Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Der Schatten – im Unbewussten gebundene Ressourcen

Der Schatten (die innere Familie)

By on 24. März 2020

Der Schatten

Der Schatten – das verdrängte Unbewusste

Ausserhalb der Kontrolle des Bewusstseins

Der Schatten ist der Bereich des Unbewussten, zu welchen auch der Körper mit seinen Trieben und die lebendige Materie mit ihren Gesetzmässigkeiten gehören. Dieser Bereich liegt ausserhalb des Bewusstseins des Menschen, sodass er ihn nicht ohne weiteres beeinflussen oder steuern kann.

[S. Das Bewusstsein und das Unbewusste.]

Der Geist, das Leben in der Materie

Programme und automatische Funktionen

Der Schatten gehört zum Unbewussten und zur Materie. In dieser sind “Programme” angelegt, welche “automatisch” zum Tragen kommen und unabhängig vom Bewusstsein fungieren (wie zum Beispiel die Naturgesetze oder auch die Triebe). So sind viele Körperfunktionen reflexartig zur Stelle, während im Gegensatz dazu das Bewusstsein Zeit braucht, um nachzudenken, um andere, bessere Wege zu finden.
(Als Beispiel: Das Auge hat sich geschlossen, bevor der bedrohlich nahende Zweig im Gehölz überhaupt bewusst wahrgenommen wird.)

[S. Das Bewusstsein und das menschliche Gehirn und Schlangenzunge, das 3. Auge und der Schatz des Königs.]

Der Bereich des Körpers und der Triebe

Mythologisch gesprochen entspricht der Schatten als das Unbewusste der Unterwelt und dem Reich des Todes. Denn hier sind die “Toten”, die nicht am Licht des Lebens sind, “vergraben” oder weggesperrt. Dazu gehören Ressourcen, welche dem Menschen zu Ganzheit fehlen. Darum ist es für die bewusste Existenz wichtig, die Schatten zu integrieren, und damit auch diesen Bereich unter die Kontrolle des Bewusstseins zu bringen.

Königsherrschaft im Leben als Ziel: Selbstwirksamkeit

Dies gilt zunächst einmal für die Herrschaft über die Triebe, wodurch der Mensch (göttliche) Königsherrschaft im eigenen Leben erlangt. Mit anderen Worten ist er dadurch in der Lage, sein Leben selbst zu gestalten sowie bewusst und weise mit Ressourcen umzugehen. So ist das mythologische Ziel für den Menschen ein selbstbestimmtes Leben in der Freiheit des Geistes, das in die Ewigkeit hinüber trägt.

Vollmacht über den Körper und die Materie

In einem weiteren Kontext führt die Integration des Unbewussten auch zu Vollmacht über die Materie, also zur Fähigkeit, Zeichen und Wunder zu bewirken und so den kollektiven Schatten, die Not der Menschen zu überwinden.

[S. Die Integration des Schattens und Der Weg durch die Unterwelt.]

Der entwichene Gefangene

Der Schatten: geleugnete und verdrängte Eigenschaften

Stärken und Schwächen

Jeder Mensch verfügt über Eigenschaften, welche er an sich mag, mit welchen er gerne glänzt und die darum am Licht seines Lebens sein dürfen. Häufig sind dies seine Stärken oder das, was er als Stärke betrachtet. Doch auf der anderen Seite sind da auch Eigenschaften, welche man an sich nicht mag, für die man sich schämt oder welche man nicht einmal kennt. Diese werden häufig als Schwächen abgelehnt.

In den Schatten verdrängte und geleugnete Persönlichkeitsanteile

Weil man also verständlicherweise seine Schattenseiten nicht am Licht des Lebens haben will, leugnet und verdrängt man sie, sperrt sie weg – in den Keller des Lebenshauses, in den Kerker des Lebensschlosses.
Dort fristen jene Eigenschaften und Wesenszüge im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein und können sich – vom täglichen Leben ausgeschlossen – entsprechend auch nicht entwickeln, sondern verharren in einem unreifen Stadium voll Negativität.

Negative Energie aus dem Schatten

Durch Stress aktiviert

Wenn nun aber eine Person in eine Stresssituation gerät oder gar die Kontrolle verliert, dann ist die innere “Polizei” oder Kontrollinstanz plötzlich mit “auswärtigen Angelegenheiten” beschäftigt und möglicherweise gar überfordert. Damit ist nun die Gelegenheit für die Schatten gekommen, aus ihrem Kerker zu entweichen.
Voll negativer Energie tauchen sie aus dem Unbewussten auf und überschwemmen die Person mit negativen Eigenschaften und unkontrolliertem Verhalten wie Feigheit oder Aggressivität. (S. als Anschauungsbeispiel: Der entwichene Gefangene; mehr s. auch Schattenaktivität – negative Körperemotionen und Kontrollverlust).

Als Monster und andere irrationale Gestalten in Überlieferungen

In Mythen und Märchen werden die Schatten durch negative Gestalten oder Monster symbolisiert, zum Beispiel durch die Hexe (wie in Dornröschen – Maleficent), das Biest oder der wilde Mann (in Der Eisenhans), aber auch durch den Drachen (für das Ego) und viele andere.

[S. Märchen und Mythen als Träume oder Schattentheater.]

Eisenhans - Bewusstwerdung

Die innere Familie und der Schatten

Prägungen fürs Leben

Zu den Schatten gehört auch die innere Familie, genauer das negative Bild, das man unbewusst von den Archetypen Vater, Mutter, Schwester/Bruder und Kind hat. Prägungen und Verhaltensmuster, die man aus seiner Ursprungsfamilie mitgenommen hat, lebt man häufig unreflektiert weiter, indem Personen in der Umgebung die entsprechenden Rollen im eigenen Lebensdrama erhalten. 

[S. Die Projektion des Schattens.] 

Ganzheit und neue Realität

Die innere Familie in ihrem positivem Aspekt zur Verfügung zu haben ist deshalb so wichtig, weil die vier Archetypen Vater, Mutter, Tochter und Sohn gemeinsam für Ganzheit stehen, indem sie nicht zuletzt die schöpferischen Kräfte der gesamten Realität abbilden. So ist ihr Zusammenwirken auch die Voraussetzung für die Entstehung neuer Realität.

[S. Die 12 Bäume im Paradies für die innere Familie; Die Vier der Familie und die Entstehung neuer Realität und Die vier Elemente, ihre Bedeutung und ihr Geheimnis.]

Die Anima

Die innere Familie als Schattengestalten

Das innere Kind im Schatten: Angst, Trotz und Mangel

Mit dem inneren Kind sind existenzielle Ängste und Körpergefühle weggesperrt. Zu diesen gehören zum Beispiel das Gefühl, zu kurz zu kommen, und weiter auch Gefühle von Einsamkeit, Hilflosigkeit, Ohnmacht oder Trotz und Zorn. Das innere Kind wird integriert, indem man sich um schwächere Menschen kümmert sowie auch seine eigenen Beweggründe wahrnimmt und sich selbst darin liebevoll begegnet.

Die gegengeschlechtlichen Anteile: Trieb und Antrieb

Die innere Frau / der innere Mann (der Geist: Anima und Animus)

Bei den gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteilen (Anima und Animus) handelt es sich um eine Vorstellung oder ein inneres Idealbild vom anderen Geschlecht. Als solches stellen die beiden Archetypen eine geistige Komponente dar, welche auf der Ebene von Motivation und Körperantrieb wirken.

  • Die Frau integriert mit ihrem inneren Mann (Prinz, Erlöser, Vater) ihre Körperkraft, Kreativität, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsvermögen (s. Die Integration des Animus).
  • Der Mann integriert mit seiner inneren Frau (Anima als Jungfrau oder Land) Liebe, Warmherzigkeit und Achtsamkeit (s. Die Integration der Anima).
Der negative Vater: Unterdrückung, Macht und Lüge

Das negative Vaterbild ist häufig mit Macht und ungerechter Herrschaft assoziiert. In einem kollektiven Sinn sprach Jesus vom “Vater der Lüge”, der dem Teufel als dem negativen Antrieb in der Materie und im Körper aus Schmerz und Defizitempfinden entspricht (Joh 8,44). Dies im Gegensatz zum guten Vater, der Liebe ausstrahlt und warmherzig ist. Seine rettende Liebe ist bereits in der sumerischen Mythologie das Thema, indem er die Göttin der Liebe aus Tod und Unterwelt befreit (s. Inannas Auferweckung durch den Vater).

Die negative Mutter: hartes, ungnädiges Schicksal und Auflehnung

Negativität aufgrund von Unterdrückung

Weil Weiblichkeit häufig mit Schwäche assoziiert ist, wird sie sowohl von Männern wie auch von Frauen als unattraktiv abgelehnt und ist darum im Schatten. Ein negatives Bild von der Mutter in ihrer zornigen Kraft führt zudem zu einer Auflehnung gegen das Leben selbst sowie gegen das Schicksal, welches sich in den Umständen materialisiert.
Denn der Mensch will von Natur aus lieber im Leben herrschen, als sich durch die Umstände demütigen lassen und sie als Prüfungen zu akzeptieren. Diese Auflehnung kommt im babylonischen Gilgamesh-Epos stark zum Ausdruck, welches davon handelt, dass der Herrscher und Despot erst nach langen Irrwegen und Erkenntnis der Wahrheit (allem voran über sich selbst) kommt. (S. auch Einführung ins babylonische Gilgamesh-Epos.)

Das innere Kind

Aber wie kann man die eigenen Schatten überhaupt erkennen?

Die Realisation des Schattens

Die Projektion des Schattens auf Andere

“Ich nicht aber der Andere … (auch)!”

Was man an persönlichen Eigenschaften verdrängt, nimmt man stattdessen im Andern wahr, und zwar umso stärker, je mehr man es in sich selbst ablehnt.

Den eigenen Schatten im Andern erkennen

Das liegt daran, dass das Unbewusste all das, was man in sich selber nicht sehen will oder kann, auf ein Gegenüber projiziert, sodass man diese Eigenschaften ausserhalb von sich wahrnimmt. Die persönliche Bedeutung dessen, was man (im anderen) erkennt, wird dabei aber durch starke Emotionen und Körperreaktionen (wie Herzrasen, Schwitzen, Erröten …) unterstrichen. Das heisst, dass sowohl negative Emotionen (wie Ablehnung, Empörung oder Wut) als auch positive (wie Verliebtheit) Hinweise auf die Aktivität des eigenen Unbewussten sind.

[S. Die Projektion des Schattens und Starke Emotionen als Schattenaktivität und Hinweis auf das Unbewusste.]

Die Integration des Schattens

Fazit: Wenn eine Begegnung heftige Gefühle auslöst, seien es negative oder positive, ist dies ein Hinweis auf Aktivität des Unbewussten und auf die eigenen Schatten.

Wer dies verstanden hat, kann in der Auseinandersetzung mit dem Nächsten den eigenen Schatten erkennen und dankbar sein für diesen Anstoss, sie zu integrieren. Indem er dem Andern Geduld und Verständnis entgegenbringt, akzeptiert er auch die entsprechenden Eigenschaften in sich selbst. Auf diese Weise kann er seine Persönlichkeit erweitern.

[S. Die Integration des Schattens.]

Die Auseinandersetzung mit dem Schatten als Krise

Ganzheit des Menschen als Ziel

Damit die Schatten integriert werden können, müssen sie also zuerst einmal überhaupt erkannt werden oder mit anderen Worten ans Licht des Bewusstseins kommen. Spätestens dann, wenn sie plötzlich und unerwartet oder gar störend aus dem Unbewussten auftauchen und Unruhe bewirken, wird man gezwungen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Denn als Schatten stellen sie ja den negativen Aspekt der Eigenschaft dar, der ganz und gar ungehobelt und unerzogen ist. Und wie ein trotziges Kind, das Beachtung sucht, wollen sie im Grunde genommen nur eines: nämlich wahrgenommen und integriert werden. Das kann jedoch eine grosse Herausforderung darstellen.

 

So schrieb C.G. Jung:

Der Schatten ist ein moralisches Problem, welches das Ganze der Ichpersönlichkeit herausfordert, denn niemand vermag den Schatten ohne einen beträchtlichen Aufwand an moralischer Entschlossenheit zu realisieren. Handelt es sich bei dieser Realisierung doch darum, die dunkeln Aspekte der Persönlichkeit als wirklich vorhanden anzuerkennen. Dieser Akt ist die unerlässliche Grundlage jeglicher Art von Selbsterkenntnis und begegnet darum in der Regel beträchtlichem Widerstand. [1]

Massiver Widerstand durch das Ego

Widerstand gegen die Erkenntnis der Schatten wurzelt im Ego, das im Verborgenen weiter seine Macht ausüben möchte. Zu diesem Zweck tut es alles, was es kann, um jegliche Bewusstwerdung gleich im Keim zu ersticken. Es mobilisiert den persönlichen Stolz und setzt sich mit Empörung und Leugnung zur Wehr. Zudem inszeniert es dabei alles Mögliche, sei es plötzliche unerklärliche Müdigkeit oder heftige Ablehnung und innere Aufregung – dies alles mit dem Ziel, seine Herrschaft und Macht nicht zu verlieren.

Die Krise als Anstoss zur Veränderung und Erweiterung der Ressourcen

Aufgrund des Gefühls von Kontrollverlust wird dieser Prozess häufig als «Krise» wahrgenommen. Und das ist er auch, nämlich eine Gelegenheit zur Umkehr (gr. crisis). Denn in der Krise genügen die normalen Bewältigungsstrategien nicht mehr, vielmehr nun braucht es plötzlich andere, ja neue Ressourcen.
Doch dahinter steckt letztlich das Unbewusste (das Grosse Weibliche) und damit das Leben selbst, welches eine heilsame Veränderung in Richtung Ganzheit anstossen möchte.

[S. Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt und Der Weg durch die Unterwelt.]

Spätestens in der Krise der mittleren Jahre («Midlife Crisis») ist es für den Menschen an der Zeit, sich auf den Weg zu machen, um seine Schatten zu integrieren und so Ganzheit und damit das ewige Leben (den Geist) zu gewinnen.

Der Weg durch die Unterwelt zwecks Integration des Schattens

Der Mensch integriert – mythologisch gesprochen – seine Schatten auf dem Weg durch die Unterwelt, das Reich der Schatten. Auf diese Weise “erlöst” er die gefangenen und weggesperrten Ressourcen und bringt sie ans Licht seines Lebens, wo sie ihm neu als Stärken zur Verfügung stehen.

[S. Der Weg durch die Unterwelt.]

Fazit:
Die Schatten symbolisieren alles, was ausserhalb des Bewusstseins des Menschen im Unbewussten verborgen ist. Indem der Mensch seine Schatten integriert, stehen ihm neue, erweiterte Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. 

Nachweise:

[1] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 9/I, „Die Archetypen und das kollektive Unbewusste“, S. 37, §59


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