Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Inannas Baum im Garten Eden (Episode 1) 

Inannas Baum im Garten Eden 1

By on 29. April 2022

Inannas Baum im Garten Eden 1

Inannas Baum im Garten Eden 

Nachdem die Welt mit allem, was gebraucht wird, erschaffen worden ist und auch das Leben in Gestalt eines Bäumchens am Fluss gezeugt worden ist, beginnt nun die sumerische Überlieferung von Inanna, der Göttin der Liebe. Sie holt das Bäumchen, das in den Fluss gefallen ist, und haltlos dahintreibt heraus und pflanzt es in ihren Garten. So beginnt die Geschichte der Menschheit mit Inannas Baum im Garten Eden.

Niederschrift, Übersetzung und Interpretation der 5000 Jahre alten Texte um Inanna

 Samuel Kramer

Inannas Geschichte ist wahrscheinlich 5000 Jahre alt oder sogar noch älter. Sie wurden jedoch erst um 1800 v.Chr. wurden durch die babylonische „Enkelkultur“ niedergeschrieben (durch Herrscher Hammurabi I.; s. auch Von Sumer bis Babylon – geschichtliche Hintergründe).
Eingebrannt in Tontafeln, schlummerten die Texte 4000 Jahre in der Erde. Dann, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, konnten die Bruchstücke der Tontafeln zusammengefügt und durch den Sumerologen Samuel Kramer übersetzt werden. Seine Arbeit und die Gedanken von Diane Wolkenstein inspirierten die hier ausgeführten Betrachtungen der sumerischen Mythologie:

Quelle:

WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983

Der Originaltext * von Inannas Baum im Garten Eden:

Der Baum aus dem Fluss des Lebens: Bewusstwerdung

EINE FRAU,
welche in Furcht vor dem Wort der Götter wandelte,
holte den Baum aus dem Fluss und sprach:
„Ich werde diesen Baum nach Uruk bringen.
Ich werde diesen Baum in meinen heiligen Garten pflanzen.“

Pflanzung von Inannas Baum im Garten Eden

INANNA kümmerte sich eigenhändig um den Baum.
Mit ihrem Fuss drückte sie die Erde um ihn herum fest.

Sie fragte sich:
Wie lange wird es dauern,
bis ich einen glänzenden Thron habe,
auf welchem ich sitzen kann?
Wie lange wird es dauern,
bis ich ein glänzendes Bett habe,
in dem ich liegen kann?“

Deutungen der unterstrichenen Wörter in «Inannas Baum im Garten Eden»:
Inannas Baum
  • Eine Frau– sie hat noch keinen Namen: es könnte jede Frau sein: Die Anima (s u.).
  • Furcht vor dem Wort der Götter – Respekt vor Autorität, auch der Autorität der Eltern, eine „gute“ Tochter.
  • Baum– Symbol für das Leben zwischen Himmel und Erde, Geist und Materie.
  • Rinde springt nicht auf – es ist noch nicht Zeit … Das Leben ist noch jung und grün.
Der Fluss
  • Fluss– Strom des kollektiven Unbewussten, „Mainstream“.
  • Das Bäumchen aus dem Fluss geholt – Bewusstwerdung: weg von einem planlosen, willkürlichen Sich-Treibenlassen (Triebe) und hin zu Selbstwirksamkeit.
Der Baum im Garten Eden
  • Uruk– eine Stadt in Sumer, zwischen Euphrat und Tigris. Inanna war ihre Stadt-Gottheit.
  • Garten– der Schoss der Frau, ihr Unterleib als geschützter Bereich (s. unten).
  • Baum einpflanzen– Verantwortung übernehmen im eigenen Leben.
Die Göttin und ihr Ziel
  • „Inanna“ – ein Name für die eigene Identität mit aktivem Handeln! Weil sie selbst die Initiative ergreift, bekommt die „Frau“ einen Namen (s. u.).
  • Fuss– Symbol für die äusseren Geschlechtsorgane.
  • Erde, Symbol für den Körper der Frau – Es geht um das Erwachen der Sexualität.
  • Thron– Königsherrschaft im eigenen Leben: wohl auch ein „Hochzeitsthron“, auf welchem der Bräutigam empfangen wurde (s. unten).
  • Ein glänzendes Bett: selbstbestimmte Sexualität

1. Der Baum im Fluss: Bewusstwerdung  

Die Frau am Ufer des Euphrats

Zunächst erscheint «eine Frau» auf der Bildfläche, die entlang des Euphrats spazieren geht und ein Bäumchen im Fluss treiben sieht.

Eine Frau,
welche in Furcht vor dem Wort der Götter wandelte,
holte den Baum aus dem Fluss.

«Eine Frau» – jede Frau: die Anima als «Göttin»

Sie ist einfach nur «eine Frau» und könnte damit jede Frau sein. Als Ur-Typ für das Weibliche stellt die Göttin eine Anima-Figur dar.

Ein Archetyp des Weiblichen, die Anima

Als Göttin stellt sie einen weiblichen Archetyp dar und eine Anima-Gestalt. Diese symbolisiert den Antrieb in Seele und Geist aus Liebe, eine der stärksten motivierenden Kräfte, deren mannigfache Gestalt bewegen, locken, schillern oder verführten kann.

[S. Die Anima – Inspiration und Motivation; Die Anima als innere Frau des Mannes
und der Fischer von Goethe als Anschauungsbeispiel.]

Pubertät und Bewusstwerdung

Diese Frau ist noch jung und steckt mitten in der Pubertät. (Der Text sagt dies nicht ausdrücklich, aber die Umstände und die Einbettung in der ganzen Mythologie lassen daran keinen Zweifel.)
Das Thema ist Bewusstwerdung, das Wahrnehmen der Umgebung. Sie sieht also den Baum, der haltlos im Fluss treibt.

Was hat dies zu bedeuten?

Das Bäumchen im Fluss: das entwurzelte Leben 

Die Verankerung verloren

Das Bäumchen war bereits in der Einleitung der sumerischen Überlieferung ein Thema (s. In den ersten Tagen). Entstanden aus der stürmisch-leidenschaftlichen Begegnung von Vater und Mutter, hatte es sich am süssen Wasser des Euphrats in der Mitte der Erde eingepflanzt. Doch dann war der wirbelnde Südwind aufgekommen und hatte an seinen Ästen und Wurzeln gezerrt, sodass es in den Fluss gefallen war (s. Prolog II: Der Vater wagte den Weg in die Unterwelt).

Der Baum als Symbol für das Leben zwischen Geist und Materie
Körper, Seele und Geist

Der Baum ist seit Alters ein Symbol für das Leben mit seinen drei Bereichen. So symbolisierten die Wurzeln die Verankerung im Körper und in der Materie («MUTTER») und die Krone steht für den Bereich des Geistes («VATER»). Die beiden, Himmel und Unterwelt, sind durch den Stamm verbunden, der auf der Erde steht. Er symbolisiert das Leben in Seele und Körper (TOCHTER und SOHN; s. Der Baum des Lebens).

Unbewusstheit aufgrund von Macht und Missbrauch

Das entwurzelte Bäumchen, das haltlos im Fluss treibt, ist ein Bild für das junge Leben, das bereits in Unbewusstheit geraten ist. Es ist keine heile Welt mehr, vielmehr beschreibt schon die sumerische Überlieferung eine geistige Realität, die der heutigen entspricht. Schon haben Macht und Missbrauch an der Verankerung des Lebens in der Materie und in der Liebe gerüttelt.

Kontext I: Das grosse Weibliche, das Leben selbst in Unbewusstheit (in der Unterwelt)
Der reissende Strom: Mangel an Liebe und die Gebrochenheit der Existenz

Bereits die ersten Zeilen der sumerischen Überlieferungen erzählen, dass die grosse Muttergottheit, das Leben selbst, in die Unterwelt, das heisst in Unbewusstheit geraten ist. Mit der Geschichte von Inanna beschreibt sie nun näher, wie es dazu kam, was es bedeutet und was der Ausweg sein kann.

[Zurück zu: In den ersten Tagen (Episode I.]

Die vier Elemente: die ganze Schöpfung betroffen

Das Tragische ist: das Leben in Körper und Seele (symbolisiert durch den Baum) und die ganze Schöpfung (symbolisiert durch Die vier Elemente) sind von diesem Unglück betroffen (s. Sumer: Schöpfung und Fall).

  • Das Bäumchen hat die Verankerung in der ERDE, Symbol für den weiblichen Körper, verloren.
  • Es ist ins WASSER gefallen, Symbol für die weibliche Seele und das Unbewusste (s. Wasser, weiblich).
Der wirbelnde Südwind enthält beide “männlichen Elemente”:
  • Feuer für den Süden: brennende körperliche Leidenschaft.
  • Luft für die männliche Seele und Herrschaft im Bereich des Geistes (s. Der Gott der Luft).
Kontext II: Entwurzelung des Lebens durch Macht und Missbrauch
Der wirbelnde Südwind als der Gott der Luft

Der heisse Süden, aus welchem der Wind kommt, steht mit dem Element des FEUERs in Verbindung, das dem männlichen Körper zuzuordnen ist. Der Wind ist bewegte Luft, welche das Element der männlichen Seele darstellt. So gesehen ist wirbelnde Südwind ein Bild für den Gott der Luft.

Machtorientierte Männlichkeit

Er symbolisiert jugendliche Männlichkeit im Griff der negativen Anima (Macht durch Verführung), die, angetrieben durch feuriges körperliches Begehren, übergriffig wird und konsumieren will. So wird das junge Leben (weiblich) in Missbrauch und Unbewusstheit (Triebhaftigkeit) gestürzt.

[S. Der liebende Vater und der Gott der Luft als Gegenspieler; Der Sündenfall-Bericht der Bibel und das Geheimnis der Schlange.]

Verursacher: Der Südwind für den Gott der Luft – konsumierende Männlichkeit
Der Gott der Luft und seine missbrauchte Tochter Lilith

Verursacher des ganzen Desasters ist der Gott der Luft, der machtorientierte Männlichkeit darstellt. Sein Name ist EnLil (Gott-Luft). Seine Tochter Lilith (von Lil-Luft und Itu-dunkel) stellt als missbrauchte Tochter die Schattenseite der Göttin der Liebe dar (s. Die negative Anima). Sie wird bereits im nächsten Abschnitt auftauchen (s. Inanna, Lilith und die Schlange, Episode 2).

Mit dem negativen weiblichen Geist erscheint auch Macht durch Verführung auf der Bildfläche.

Was dieser Abschnitt zum Ausdruck bringt, ist:
Die Liebe und das Leben hängen zusammen. Denn das Schicksal des jungen Bäumchens, welches das Leben darstellt, ist mit jenem der Göttin, welche die Liebe darstellt, verbunden.

2. Die Pflanzung vom Inannas Baums im Garten Eden

Respekt und Achtsamkeit vor dem Leben

Aber noch ist nichts verloren, denn diese junge Frau zeigt sehr positive Eigenschaften. So sagt der Text: «Sie wandelte in Furcht vor dem Wort der Götter». Aus dem Zusammenhang wird klar, dass sie deswegen keineswegs ein passives, unterordnendes “Weiblichen” ist, sondern vielmehr, dass sie bewusst im Leben steht und die höchsten Ordnungen im Blick hat. Hierzu gehört auch die Bewahrung des Lebens.

Der Plan, die bewusste Strategie

Sinn und Zweck von Inannas Baum im Garten Eden

Die junge Frau sieht das Bäumchen im Fluss treiben und weiss, was getan werden muss. Sie holt es heraus und hat sogar einen Plan damit:

Die junge Frau sprach:
„Ich werde diesen Baum nach Uruk bringen.
Ich werde diesen Baum in meinen heiligen Garten pflanzen.“

Geschichtlicher Kontext: Inanna, Stadtgottheit von Uruk

Um 2100 v. Chr. wurde Inanna, die Göttin der Liebe, zur Stadtgottheit von Uruk erkoren. Sie sollte der Stadt zu neuem Glanz verhelfen.

Der «heilige Garten» der Göttin in Eden

Heiligkeit – Ganzheit in der Vereinigung von männlich und weiblich

Sie bringt das Bäumchen in ihren heiligen Garten. Dies ist ihr geschützter und abgegrenzter Bereich, in dem das Leben gedeiht.

Der Garten als Symbol für den weiblichen Schoss 

Wie ein GARTEN am Rand der grossen Steppe (Eden) für den müden Wanderer einen Ort der Erholung darstellt, so ist der Schoss der Frau ein paradiesischer Ort, in welchem der müde Held Erquickung findet. Dieser Ort als «Garten» ist «heilig», denn in ihm kommt Ganzheit zustande. So entsteht aus der Vereinigung der Gegensätze männlich und weiblich das Wunder neuen Lebens und neue Realität.

[S. Der Garten Eden, das Paradies: in Sumer!]

Sumerisch Gu-An-Edin für den Garten Eden
GuAnEdin kann mit «himmlisches Land am Rand der Steppe» übersetzt werden.
Sumerisch GU bedeutet Land (wie noch das germanische Gau); AN ist das Wort für den Himmel und EDIN bedeutet Steppe). Daraus ist hebräisch «Gan Eden» und deutsch«Garten Eden» geworden (s. Der Garten Eden, das Paradies: in Sumer!).
Inannas Baum im Garten Eden: einer der zwölf Bäume im Paradies

Der Baum der Göttin: einer der zwölf Bäume im Garten

Der BAUM der Göttin der Liebe als einer von zwölf Bäumen im Garten Eden entspricht der Anima und steht für Motivation (im seelisch-geistigen Bereich). Ihre „FRUCHT“ ist die körperliche Liebe, die Sexualität, die genossen werden kann und sättigt. Die Anima symbolisiert den „Baum der Erkenntnis“ und steht dem Animus als dem Baum des Lebens gegenüber.

[S. 12 Bäume im Paradies: die innere Familie und Die beiden Bäume in der Mitte.]

Garten Eden

3. Der Name für göttliches, selbstwirksames Handeln

Das bewusste Individuum: INANNA!

Handeln in Verantwortung

Damit beginnt die junge Frau, die zunächst noch keinen Namen hat, verantwortlich zu handeln. Sie entscheidet sich, für ihr Leben, symbolisiert durch das Bäumchen, selbst Verantwortung zu übernehmen. So wird sie zur einzigartigen Identität, zum Individuum und erhält darum ihren Namen: Inanna.

Inanna kümmerte sich eigenhändig um den Baum.
Mit ihrem Fuss drückte sie die Erde um ihn herum fest.

Der Name für die göttlich-bewusste Identität

Das Selbst

Wie schon im Prolog der sumerischen Überlieferung (In den Ersten Tagen) ausgeführt wurde («als der Mensch mit Namen benannt wurde»), steht der Name mit dem Bewusstsein in Verbindung (s. auch ausführlich in Sumer: Schöpfung und Fall).
Das Ziel ist, sein eigenes wahres Selbst zu leben und zum Ausdruck zu bringen. C.G. Jung nannte dies den Prozess der Individualisierung. Damit wir der Mensch “Gott gleich”.

[S. Das Selbst und Das menschliche Bewusstsein.]

In der jüdischen Überlieferung heisst es denn auch (2. Mose 33,17):

Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.

Die Bedeutung des Namens Inanna und der Weg der Frau

Vom Himmel herab

Der Name kommt von NIN (Göttin) AN- (vom Himmel) -NA (hinab). Die Frau beginnt als Jungfrau und Göttin des Himmels in reiner Liebe. Mit dem ersten Geschlechtsverkehr wird sie Königin der ERDE (Symbol für den weiblichen Körper; s. Die vier Elemente) und zuletzt zur Herrin der Unterwelt.

[S. Weibliche Ganzheit – die Göttin, Weiss / Rot / Schwarz und Der weibliche Weg / der Weg der Frau.]

Egal was zuvor geschehen ist …

Inanna hat sich entschlossen, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und tritt somit eigenverantwortlich und kreativ in ihre Existenz hinein.

Dies macht sie zur Göttin!

Selbstwirksamkeit und Ablösung von den Eltern

Es ist das selbstwirksame und bewusste Handeln, welches den Menschen Gott gleich macht. Zu diesem Weg gehört auch die Ablösung von den Eltern.

Selbstbestimmte Sexualität

Die Erde und der Fuss: Körper und Sexualität der Frau

Ein hübsches Bild: die junge Göttin, welche die Erde um den Baum mit ihrem Fuss festdrückt. Das Element der Erde symbolisiert den weiblichen Körper (s. Die vier Elemente). Die Füsse auf der anderen Seite stehen in den Überlieferungen immer wieder verhüllend für die äusseren Geschlechtsorgane:

Der Fuss – Symbol für die äusseren Geschlechtsorgane
Hände und Füsse für emotionale (weibliche) und körperliche (männliche) Sexualität

Im Gegensatz zu den Händen, welche die weibliche Seite der Sexualität symbolisieren und damit Zärtlichkeit und Emotionen, stehen Füsse für die männliche, körperliche Seite der Sexualität. Beispiel dafür in den Märchen und Mythen:

  • König Ödipus (= «Schwellfuss»).
  • Im Märchen Aschenputtel) ist die Grösse der Frauenfüsse das Thema. Die Heldin hat sehr kleine Füsse, die Glasschuhe passen, ein Bild dafür, dass ihr Ego und Trieb klein, ihre Hingabe und Dienstbereitschaft jedoch gross und offensichtlich sind.
  • Die Achillesferse für das männliche Glied als verwundbarer Punkt des Helden
  • Das Mädchen ohne Hände
  • Im Märchen “Der Eisenhans” (2. Der Goldbrunnen) taucht der junge Held seinen Finger ins Goldwasser (was an James Bond: «Goldfinger» erinnert).

Und somit ist auch die nächste Aussage vorgespurt:

4. Das Ziel: (göttliche) Herrschaft im eigenen Leben

Als Frau hat die junge Göttin bereits ihr Ziel ins Auge gefasst:

Sie fragte sich:
„Wie lange wird es dauern,
bis ich einen glänzenden Thron habe,
auf welchem ich sitzen kann?
Wie lange wird es dauern,
bis ich ein glänzendes Bett habe,
in dem ich liegen kann?“

Der Thron und das Bett: Partnerschaft

Sobald der Baum gross genug ist, möchte Inanna also aus seinem Holz ihren Thron und ihr Bett machen. Mit anderen Worten denkt sie über ihre weibliche Bestimmung nach, über Liebe und Partnerschaft. Diese sind durch den glänzenden Thron und das Bett dargestellt. Denn beim Thron handelt es sich um einen Hochzeitsthron, auf welchem sie gemäss der Tradition ihren Geliebten empfangen wird und das geteilte Bett bedeutet eine feste Beziehung.

Dies wird sie zu seiner Göttin und ihn zu ihrem Heldenkönig machen, dem sie ihr Reich schenkt (s. Die Frau als Göttin und der Mann als ihr Heldenkönig).

Das Ziel für den Menschen: Ganzheit

Heilige Hochzeit: die Integration des Unbewussten ins Bewusstsein

Die künftige Hochzeit ist im weiteren Sinn auch ein Bild für das Ziel des Menschen: Ganzheit. Sie kommt durch die Integration der gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile zustande und wird in den Überlieferungen immer wieder durch die Hochzeit von Prinz und Prinzessin / König und Königin symbolisiert. Sie steht im tieferen Sinn für die Integration des Unbewussten ins Bewusstsein und führt zu Königsherrschaft (Selbstwirksamkeit) im Leben und zur Vollmacht über die Materie.

[S. Das Bewusstsein und das Unbewusste, König und Königin und Die heilige Hochzeit.]

Aber … Geduld! (Wie lange …?!)

Doch schon huscht eine kleine dunkle Wolke über den Götterhimmel. Man spürt eine gewisse Ungeduld, den Sturm und Drang der Jugend … Ob das gutgehen wird?

Inannas Baum im Garten Eden als moderne Erzählung

Ich bin Anna:

Die Frau am Fluss

Ich bin jetzt ein Teenager und beginne, die Welt mit anderen Augen wahrzunehmen, ja, man kann wohl sagen, mit meinen eigenen Augen. Und so bin ich zum Schluss gekommen, dass das Leben wie ein Fluss ist … man kann sich entweder dahintreiben lassen, oder man kann es in die eigene Hand nehmen.

Der entwurzelte Baum im Fluss

Das beginne ich zu verstehen und habe ich erkannt: Die Erwachsenen haben auch ihre Schwächen. Sie tun Vieles nur, weil sie gut dastehen wollen oder um die eigene Frustration zu kompensieren. Dabei suchen sie immer wieder Macht und Überlegenheit.

Mutter nervt mich manchmal und ich finde es nicht ok, wenn sie ihre Frustration an mir rauslässt. Vielleicht ist sie eifersüchtig auf mich? – Und dann merke ich auf der anderen Seite auch, dass ich plötzlich von Männern wahrgenommen werde … Das ist ein umwerfend starkes Gefühl! Und ich geniesse es, auf diese Weise als Frau bestätigt zu werden!

Aber auf der anderen Seite überfordert mich das alles auch. Manchmal denke ich, ich würde lieber gar nicht erwachsen werden! Es geht alles so schnell! Und die Gefühle sind so stark … Es ist, als würde mir der Boden unter den Füssen weggeschwemmt … Und das Leben der Erwachsenen ist so kompliziert …

Ein Platz für Inannas Baum im Garten Eden

Aber ich bin fest entschlossen, mein Leben in die eigene Hand zu nehmen! Auch will ich mir auch nicht immer vorschreiben lassen, wie ich mich zu verhalten habe, was ich zu tun und zu fühlen habe.

Schliesslich sage ich mir: Ich muss ja nicht so werden wie die
Vielmehr versuche ich, mir gut zuzureden: Geduld! Es kommt gut … Du hast noch ein Leben lang Zeit – DEIN Leben!

Und die Zeit wird bringen, was kommen soll, wenn sie reif ist.

Der Thron und das Bett

Auf alle Fälle werde ich mein Leben als Frau für mich selbst einnehmen und es leben. Ich freue mich darauf, den richtigen Mann kennenzulernen. Ihm will ich mich verschenken.

Überhaupt: Die Liebe ist etwas Wunderbares. Sie ist das höchste Gut auf Erden. Wenn ich daran festhalte, kommt es gut, davon bin ich überzeugt.

Zusammenfassung und Überleitung:

Inanna, Göttin, Anima und die Versuchung der Macht

Vorbild für jede Frau

Dieser erste Abschnitt beschreibt Inanna als „eine FRAU“. Damit stellt er ein geistiges Modell für Weiblichkeit vor, mit anderen Worten einen Archetyp, der als die Göttin der Liebe in jeder Frau «wohnt». Sie steht als Ideal, Idol oder Vorbild für Weiblichkeit, welche sich bereit macht, in Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortung zu leben.

Die Anima: positive oder negative Gestalt

Die Göttin der Liebe stellt in ihrer positiven Gestalt die ANIMA und als JUNGFRAU dar, die für reine Liebe steht. In ihrer negativen Form symbolisiert die Anima als HURE oder SCHLANGE hingegen Macht durch Verführung oder Verblendung. Diese wird schon im nächsten Abschnitt auftauchen:

Im nächsten Kapitel: Lilith und die Schlange im Garten Eden

Macht besetzt den Baum

Schon im nächsten Kapitel geschieht etwas mit Inannas Baum im Garten Eden: Er ist von fremden Wesen besetzt, von der SCHLANGE und von LILITH, der dunklen Jungfrau …

Die Jahre vergingen; fünf Jahre, Zehn Jahre. 
Der Baum wuchs und wurde dick,
aber seine Rinde sprang nicht auf.

* Nachweis zum Originaltext:

[1] Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische durch S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).


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