Der Unfall
Meine Welt steht auf dem Kopf! Nichts wird mehr so sein, wie es war.
Ich weiss nicht, ob ich es schaffe, wieder in mein Leben hinein zu stehen.
Da war dieser schreckliche Unfall, der alles veränderte, der Unfall meiner Tochter Grace. Mit ihrem Pferd Pilgrim wurde sie von einem Laster erfasst! Grace verlor ihr Bein. Es war eine Katastrophe. Auch Pilgrim war traumatisiert und liess niemanden mehr in seine Nähe. Das Beste wäre gewesen, das Tier abzutun, aber das hätte Grace den Rest gegeben. Sie brauchte jeden Funken Hoffnung, das mit dem Bein war schon schlimm genug.
Da erzählte mir jemand von einem sogenannten Pferdeflüsterer, der vielleicht dem Pferde helfen könne. Ich rief ihn an, aber er wies mich ab.
Montana
Da ich keinen anderen Weg sah, packte ich Tochter und Pferd kurzerhand in Auto und Transporter und fuhr Hunderte von Kilometern hinaus ins Niemandsland zu dem Mann.
Zu allem Überfluss stritten Grace ich und auf dem Weg dorthin heftig. Sie machte mir schwerste Vorwürfe, schrie mich an. Ich hätte mich nie für sie und ihr Leben interessiert, mich nicht um sie gekümmert, sondern immer nur mich selber und meine eigenen Interessen gesehen, meinte sie. Das brauchte ich jetzt wirklich nicht zu hören! Ich verliess meinen Job, fuhr ins Ungewisse, nur um ihr zu helfen!
Als wir ankamen, waren wir alle total fertig. Der Mann sagte nicht viel, er schien nicht begeistert über unser Auftauchen, aber er sah wohl unsere Verzweiflung.
Der Pferdeflüsterer
Er hiess Tom. Tom begann mit Pilgrim zu arbeiten. Das heisst, von Arbeit kann keine Rede sein. Er hielt sich einfach in seiner Nähe auf. Er tat nichts. Doch nach und nach begann das Tier, zu ihm Vertrauen zu fassen.
Für mich war das Ganze zunächst die Hölle. Dort draussen im Niemandsland zu sitzen, nichts tun zu können, einfach zu warten. Ich war nervös, versuchte aus der Distanz meine Arbeiten einigermassen unter Kontrolle zu haben. Und dann dieser schweigsame Mann mit seinem Blick … Es war, als sehe er in mein Innerstes hinan. Ich fühlte mich verwirrt und sehr verunsichert.
Nach einer Weile begann Tom Grace in seine Arbeit mit Pilgrim einzubeziehen, und so kam sie langsam aus ihrem Schneckenhaus hervor.
Aber das alles brauchte so viel Zeit! Viel mehr Zeit, als ich erwartet hatte. Es zeichnete sich ab, dass mein Job aufgrund von meiner langen Abwesenheit in Gefahr war. Es blieb mir nichts anderes übrig, als loszulassen. Hier war nichts als Natur, Weite und Ruhe und ich versuchte, mich zu entspannen und einfach nur durchzuatmen.