Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Die ME in Inannas Stadt: Hochwasser und Jubel (8)

Nigulla-Tor: Die ME in Inannas Stadt

By on 24. April 2023

Nigulla-Tor: Die ME in Inannas Stadt

Die ME in Inannas Stadt: Hochwasser (die Salbung)

Indem die Göttin die Strassen der Stadt überfluten lässt, gelangt das Himmelsboot mit den ME in Inannas Stadt und bis vor ihr Heiligtum.

Was bisher geschah (Handlung und Deutungen)

Die Kräfte der Weisheit auf dem Weg in Inannas Stadt

Nachdem Inanna mit Gilgamesh geschlafen hatte, suchte sie EnKi, den Vater und Gott der Weisheit auf, um ein Gebet an ihn zu richten. Zusammen tranken die beiden Bier (Met), worauf der Vater Inanna im Rausch sämtliche ME, Kräfte der Weisheit, zusprach.

Ausgenüchtert bereute er dies aber und schickte seinen Sukkal Isimud, um das Himmelsboot mit den ME zurückzuholen. Doch Inannas Sukkal Ninshubur verteidigte das Himmelboot erfolgreich gegen Isimud und Enkis Monster (die Enkum).

Nun ist das Himmelsboot also auf dem Weg in Inannas Stadt.

Die ME in Inannas Stadt im Originaltext  *

Ausgangslage

Ninshubur hat für Inanna das Himmelboot vor den ENKUM-Monstern gerettet. Darin befinden sich die ME, die Kräfte der Weisheit des Vaters. Nun ist es auf dem Weg in Inannas Stadt.

Hochwasser in Inannas Stadt

Dann sprach Ninshubur zu Inanna:
„Meine Königin, wenn das Himmelsboot
durch das Nigulla Tor von Uruk segelt,
lass Hochwasser die Stadt überfluten;
lass so tiefliegende Boote sanft durch unsere Kanäle segeln.“
Und so geschah es.
Am Tag, als das Himmelsboot durch das Tor kam,
überschwemmte Hochwasser die Strassen und
überflutete die Gassen.
Das Himmelsboot legte beim Heiligen Schrein von Uruk an.
Das Himmelsboot legte an vor dem Heiligtum Inannas.

Gilgamesh-Isimud vor Enki

In Inannas Stadt wurde das Himmelsboot mit grossen Festlichkeiten empfangen. Isimud berichtete Enki, dass das Boot nun am weissen Kai angelegt hatte.
Da sprach Enki zu seinem Sukkal:

“Geh!
Die Königin hat Wunder vollbracht am Weissen Kai.
Inanna hat Wunder vollbracht für das Himmelsboot.”

Präsentation der ME in Inannas Stadt: der weisse und der blaue Kai

Die heiligen ME wurden ausgeladen und am Lapislazuli-Kai dem Volk einzeln vorgeführt. Dabei kamen noch weitere ME zum Vorschein, die Enki gar nicht mitgegeben hatte: Das kunstvolle Drapieren von Kleidern, verlockender Liebreiz, die Kunst der Frauen, die vollkommene Handhabung der ME, die Gabe des Tanzes, Trommeln, Musik …
Inanna sprach:

“Der Ort, wo das Himmelsboot angelegt hat, soll künftig der Weisse Kai heissen.
Der Ort, wo die Me vorgeführt wurden, soll künftig Lapislazuli Kai heissen.“

Kurzfassung von “die ME in Inannas Stadt”:

Das Himmelsboot mit den ME ist nun beim Heiligtum der Göttin angelangt. Die ME werden ausgeladen und dem Volk präsentiert. Enki erteilt nun seinem SUKKAL (Avatar, Diener oder “Sohn”) Isimud die Weisung, hinzugehen und an den Feierlichkeiten teilzunehmen.

Mesopotamisches Zylinder-Siegel, ca. 3000 v. Chr. (Nigulla-Tor)

Boot vor dem Nigulla-Tor, Zylindersiegel (gut 3 x 4 cm), ca. 3200-3000 v. Chr. [1]

Geschichtlicher Kontext: Uruk, 2300 v. Chr. mit Inanna als Stadtgottheit

Die Geschichte von Inanna wurde um ca. 2300 v. Chr. in Uruk angesiedelt, war aber um viele Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende älter. Anscheinend wurde damals der Stadt Uruk zu neuem Glanz verholfen, indem Inanna zu ihrer Stadtgottheit erklärt wurde.

Doch hier gilt es weiter anzumerken, dass die sumerische Mythologie erst 500 Jahre danach (ca. 1800 v. Chr.) durch den babylonischen Herrscher Hamurabi I. aufgeschrieben wurde. Mit anderen Worten wird hier die noch viel ältere sumerische Mythologie mit ebenfalls bereits älteren Geschichten von den (akkadischen) Ursprüngen Babylons verflochten.

[S. Von Sumer bis Babylon – Hintergründe.]

Deutungen und Kommentare:

Hochwasser für die ME in Inannas Stadt (die Salbung)

Die Salbung: reibungsloser Zugang zum gemeinsamen Heiligtum

Nun tritt Ninshubur, Inannas Sukkal, als «Beraterin» der Göttin auf und rät:
“Lass Hochwasser die Stadt überfluten, sodass tiefliegende Boote sanft durch unsere Kanäle segeln.“
Dies ist ein Bild dafür, dass die Salbung der Frau dem männlichen Glied reibungslosen Zugang zum Innersten, zum gemeinsamen Heiligtum, verschafft.

[S. Das Heiligtum 3-in-1 und der Weg zu Ganzheit.]

EnKi: der Gesalbte und der Kiel seines Bootes

So war bereits zu Beginn der sumerischen Überlieferung von Enkis Segelboot die Rede, das mit seinem Kiel die aufgewühlten Wasser durchpflügte (s. Der Vater wagte den Weg in die Unterwelt). Aus der stürmischen Vereinigung von Vater und Mutter, Geist und Materie entstand neues Leben, ein Bäumchen, welches zu Inannas Baum wurde, den Gilgamesh später fällte (s. Inannas Baum im Garten Eden – 1 und Inanna und Gilgamesh – 3).

Das Nigulla-Tor: der Eingang über den Kanal zur Stadt

Der Weg in die Stadt führt also durch das Nigulla Tor und weiter durch den Iturungal-Kanal, der ja von den Wächtern der Stadt bewacht wird (s. letzte Episode: Kampf und Ninshubur – Kampf und Sieg der Liebe und auch Hl 5,7 im Bibelserver). Der Kanal heisst Iturungal-Kanal und symbolisiert einerseits den Zugang zum Innersten der lebendigen Realität und andererseits auch die weibliche Vagina. Über die Wortbedeutungen kann man spekulieren. Das Nigulla-Tor, der Weg der Göttin (NIN) von der Erde, Kur/Gu(R) in die Unterwelt, ins Innerste, GAL: NinGuGal – Ningullal – Nigulla? Und der Iturungal-Kanal aus den Silben ITU für dunkel; RUN für Kanal und die Silbe GAL für Unterwelt.

[S. auch Die sumerische Sprache und ihre Entwicklung.]

Die heilige Stadt der Frau als Bild für ihren Schoss

Der Schoss der Frau als heilige Stadt oder Gral

Symbolisch betrachtet handelt es sich bei der «Stadt der Göttin» aber um ihren Schoss. Durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch wurden Städte, die auf Hügeln thronten, erobert und eingenommen und damit das Volk, das heisst das menschliche Kollektiv als das grosse Weibliche. Ebenso wurde (und wird mythologisch gesehen noch immer) jeder Mann, der eine Frau erobert zu ihrem Heldenkönig über ihr verborgenes Reich und ihr Land. So wird zum Beispiel in Parzival die Eroberung der geliebten Frau durch die Eroberung einer Stadt symbolisiert (s. Parzival und Orgeluse und Die Frau als Göttin und der Mann als ihr Heldenkönig und Der weibliche Schoss als Gral.)

Ein Gebet an die Göttin der Liebe um die Salbung

Sehr hübsch ist die Vorstellung, dass die Frau die Göttin der Liebe, die ihr Heiligtum im Herzen jeder Frau hat, um die Salbung bitten kann, ja ihre Empfehlung abgeben kann:

„Lass das Wasser Liebe fliessen, gib mir die ‚Salbung’, damit ich ihn aufnehmen kann!“

    Der weibliche Schoss als Gral - Wasser des Lebens (Karen Salicath Jamali)

    Das Heiligtum der Göttin: das Herz der Frau

    Die ME in Inannas Stadt vor dem Heiligtum

    Über der Stadt, Symbol für den Schoss der Frau, thront das Heiligtum der Göttin der Liebe, das Herz der Frau. 
    Das Himmelsboot mit den ME, den Kräften der Weisheit, legt vor dem Heiligtum der Göttin an. Dabei symbolisieren die ME die Samen des Bewusstseins (des Vaters). Sie sind also nun in der Stadt der Göttin angelangt (Symbol für ihren Schoss) und vor ihrem Heiligtum (ihrem Herzen) ausgeladen worden.

    Gilgamesh-Isimud vor dem Vater: grünes Licht

    Das Wunder der Salbung als Voraussetzung und Zeichen

    Das liebende Bewusstsein (“Vater”) schickt nun seinen Sukkal (Avatar) oder SOHN (Kraft, Potenz) in die Stadt der Göttin:
    “Geh! Denn die Königin hat Wunder für das Himmelsboot vollbracht!”

    Weil nämlich das Wunder der Salbung (für das Boot/ den Kiel/ den Sohn) vollbracht ist, sind die Voraussetzungen für die glückliche Vereinigung erfüllt. Denn die Salbung ist das manifeste Zeichen der Liebe der Frau (indem das Wasser ihrer Seele überfliesst und sich in eben dieser kristallklaren und geschmeidigen Flüssigkeit materialisiert).

    Enki selbst ist ein Gesalbter. Darum lautet sein Gebot an seinen Sohn:
    “Erst wenn die Salbung gegeben ist, gebe ich dir meinen Segen, dass du zu ihr eingehst! Dann kannst du loslegen.”

    Präsentation der ME in Inannas Stadt vor dem ganzen Volk

    Die göttlich-geistigen Gaben des Bewusstseins an die Menschen

    Die Heiligen ME werden ausgeladen. Sie enthalten die männlichen Samen des Bewusstseins, die Information, den „Masterplan“ für neues Leben, neue Realität. Damit sind sie am Ziel angelangt: im Herzen der lebendigen, fruchtbaren Materie, der Göttin!

    Männlich und weiblich!

    Es kommen aber noch weitere ME zu Vorschein, die nicht männlich, sondern weiblich sind – die Frau hat noch weibliche Weisheit dazugewonnen: Charme, ein gewinnendes Wesen, Künste, Klugheit …

    So werden nun also sämtliche ME vor dem Volk ausgeladen und präsentiert (nicht zuletzt, damit auch die Zuhörer der Geschichte erfahren, welche “göttlichen” Eigenschaften ihnen geschenkt sind). Zu diesen gehören: Priestertum, Herrschaft, Familie, Kommunikation, Eroberung, um nur einige aufzuzählen (für die vollständige Liste s. Die ME, Kräfte der Weisheit).

    Der weisse und der blaue Kai: Liebe und Leben der Frau

    Die ME werden am weissen Kai ausgeladen und am blauben Kai präsentiert.

    Der weisse Kai: reine, unschuldige Liebe

    Weiss ist die Farbe der Unschuld und damit auch der reinen Liebe. Sie gehört zur Frau, die sich ihrer Selbst bewusst ist und sich nicht verunsichern und ins Defizit setzen lässt. Die reine Liebe der Frau bedeutet allem voran, dass sie ihre eigene Liebe schützt und bewahrt, damit diese nicht stirbt. Dies wäre/ist für beide, Mann und Frau, eine Katastrophe (s. Der Fluch und die Vertreibung aus dem Paradies).
    Die reine Liebe des Mannes bedeutet hingegen, dass er sich mit seinem ganzen Leben hingibt.

    Der Lapislazuli-Kai: Blau für die Seele, das Leben und das Bekenntnis der Frau

    Lapislazuli, der blaue Stein, gibt dem Kai seinen Namen. Lapislazuli war lange die Grundlage für die Farbe Blau und enthält häufig auch goldene Einsprengsel. Blau ist auch die Farbe der Seele der Frau (für das Element des Wassers). Der blaue Stein hat für die Frau diese Botschaft:
    “Solange du nicht von der aufrichtigen Absicht deines Gegenübers überzeugt bist, bleibst du steinhart!”

    (Auf ihrem Weg in die Unterwelt trägt Inanna eine Lapislazuli-Kette um ihren Hals, korrespondierend zum Chakra der Kehle, das für Kommunikation und Bekenntnis steht.)

    Zusammenfassung

    Die Kräfte der Weisheit, die ME in Inannas Stadt:
    Bis er so weit ist, bleibt sie in ihrer Seele steinhart. Mit ihren weiblichen Reizen kann sie ihn jedoch ins Boot holen, das heisst für Verbindlichkeit und eine gemeinsame Zukunft gewinnen.

    Die ME in Inannas Stadt als moderne Erzählung

    Anna und Nina: Gespräch unter Freundinnen

    Ninshuburs Rat: Hochwasser in Inannas Stadt: die Salbung

    Nina ist eine meiner besten Freundinnen, etwas älter als ich und meine Vertraute. Als ich sie wiedersah, erzählte ich ihr von meinem Intermezzo mit Gil. Sie lachte herzlich über das Wasserglas, das ich über ihn ausgeleert hatte, und sagte:
    – Geschieht ihm recht! Der  junge Mann erscheint mir ziemlich eingebildet!

    Dann schüttelte sie den Kopf:
    – Welch ein Grobian!, sagte sie empört. – Aber wenigstens hast du dein Selbstwertgefühl wiedergewonnen – cool!

    Lapislazuli

    Sie blickte mich nachdenklich an, als sie weitersprach:
    – Ich bin stolz auf dich! Es ist nämlich für uns Frauen nicht so einfach. Es gilt, die eigenen Gefühle im Griff zu haben … Das ist wirklich hohe Schule!

    Wieder lachte sie und ihre blauen Augen blitzten mich an:
    – Ich bin auch noch immer am Üben! Im Zweifelsfall die Gefühle verdeckt halten und achtgeben, dass wir uns nicht manipulieren und ins Defizit setzen lassen. – So viel ist sicher: Ein Mann, der dich nicht wertschätzt, hat deine Liebe nicht verdient!

    Die Salbung

     Nach einer weiteren Pause fuhr sie fort:
    – Und ein Mann muss warten können, bis du bereit bist. Er darf nicht nur auf seine eigene Befriedigung aus sein …! Da muss Raum sein für Zärtlichkeit. Wenn du bereit bist, zeigt sich das, indem deine Scheide ganz feucht wird. Das ist die Salbung. Mit einem Mann zu schlafen ist kein Problem, wenn du vorbereitet bist und deine Salbung da ist! – Wenn nicht: Dann halte ihn dir vom Leib!

    Ihre blauen Augen blitzten mich wieder an wie ein Gruss vom Himmel. Und ja, ihre Worte leuchteten mir ein, darum sagte ich:
    – Ja, du hast recht! Gil war offenbar nicht der Richtige… Es ging ihm nicht um mich, sondern nur um seinen eigenen Spass. Das sagte er sogar mit diesen Worten.

    Weitere ME (die Weisheit der Frau): den Mann ins Boot holen!

    Nina nickte und meinte:
    – Junge Männer müssen noch lernen, was Liebe ist. Die Seele des Mannes ist flüchtig wie Luft. Die Frage ist, wie schafft man es, ihn ins Boot zu holen?! – Ich bin überzeugt, du hast dazu die eine oder andere Fähigkeit. Dazu kannst du auch durchaus mal deinen Charme spielen lassen!

    Göttin der Stadt

    Überraschende Wendungen

    Die Weisheit der Frau

    Kurz darauf ergab es sich, das Gil mir in der Stadt wieder über den Weg lief. Als er mich erblickte, sah er beinahe erschrocken oder bestürzt aus. Ich lächelte ihn gewinnend an und fragte mit einem Augenzwinkern:

    ­– Na, wie gehts? Hast du alle Scherben wieder im Trockenen??? Das hoffe ich doch! Dabei ging ich weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.

    Und dann … dann überstürzten sich die Ereignisse.

    Als Erstes lud Enrico mich ein und sagte, er wolle mehr über die Pläne für mein Unternehmen erfahren. Ich kratzte alles zusammen, was ich hatte, und ging mit Herzklopfen zu ihm. Er empfing mich warm und fragte, wie es mir – und Gil! – denn so gehe. Als ich ihm von unseren letzten Begegnungen und dem Wasserglas erzählte, lächelte er zufrieden und sagte:

    – Gut gemacht!

    Die ME in Inannas Stadt:

    Als Nächstes wollte er mehr über mein Projekt erfahren. Ich zeigte ihm die Pläne für mein eigenes Grafik-Unternehmen und auch einen Überschlag der geschätzten Kosten, die als erstes entstehen würden. Nachdem Enrico aufmerksam zugehört und ein paar Fragen gestellt hatte, sagte er:
    – Hört sich gut an. Gib mir deine Kontonummer, dann werde ich dir für die ersten Schritte eine Unterstützung zukommen lassen. Damit solltest du mal ein stückweit kommen.

    Dabei ruhten seine Augen warm und väterlich auf mir.
    Ich war überwältigt und sprachlos und Tränen stiegen hoch, denn ich hatte mich schon länger gefragt, woher ich das Geld für die ersten Monate auftreiben sollte.
    – Ich sehe, du packst das Leben gut an. Das freut mich, meinte er und legte wohlwollend einen Arm um meine Schultern.

    Ich verharrte einen Moment darin und genoss es, diesen Rückhalt zu spüren.
    Denn meinen eigenen Vater hatte ich nie gekannt.

    Der weisse Kai

    Und als ich nach Hause kam – ich fasse es nicht! – fand ich einen Strauss mit 50 grossen roten Rosen vor meiner Haustüre. Zuerst dachte ich:
    – Enrico? Nein! Das wäre zu viel des Guten …. Vorsichtig nahm ich den Umschlag, der darin steckte, hervor. Da stand: „Es tut mir leid, wie ich mich benommen habe, bitte vergib mir! Lass es mich wieder gutmachen!“ – von Gil unterschrieben!

    Ich war total überrascht. Es hat mich umgehauen! Sogleich spürte ich wieder, wie mein Herz warm wurde. Dieser Mistkerl … Er ist mir schon nicht gleichgültig …

    Gil vor Enrico (Pate, “Godfather”)

    Gilgamesh-Isimud vor Enki

    Das Zusammentreffen mit Anna, als sie mich mit dem Wasser übergoss, hatte mich mehr aufgewühlt als erwartet.

    Zunächst versuchte ich, sie zu vergessen, indem ich mich in meine Arbeit vertiefte. Ich habe ein Start-up-Unternehmen gegründet und suchte nun finanzielle Unterstützung. Zu diesem Zweck nahm ich mit meinem Patenonkel Enrico Kontakt auf.

    Enrico lud mich gleich zum Essen ein. Er ist ein guter Typ, wirklich. Wir hatten ein anregendes Gespräch und er interessierte sich für mein Konzept. Aber dann sagte er, er habe zurzeit nicht so viel Liquidität, da er gerade plane, in ein anderes Unternehmen zu investieren. Als ich ihn fragend anschaute, sagte er:
    – Ach ja, du kennst sie wohl, … Anna, ihr seid ja sogar verwandt. Sie hat ein interessantes Design-Projekt. Tatsächlich geht es in eine ähnliche Richtung wie deines. Vielleicht könntest du dich ja mal mit ihr kurzschliessen?

    Uff! Das war ein Hammer! Mir wich der Boden unter den Füssen …

    – Was ist?, wollte Enrico wissen. Offenbar hatte er meine Konsternation wahrgenommen: Ist da ein Problem???
    – Na ja, nicht direkt, aber …
    – Aber …? Enrico ermutigte mich freundlich weiterzusprechen.
    – Es ist nur … Ich meine … Ich kenne Anna …
    – Du kennst sie?! Umso besser!
    – Ich kenne sie näher, … ein bisschen zu gut …
    – Hm, sagte Enrico: Wie soll ich das verstehen …?

    Er lehnte sich nach hinten, um mich mit mehr Distanz zu betrachten. Es fiel mir schwer, seinem Blick standzuhalten. Er kniff seine Augen zusammen und fokussierte mich hart:
    – Du warst mit ihr im Bett …!

    Die Negativdynamik überwunden

    Das war mehr eine Feststellung als eine Frage. Ich sah keinen Ausweg und nickte. Und irgendwie fühlte ich mich auch etwas erleichtert, dass ich nicht mehr um die Sache herum zu navigieren brauchte:
    – Ja, sagte ich und ergänzte schnell: Es war nicht so geplant, wir hatten beide zu viel getrunken … – und sie hatte sich dann ziemlich an mich rangeschmissen … so erschien es mir …
    – Verstehe, sagte Enrico bedächtig: Und wie ging’s dann weiter? Ging es überhaupt weiter?
    – Zunächst war mir die Geschichte einfach nur peinlich. Aber dann wollte ich sie doch wieder treffen. Ich wollte sie zum Essen einladen, aber sie war total eingeschnappt und machte mir eine Szene …
    – Hast du eine Ahnung, weshalb?, wollte Enrico wissen.
    – Sie sagte, ich hätte sie enttäuscht …
    – Und? Hast du das?
    – Ich glaube schon. Ich beginne langsam zu verstehen … Anna ist anders, sie hat etwas Besonderes. Noch nie hat eine Frau in mir die Gefühle ausgelöst wie sie … Vielleicht habe ich die Sache nicht genügend ernst genommen. – Ich konnte sie einfach nicht vergessen. Darum habe ich ihr rote Rosen geschickt …

    Die Königin hat Wunder vollbracht

    Enrico hob überrascht die Augenbrauen:
    – Oh! Du meinst es demnach ernst?

    Ich schwieg, wusste nicht, was ich sagen sollte. Das Gespräch hatte eine unerwartete Wendung genommen.
    Auch er schwieg eine Weile, dann sagte er leise, wie in Gedanken versunken:
    – Die Sexualität ist ein Ausdruck der Liebe … In ihr sind Hingabe und Fülle, feurige Leidenschaft, Schmerz und Erlösung …

    Der weisse und der blaue Kai

    Dann blickte er mich an und sagte:
    – Du trittst mit der Liebe in eine neue Dimension ein, Gil, die dein Dasein erweitert, dich hinüberträgt in das ganz Grosse … Das ist die Kraft der Liebe!

    Wieder machte er eine Pause, bevor er sagte:
    – Die Liebe der Frau ist stark und doch zerbrechlich. Viele Frauen haben die Liebe zu sich selbst verloren und haben darum auch keine Liebe mehr zu verschenken, – besonders, wenn ihre Liebe enttäuscht worden ist.

     In meinem Kopf schwirrten Gedanken und Gefühle. Schliesslich sagte ich:
    – Anna ist auf jeden Fall jetzt steinhart … – Und ich weiss auch gar nicht, ob ich bereit wäre, meine Freiheit aufzugeben.

    Das Wunder der Salbung

    Enrico lächelte mich warm an und sagte:
    – Ich war wie du, Gil. Ich musste auch lernen, eine Frau wirklich zu lieben. – Es hat viel mit Warten und Geduld zu tun. Ein Mann muss lernen zu warten, bis die Frau bereit ist. Sie weiss, wann es Zeit ist. Das gilt besonders auch für die Sexualität. Hier braucht der Mann Geduld, damit auch Raum für Zärtlichkeit entstehen kann. Erst wenn ihre Scheide feucht ist, ist der richtige Zeitpunkt, um in sie einzugehen. Dann gilt, sich weiter zurückzuhalten, bis ihr Körper ebenfalls in Richtung Höhepunkt gelangt.

    Der Gesalbte

    Er schien gerade etwas gedankenverloren und fuhr sanft fort:
    – Für mich ist Sex nur erfüllend, wenn die Frau dabei auch auf ihre Rechnung kommt.

    Wieder machte er eine Pause, bevor er sagte:
    – Wenn ein geschützter Rahmen da ist und Vertrauen, kann man gemeinsam wachsen und Höhenflüge erleben, die sonst nicht möglich sind.

    Nun wandte er sich zu mir und blickte mir voller Ernst gerade in die Augen:
    – Gil!, sagte er und durchbohrte mich wieder mit seinem eindringlichen Blick: Überleg dir gut, was du tust: Anna ist eine Frau fürs Leben! Wenn du sie gewinnen willst, – was du wahrscheinlich kannst, dann darfst du sie nicht wieder enttäuschen!

    Ich ging nachdenklich und reichlich zermürbt nach Hause. Das Gespräch hatte eine völlig andere Wendung genommen, als ich erwartet hatte. Ich hatte es gar nicht mehr gewagt, auf die finanzielle Unterstützung zu sprechen zu kommen. Denn ich hatte den Eindruck, dass es Enrico wichtig war, dass ich zuerst die Sache mit Anna in Ordnung brachte.

    Türme der Stadt

    Anna jubelt

    Präsentation der ME in Inannas Stadt:

    Ich nahm mit Gil Kontakt auf, um mich für die Blumen zu bedanken. Wir gingen wieder zusammen aus. Gil erzählte mir, dass er Enrico um Geld für sein Start-Up-Unternehmen gebeten hatte, und dieser ihm sagte, dass er mich unterstütze! Enrico, dieser schlaue Fuchs! Ich war richtig gerührt. Nur zitterte ich innerlich aus der Befürchtung, Enrico könnte Gil vielleicht etwas von unserem Treffen gesagt haben, aber das schien zum Glück überhaupt nicht das Thema gewesen zu sein. – Ich bin Enrico ja so dankbar! –

    Bund zwischen zwei Städten

    Und nun interessiert sich Gil auch noch für mein Projekt! Das finde ich cool! Vielleicht können wir ja gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Hoffentlich ist das nicht wieder eine faule Tour … – Jetzt bin ich diejenige, die sich fast etwas überrumpelt fühlt. – Kann ich ihm wirklich vertrauen? – Doch! Immerhin hatte er mir die Rosen mit dem Brief vor seinem Treffen mit Enrico geschickt.

    Aber es scheint tatsächlich so zu sein: Gil hat sich verändert. Irgendwie habe ich schon das Gefühl, dass er es ernst meint.

    Meine Strategie, hart zu bleiben und mich nicht billig herzugeben, hat sich offenbar bewährt – und mich in seinen Augen noch attraktiver gemacht …
    Nun ist mein Herz wieder ganz warm und offen und meine Seele jauchzt.

    Gespräch zwischen der Göttin und dem Vater:

    – Göttin: Ich habe mit unserer Tochter gesprochen, und wie du gesehen hast, hat sie meine Worte gut aufgenommen.

    – Vater: Ja, das war sehr gut. So konnte ich mit unserem Sohn sprechen. Und er hat hoffentlich seine Lektion gelernt.

    – Göttin: Danke! Sie hat sich so über die Rosen gefreut. Jetzt kann ich ihr Herz wieder mit Liebe füllen.

    – Vater: Ja! Nun ist die richtige Ordnung wieder hergestellt. Die Liebe ist wieder im Boot und die Kräfte sind wieder im Gleichgewicht. Unsere Tochter hat es sehr gut gemacht. Neben ihrer inneren Stärke hat sie auch noch an weiblicher Ausstrahlung zugelegt.

    Die ME dürfen in Inannas Stadt bleiben!

    Ein Bund zwischen Uruk und Eridu

    Enki sprach zu Inanna:
    „Im Namen meiner Macht! Im Namen meines Heiligtums!
    Die ME, die du mitgenommen hast,
    sollen im Heiligtum deiner Stadt bleiben!
    Der Hohepriester soll die Tage am heiligen Schrein
    mit Gesang verbringen.

    Den Bürgern deiner Stadt soll es wohlergehen.
    Die Kinder von Uruk sollen glücklich sein.
    Die Leute von Uruk sind die Verbündeten der Leute von Eridu.
    Die Stadt Uruk soll wieder in Grossartigkeit erstrahlen!

    Goldene Stadt ("Inannas Stadt")

    Die ME, Kräfte der Weisheit, im kollektiven Sinn:
    Sie bedeuten, dass der Mensch verantwortungsbewusst im Leben und in der irdischen Wirklichkeit steht und achtsam mit den Ressourcen umgeht. So “ehrt er die Göttin”, welche die lebendige Realität symbolisiert.
    Darüber hinaus kann er sich in der Kraft seines liebenden Bewusstseins, das ihn “Gott gleich” macht, für das Gute einsetzen.

    Nachweise:

    * Originaltext, Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).

    Abbildungen, Kunst aus Mesopotamien:

    [1] Boot vor dem Nigulla-Tor, Zylindersiegel, Tell Billa, Mesopotamien, späte Uruk-Nasr Periode, ca. 3200-3000 v. Chr., 4,3 x 3,5 cm auf schwarzem Diorit, Irak Museum, IM 11953, Photografiert durch Corethia Qualls, aus WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983S. 25 und 183. Darin auch die Deutung, dass es sich um das Tor zum Heiligtum handelt, die Pfeiler mit den Ringen möglicherweise das Zeichen eines männlichen Gottes (Dumuzi), sowie Inannas Schlaufen-Embleme über dem Tor.


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