Kerstin erzählt:
Geshtinannas Trauer
Gewiss verzehrte ich mich vor Sehnsucht nach Thomas! Auch war ich sehr traurig und aufgewühlt, nicht zuletzt, weil ich erkannte, dass unsere Beziehung keine Zukunft hatte.
Aber dann, wenige Tage später, kam es zur Katastrophe. Es klingelte an meiner Tür und draussen stand … Thomas! Ich war erstaunt, denn er war kaum je hier gewesen. Stattdessen hatten wir uns jeweils in Andis Bootshaus getroffen, weil Tom das für sicherer hielt.
– Was ist los?“, fragte ich ihn. Ich wollte ihn lieber gar nicht erst hereinlassen.
– Ich kann nicht leben ohne dich!, antwortete er mit erstickter Stimme: Ich habe es probiert … Aber es geht nicht!
In der Schafhürde der Seelenschwester
Schnell nahm ich ihn in die Wohnung herein, damit ihn niemand sähe:
– Was heisst: ‚Es geht nicht’??? – Du kannst nicht hierbleiben!, sagte ich energisch und fügte hinzu: Weiss sie, dass du hier bist?
Thomas schüttelte den Kopf:
– Sie hat nichts gemerkt, sie ging vor mir aus dem Haus. Ich glaube, sie vertraut mir jetzt wieder.
Es beschlich mich jedoch ein ungutes Gefühl und ich unterbrach ihn ungeduldig:
– Das war jetzt gar nicht gut, dass du hierher gekommen bist … Hör mal, so bringt das nichts …!
Thomas blickte mich an und Tränen standen in seinen Augen. Dann brach er zusammen, ging vor mir auf die Knie und umklammerte schluchzend meinen Schoss. Ich spürte die ganze Last seiner Verzweiflung, als ich mich zu ihm niederbeugte und ihn sanft unter den Armen packte. Indem ich ihn hochzog, sagte ich beruhigend zu ihm:
– Komm schon! Hör auf damit! Steh auf …!.
Wieder auf den Beinen packte er mich und umklammerte mich fest:
– Noch einmal …!, bat er mit erstickter Stimme: Lass uns noch einmal zusammen sein …
Mein Herz schmerzte, mein Puls raste, meine Knie wurden weich …
Der Hirte von 7 Gallas geschlagen
7 x hinauf zu Bewusstsein
Doch da … Da sah ich … sie! Anna stand im Raum, wie lange schon, konnte ich nicht sagen. Sie war eingetreten, ohne zu klingeln. Woher wusste sie …? Sie blickte mich kalt an und sagte:
– Entschuldige die Störung.
Durchbohrender Nagel (1)
Dann baute sie sich vor Thomas auf, der einen hastigen Schritt zur Seite gemacht hatte und blickte ihn zornig an:
– Hat nicht lange hingehalten, deine Bemühung, den liebevollen Ehemann zu spielen, nicht wahr? Kaum bin ich weg, rennst du wieder zu ihr.
Schlag auf die Wange mit dem Hirtenkrummstab (2)
Und bevor er überhaupt reagieren konnte, versetzte sie ihm einen kräftigen Schlag auf die Wange.
Der Boden des Butterfasses zerschmettert (3)
Dann fuhr sie fort:
– Ich habe mir schon gedacht, dass auf deine Beteuerungen kein Verlass ist … Du hast sie gefickt, immer wieder, nicht wahr?
Henkel des Trinkbechers abgebrochen (4)
– Aber da war wohl noch ein bisschen mehr? Du hattest zwar behauptet, es sei nur eine kleine «Eskapade» gewesen … Aber waren da vielleicht doch auch … ein paar Emotionen???
Sie hatte ein grimmiges Grinsen aufgesetzt, als sie sagte:
– Du hängst ganz schön tief drin, so wie’s aussieht …
Butterfass zertrümmert (5)
Voller Zorn fuhr sie fort:
– Und bei all dem hattest du noch den Nerv, auch mich zu ficken! – Nur um mir «heile Welt» vorzuspielen, um die Fassade aufrechtzuerhalten!
Trinkbecher zerschlagen (6)
– Du bist ein hinterhältiger Egoist, der Frauen konsumiert und betrügt! Nicht nur mich, nein, auch deine Geliebte!
Urteil und Strafe in den 7 Bereichen des Existenz
Ihr Blick war stechend und Feuerflammen schossen aus ihren Augen, während sie weitersprach:
– Wach endlich auf und werde erwachsen. Übernimm Verantwortung für dich und dein Leben, statt immer nur deinen momentanen Gelüsten nachzugeben …
Ehemann von Inanna, Sohn der Sirtur, Bruder von Geshtinanna! (6)
– Benimm dich wie ein richtiger Mann und steht zu dem, was du tust! Du hast keine Seele! Hör auf, das verwöhnte Muttersöhnchen zu sein und werde endlich beziehungsfähig!
Schafe und Lämmer, Ziegen und Zicklein beschlagnahmt (5)
– Und hör auf, immer nur zu nehmen und andern die Fürsorglichkeit zu überlassen …
Fort mit der Krone der Heiligkeit und dem königlichen Zepter (4)
– Du bist ein treuloser Kerl, hast mich nach Strich und Faden belogen und betrogen … Darum sage ich dir: Ich habe genug! Genug von Dir! Das wars! Es ist aus zwischen uns!
Die Kleider der ME (3)
– Und in der Firma brauchst du auch nicht mehr aufzutauchen! Ich kann die Projekte ebenso gut ohne dich durchziehen, – ja sogar besser!
Zieh die Schuhe aus (2) – schutzlos, nackt und gefesselt
– Und wenn du es wagen solltest, dich in meinem Umfeld noch weiter blicken zu lassen, werde ich alle wissen lassen, welch rücksichtsloser Egoist und jämmerlicher Feigling du doch bist!
Sie schnaubte noch immer vor Zorn und stiess aus:
– Das ist wohl die einzige Sprache, die du kapierst!
Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sie sich um und verliess die Wohnung.
Der Hirte ist nicht mehr (1)
Thomas war im Sofa zusammengesunken. Er raufte sein Haar und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Leise und mit erdrückter Stimme sagte er:
– Was habe ich dir nur angetan! Es tut mir so leid! Ich habe alles falsch gemacht! Sie hat recht: Ich bin ein Feigling und ein Egoist …! – Es tut mir leid, dass ich dich da reingezogen habe …! Das war nicht fair. Es ist alles meine Schuld! Das hast du nicht verdient!
Ich war wie betäubt, sass da, konnte mich nicht regen und wusste nicht, was ich sagen sollte. Da war ein dicker Kloss im Hals. Thomas stand auf und zog seinen Mantel an. Er kam zu mir, strich mir übers Haar, streichelte meine Wange und küsste mich auf die Stirn.
– Wohin gehst du …?, fragte ich ihn.
– Ich weiss es nicht, sagte er und verliess die Wohnung.