatte er alles, was er brauchte: Wärme, Nahrung, Geborgenheit.

Der Mutter-Sohn und Trumpf der Mutter

Die Geburt eines Sohnes war früher häufig für die Frau von besonderer Bedeutung. In einer von Männern dominierten Gesellschaften verhalf sie ihr zu einem besseren Status. Zudem hatte sie nun einen Trumpf, nämlich ihren heranwachsenden Sohn, den sie ihrem dominierenden Gatten entgegenhalten konnte. Sie konnte ihren Sohn von klein auf prägen. Er würde heranwachsen und eines Tages stärker sein als ihr Gemahl. Er würde eines Tages sogar dessen Thron übernehmen. (Mythologisch gesprochen ist damit der „Fluch“, nämlich sein unausweichliches Schicksal verknüfpt: Der Sohn wird den den Vater “töten” und die Mutter “heiraten” wird, was zum Beispiel König Ödipus aus der griechischen Mythologie zum Ausdruck kommt).

Abhängigkeit von der Mutter und die Gefahr des Missbrauchs

Eine Mutter kann ihrem Sohn von klein auf – sozusagen „mit der Muttermilch“ – also ihre Sicht der Dinge “einflössen”.
Die Gefahr des Missbrauchs für den Sohn besteht darin, dass die Mutter von ihm männliche Energie nimmt, die sie vom Vater nicht bekommt (weil die Beziehung in der Dynamik der Macht steckt). Er muss ihr sein Herz geben, dafür mach sie ihn zu ihrem “König”, gibt ihm Bewunderung, Macht, “Vollmacht” und Bestätigung. Dabei weiss er gar nicht, dass er seine eigene männliche Identität und sein eigenes Herz genommen hat. Er ist nun Abhängig von Bestätigung abhängig.

Ohne Befreiung – Unfreiheit und Unreife

So hat sich der „Mutter-Sohn“ – viel zu früh und ohne es wirklich „verdient“ zu haben – an seine „Königswürde“ gewöhnt. Und in der entsprechenden Erwartungshaltung begegnet er nun allen Frauen.

Dazu dieses Zitat von C.G. Jung[2]:

Er [der Sohn…] bleibt der Mutter treu, vielleicht zu derer größter Sorge (zum Beispiel wenn er sich ihr zu Ehren als homosexuell erweist), und zugleich zu ihrer unbewussten, mythischen Genugtuung. […]
Er möchte Wirkliches berühren, die Erde umarmen und den Acker der Welt befruchten. Er nimmt aber nur ungeduldige Anläufe, denn die geheime Erinnerung daran, dass man die Welt und das Glück auch geschenkt bekommen kann – nämlich von der Mutter – lähmt seine Stoßkraft sowohl wie seine Ausdauer.

Die “falsche Mutter” – Materialismus, Macht und Konsum

Hat sich der Mann nicht aus seiner Mutterbindung gelöst, dann kann es also sein, dass er einer Art kindlicher Anspruchshaltung verhaftet bleibt.

Destruktive Energie

Auch wenn keine Verbindung zur Mutter mehr besteht, bleibt sein Verhalten dennoch dasselbe: Statt an der Mutter zu hängen (lateinisch mater), hängt er am Material. Sein Begehren ist darauf gerichtet zu konsumieren und durch die Anhäufung von Geld und Gütern Macht zu gewinnen, um herrschen und nehmen zu können. Dies alles dient letztlich nur einem Zweck, nämlich das Loch in seiner Seele und die Sehnsucht nach wahrem Leben zu überdecken.

Rohr formuliert[3]:

Wenn die männliche Kraft nicht kanalisiert wird, scheint sie fast immer destruktiv zu wirken. Männer missbrauchen ihre Macht, wenn sie nicht auf einen Weg der Machtlosigkeit geführt werden. Die meisten Männer scheinen sich in ihrer Psyche nicht über den Stand eines Teenagers hinaus entwickelt zu haben.

Die „Mutter-Hexe“ und „Huren-Sohn“

Aus diesen Gründen ist die Beschimpfung der Mutter eines Mannes die grösste Schande für ihn. Die Mutter als „Hure“ ist eine Anspielung auf die Frau, die ihre eigene Liebe verloren hat und ihren Körper als Machtmittel einsetzt, um ebenfalls Macht auszuüben und „nehmen“ zu können (zum Beispiel Geld). Dies impliziert auch, dass sie  ist das Herz ihres Sohnes für sich „genommen“ hat, ihn verdorben und eben zum „Hurensohn“ gemacht hat.

Karrikaturen von solchen Mutter-Söhnchen, die Freude an ungerechter Herrschaft durch Gewalt und Unterdrückung haben, finden sich im Epos „Game of Thrones“: Robin Arryn ist schon beinahe in der Pubertät, nuckelt aber noch immer an Mamas Brust, während er genüsslich „Feinde“ in den Abgrund stürzt. Joffrey Baratheon kommt in jungen Jahren mithilfe der Intrigen seiner Mutter auf den Thron der sieben Reiche, wo er seine tyrannischen Anwandlungen hemmungslos auslebt.

“Die Hure” im kollektiven Sinn symbolisiert Macht durch Verführung und Verblendung, welche Menschen zu Selbstverliebtheit, Bestätigungssucht und Konsum ermutigt (s. Die Hure und das Tier).

Befreiung – der Weg der Liebe in die Freiheit des Geistes

Aus den erwähnten Gründen bedeutet die Befreiung von der Mutter also auch die Befreiung von der “Knechtschaft” unter die Materie hinein in die Freiheit des Geistes.

Der Weg in die Freiheit ist der Heldenweg. Der Mensch gewinnt sein Leben wieder, indem er die Liebe in allen Bereiche seines Lebens lebt. Der erste Schritt ist Bewusstwerdung, dass es einen höheren Weg als Materialismus gibt, nämlich den Weg der Liebe und der Hingabe. Der zweite Schritt auf dem Weg ist das Bekenntnis zu diesem Weg durch ein klares Zeichen (s. Die zweite Phase des Heldenweges – Initiation).

Auf dem Weg werden die weiblichen Anteile integriert.
Mit diesen gewinnt der Held seine eigene Seele und sein Herz wieder, das er verloren hatte, und auch die weibliche Seite des Geistes, das ist reine, bedingungslose Liebe (s. Die Integration der weiblichen Anteile).

Nachweise:

[1] Richard Rohr (2009). Vom wilden Mann zum Weisen Mann (2. Auflage). München: Claudius (2009), S. 43 

[2] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 9/II, „Aion“, S. 21 § 22

[3] Richard Rohr (2011). Verwandlung. Was radikale Veränderung bedeutet. München: Claudius, S. 101


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