Die Bearbeitung der Texte: Grundlagen und Vorgehen

Deutung und Neuerzählung der Überlieferungen

Deutung der Texte

Auf dieser Webseite werden die mythologischen Texte zusammengefasst und, wo nötig, auch wörtlich wiedergegeben. In einem nächsten Schritt werden sie genauer betrachtet, indem die Symbole und Bilder, die darin vorkommen, analysiert und interpretiert werden. Dies führt auch zu einer Entschlüsselung der darin enthaltenen Geheimnisse und Rätsel.

Neuerzählung in eine andere oder eine moderne Geschichte

Aus den Erkenntnissen und Aussagen, die durch die Deutung gewonnen wurden, kann nun eine neue, eine andere oder moderne Geschichte geschrieben werden. Diese enthält zwar dieselben Elemente, aber in einer «übersetzten» Version. So beschreibt sie die «wahre Geschichte», die sich hinter den Bildern verbirgt.
In dieser neuen realistischen Erzählung kann auch der Bezug zum konkreten Erleben der Leserschaft hergestellt werden. Damit gewinnen die alten Geschichten an Aktualität.

Bei der Deutung der Überlieferungen werden zwei grundlegende Prinzipien angewendet:

1. Symbolische Interpretation: zeitlos und kulturübergreifend

Die symbolische Betrachtungsweise sucht in den Überlieferungen nach allgemeingültigen Aussagen. Dabei interessiert weniger der geschichtlich-kulturelle Kontext der Texte als vielmehr ihre tiefere Botschaft, welche für den Menschen relevant ist.

2. Deutung der Überlieferungen wie Träume: Botschaften aus dem Unbewussten

Die symbolische Betrachtung führt in die Ebene des Unbewussten. Denn mit ihren zum Teil skurrilen Gestalten werden in den Überlieferungen auch unbewusste Vorgänge dargestellt (s. Bilder und Symbole – die Magie des Unbewussten).
Darum können die verschiedenen Figuren, die darin vorkommen, als Persönlichkeitsanteile oder Wesenszüge der Hauptpersonen interpretiert werden. Dies umso mehr da, wo es sich um nicht real existierende Gestalten handelt (wie Zauberer, Hexen oder Monster; s. Märchen und Mythen als Träume oder Schattentheater).

Abstruse und unrealistische Figuren

Die Figuren in den Träumen und auch in den Überlieferungen werden umso interessanter, je weiter sie von der Hauptperson entfernt sind und je unrealistischer sie erscheinen. Sobald «Magie» im Spiel ist, ist es ein Hinweis auf das Unbewusste (s. Bilder und Symbole – die Magie des Unbewussten). (Und je näher eine Figur auch in seinem realen Leben der Hauptperson steht, umso eher stellt sie nämlich eine reale, eigenständige Person im Umfeld der Hauptperson dar.)

Beispiel:
Das Märchen der Eisenhans handelt vom Weg des Mannes (und des Bewusstseins) zu Ganzheit. Der Königssohn, der wilde Mann, aber auch die Königstochter im fremden Schloss können als seine eigenen Persönlichkeitsanteile gedeutet werden. Die Königin, die den Schlüssel zum Käfig des wilden Mannes in Verwahrung hat, symbolisiert dabei einerseits als die Partnerin. Andererseits – in einem tieferen Sinn – symbolisiert sie aber auch das Unbewusste des Königs selber.

König und Königin in Überlieferungen: Das Bewusstsein und das Unbewusste

Grundsätzlich symbolisiert der König in Überlieferungen das liebende Bewusstsein, während die Königin das Unbewusste, den Körper und die Triebe darstellt (s. Das Bewusstsein und das Unbewusste). Das Ziel ist immer, dass der Mensch seine Triebe überwindet und so zu Ganzheit und zu Königsherrschaft im eigenen Leben gelangt.

Helden und Monster: aktuelle Bilder für das Innenleben des Menschen

Der Held, die Prinzessin und furchterregende Monster zeigen als Darsteller des Innenlebens seelisch-geistige Vorgänge in der Hauptperson auf. So bringen die Überlieferungen das Unbewusste und geistige Realitäten zu Bewusstsein. Dabei machen sie erstaunliche, erhellende Aussagen zu menschlichen Themen, welche auch heute nichts an Aktualität eingebüsst haben.

Von der bildhaften Geschichte zur verborgenen Hintergrundstory

Die Texte werden abschnittsweise bearbeitet, wobei die Symbole, die anschliessend gedeutet werden, unterstrichen sind. Die Erklärungen und Deutungen führen dann zu tieferen Inhalten, aus welchen sich wiederum eine neue Geschichte ergibt. In einen anderen, häufig modernen Kontext gestellt, erzählt diese, was hinter den Symbolen oder Bildern verborgen liegt.

Auch Originaltext

Ältere Überlieferungen wie die sumerische und babylonische Mythologie, die beide weniger bekannt sind, werden erzählt und an zentralen Stellen im Originaltext wiedergegeben. Bekanntere Märchen werden frei erzählt. Dabei weisen die unterstrichenen Symbole auf die folgenden Deutungen hin.

Symbole und Archetypen

Wichtige Themen werden direkt im Anschluss an den überlieferten Text noch weiter ausgeführt. Bei anspruchsvollen Deutungen (wie beim Gilgamesh-Epos) werden die zentralen Punkte zusätzlich durch Zahlen (1) markiert. Sie stellen die Verbindung zum entsprechenden Deutungselement in der neuen Geschichte her.

Die andere, die moderne Geschichte

Die neue Geschichte ist aus den Deutungselementen zusammengebaut. So werden die Überlieferungen aktualisiert. Das Ziel ist dabei nicht zuletzt, dass der Leser dadurch leichter den Bezug der alten Texte zu seinem konkreten Erfahrungsalltag herstellen kann.

Grundsätzlich kann sich die Art der Bearbeitung der Inhalte je nach Anforderungen an die Deutung anpassen oder verändern.