Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Der Hirte wird geschlagen – in der Schafhürde der Geliebten (20)

Der HIrte wird geschlagen (in Geshtinannas Shafhürde)

By on 4. März 2024

Der HIrte wird geschlagen (in Geshtinannas Shafhürde)

Der “schwarze Hund” in der Schafhürde der Seelenschwester. Die beiden Raben deuten es an: Der Hirte wird geschlagen und ihm und seiner “Schwester” wird der Weg in die Unterwelt nicht erspart werden.

Der Hirte wird geschlagen (Inanna 20)

In der Schafhürde der Geliebten 

Die Aussenbeziehung fliegt auf

Der Hirte wird geschlagen, weil er in den Augen seiner Göttin untreu ist. Wieder ist er vor seinen Dämonen geflohen, doch diesmal sucht er in der Schafhürde seiner Seelen-Schwester Geshtinanna Zuflucht. 

Der Hirte wird geschlagen aus dem Originaltext *

(Die unterstrichenen Wörter werden anschliessend interpretiert und kommentiert.)

Geshtinannas Trauer

Als Geshtinanna Dumuzi in der Schafhürde fand, weinte sie. Sie schrie zu Himmel und Erde.

Ihre Trauer verhüllte den Horizont wie ein Mantel.

Sie zerkratzte ihren Mund, ihre Augen, ihre Schenkel.

Der Hirte wird geschlagen, 7 x 7 Mal (hinauf zu Bewusstsein)

Die sieben Gallas kletterten über den Zaun:

Der erste schlug Dumuzi mit einem durchbohrenden Nagel.
Der zweite schlug Dumuzi auf die Wange mit dem Hirtenkrummstab.
Der dritte zerschmetterte den Boden des Butterfasses,
der vierte brach den Henkel des Trinkbechers ab.
Der fünfte zertrümmerte das Butterfass,
der sechste zerschlug den Becher …

Der siebente Galla schrie:

Hinab zum Sterben (des Egos)

Steh auf, Dumuzi!
Ehemann von Inanna, Sohn der Sirtur, Bruder von Geshtinanna!
Erhebe dich aus deinem falschen Schlaf!

Deine Mutterschafe sind beschlagnahmt!
Deine Lämmer sind beschlagnahmt!
Deine Ziegen sind beschlagnahmt!
Deine Zicklein sind beschlagnahmt!
Nimm die Krone deiner Heiligkeit von deinem Haupt!
Zieh die Kleider der Me, der Weisheit aus!
Lass dein königliches Zepter auf die Erde fallen!
Zieh die Schuhe aus.
Schutzlos und nackt sollst du mit uns gehen.

Der Hirte ist nicht mehr

Die Galla ergriffen Dumuzi. Sie umstellten ihn.
Sie fesselten seine Hände. Sie banden seinen Nacken.

Das Butterfass lag still. Keine Milch wurde mehr ausgegossen.
Der Krug war zerschlagen. Dumuzi war nicht mehr.
Die Schafhürde wurde zum Spiel der Winde.

Die Göttin des Weinstocks und der Hirte

Tonplatte aus Mesopotamien (s. Nachweis unten) für die Göttin des Weinstocks und den Hirten.

Ihre Trauer verhüllte den Horizont wie ein Mantel.

“Aber von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde …” (Bibel).

Vorbemerkung: im Kleinen wie im Grossen

Die individuelle und die kollektive Dimension in den Überlieferungen

Das Interessante an den grossen Überlieferungen ist, dass sie immer beides ansprechen: die individuelle Dimension wie auch die kollektive. Dabei gilt: Was im Kleinen, also im Persönlichen zutrifft, ist auch im grossen Kontext des Kollektives mit seinen Überlieferungen, Göttern und Archetypen wahr. Denn der Mensch ist Mensch und funktioniert nun mal nach gewissen Grundmustern.

Partnerschaftliche Auseinandersetzungen im Kleinen und Erlösung im Grossen

So befinden wir uns also in diesem Abschnitt von Inanna und ihrem Gatten, dem Hirten, einerseits in einer partnerschaftlichen Auseinandersetzung (im Kleinen) und andererseits in der kollektiven Dimension mit den Fragen um den Erlöser als guter König und Hirte.

Deutungen der unterstrichenen Wörter von "Der Hirte wird geschlagen"

Geshtinannas Trauer

  • In Geshtinannas Schafhürde: Die Schafhürde für der Schoss der Frau (s. Klapptext unten): Auf frischer Tat ertappt, die Liebesbeziehung fliegt auf!
  • Trauer verhüllt den Horizont – die ganze Erde: Das grosse Weibliche ist betroffen (ist in der Unterwelt; s. u. im Klapptext und im Zusammenhang mit Jesus als „der gute Hirte“).
  • Mund, Schenkel, Augen zerkratzt: Äussere Zeichen grosser Trauer.

7 Gallas klettern: Schmerzhafte Bewusstwerdung der Wahrheit

  • Sieben Gallas: Die Ganzheit der Sieben ist durch Negativität und Gewalt angegriffen.
  • Durchbohrender Nagel als Dorn im Fleisch für den Trieb: Der Apostel Paulus spricht bildhaft von einem Dorn im Fleisch (einem Leiden, das ihn “demütig” hält, s. 2 Kor 12,17 im Bibelserver). So ist der Mensch in seinem ehemals tierischen Körper mit Trieben konfrontiert, und diese Erkenntnis “tötet” ihn in seinem geistigen Grössenwahn. Bilder dafür sind Inanna in der Unterwelt, die an einem Nagel  (Symbol für das Unbewusste) aufgehängt wurde und auch Jesus, der bei seiner Kreuzigung von Nägeln durchbohrt wurde.
  • Hirtenkrummstab schlägt Wange – Gewalt statt Zärtlichkeit: Psalm 23 lautet: “Dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich”: (s. Stab, Ring und Hörnerkrone als Zeichen der Königsherrschaft). Doch Inannas Gatte hat sich nicht als guter Hirte erwiesen, der ihr in schweren Zeiten beigestanden ist. Er hat ihr mit anderen Worten weder Trost noch Empathie entgegengebracht. Darum erfährt er nun Schläge statt Zärtlichkeit.
  • Butterfass für den weiblichen Schoss: Butter entsteht durch das regelmässige Stossen der Milch im Fass. Doch wenn der Boden weg ist, leert die Milch aus, welche wiederum ein Bild für die Samenflüssigkeit des Mannes ist, die anderweitig vergossen wird. (Für die Verbindung von Milch mit Samenflüssigkeit s. unten im Klapptext zur Schafhürde als Schoss der Frau, Zitat: “Mein Hirte, lass die Ziegenmilch in die Schafhürde hineinfliessen … Mach deine Milch süss und dick … Ich will deine Milch trinken”). Das kaputte Butterfass ist ein Bild dafür, dass es mit der Ehe schlecht steht und (oder weil) der Hirte fremdgeht.
  • Trinkgefäss: Hinweis auf die Verbindung Herz (Liebe) – Hand (Taten) – Mund (Worte) und Bauch (Intuition).
  • Der 7. Galla: Der Hirte wird geschlagen, weil er, Dumuzi, sich unbewusst (triebhaft, egoistisch) verhalten und darum versagt hat.

 

Bewusstwerdung: Alles zerstört!

  • Der falsche Schlaf: Aufwachen, also Bewusstwerdung bringen Unbewusstheit und Egoismus ans Licht.
  • Schafe, Lämmer: Als „genügsame Nutztiere“, symbolisieren sie Beziehung zur Ehefrau.
  • Ziegen, Zicklein: Sie sind selbständiger und eigenwilliger als Schafe und können darum als Symbol für die Geliebte angesehen werden.
  • Die Krone der Heiligkeit – Ganzheit in der ehelichen Einheit: Die “Krone der Erde” oder Hörnerkrone (s. Episode 4) ist das Zeichen des auserwählten und gesalbten Heldenkönigs der Göttin der Liebe (s. Episode 9).
  • Kleider der ME, der Weisheit: Wohlverstanden ist es Inanna, welche die ME erworben hatte (durch ihren Kampf um die Liebe, s. Episode 7). Der Hirte schmückt sich (kleidet sich) mit ihren Errungenschaften, denn sein Erfolg ist nicht zuletzt ihrer wunderwirkenden Liebe zu verdanken (s. Der weibliche Schoss als Gral). Zudem sind die Kleider am Leib auch ein Symbol für den Körper und ihr Ausziehen ein Bild für das Sterben. So muss im späteren Gilgamesh-Epos der suchende Held zuletzt seine Kleider ausziehen und sie (als Segel) an den Mast (den Pfahl) des Bootes hängen, um über die Wasser des Todes in die jenseitige Welt zu gelangen.
  • Zepter für Herrschaft über das Weibliche: Als Stab ist das Zepter ebenfalls ein Phallussymbol, wie auch der Hirtenstab. Doch anstelle des Hirtenstabes schwingt der ungerechte König das Zepter, Zeichen der Herrschaft durch Gewalt (s. Die Insignien der Macht).
  • Schuhe ausziehen – Blossstellung der sexuellen Realität: Schuhe bedecken und schützen die Füsse, welche als Symbol für die Geschlechtsorgane stehen (so zum Beispiel in König Oedipus = “Schwellfuss” oder auch die Achillesferse). Nackte Füsse stehen für den nackten Trieb.

Es ist vorbei

Die Schafhürde als Symbol für den Schoss der Frau

Der Schoss der Frau als Schafhürde

Das Wort für das Gehege der Schafe ist im Sumerischen identisch mit dem Wort für Mutterleib, Lenden, Vulva, Schoss. (So Diane Wolkenstein in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983, S. 146.)

Im Originaltext heisst es nach Inannas Initiation (erstem Geschlechtsverkehr) mit Gilgamesh-Dumuzi (Inanna – Königin der Erde (Episode 4):

Inanna setzte sich die Shugurra die Krone der Steppe, auf ihr Haupt.
[Als Zeichen dafür, dass sie eine initiierte Frau ist],

Sie wandte sich zur Schafhürde, hin zum Hirten der Schafe.
Sie lehnte sich an den Apfelbaum. [Der Apfel als die Frucht der Göttin der Liebe.]

Dass diese Aussage einen klaren sexuellen Aspekt beinhaltet, belegen auch die folgenden Zeilen des sumerisch-babylonischen Originaltextes:

Als sie sich an den Apfelbaum lehnte,
war ihre Vulva wunderschön anzusehen.
Die junge Frau Inanna jauchzte über ihre wundervolle Vulva
und beglückwünschte sich selbst zu ihrer Schönheit.

Und aus den Hochzeitsgesängen von Inanna und Dumuzi, dem Hirten (Episode 10):

Mach deine Milch süss und dick, mein Bräutigam.
Mein Hirte, ich will deine frische Milch trinken.
Wilder Stier, Dumuzi, mach deine Milch süss und dick.
Lass die Ziegenmilch in die Schafhürde hineinfliessen.

Weiterführende Bemerkungen zu “Der Hirte wird geschlagen”

Sieben Gallas: die Ganzheit der Sieben zerstört

Alles geht in die Binsen

Nun erfüllt sich der Albtraum des Hirten, wie er zuvor von siner Seelenschwester gedeutet worden war (Episode 18): Alles geht in die Binsen! Das heisst, die ganze Existenz des Hirten wird zerstört und damit auch die Beziehung.

Die ganze Existenz in sieben Aspekten und die sieben Galla

Sieben Galla steigen über den Zaun und dringen mit ihrer destruktiven Gewalt ein. Die erwähnten Symbole deuten einen Aufstieg vom Trieb (durchbohrender Nagel) bis zum Bewusstsein an. Hier verkündet nur der siebte Galla für jeden Lebensbereich das Urteil. Oben, beim Bewusstsein angefangen (“Steh auf, erwache aus deinem falschen Schlaf!) und wieder hinab bis ins Unbewusste, den Bereich des Körpers und der Materie. (“Zieh deine Kleider der ME aus und lass das Zepter fallen!”).

Das Leben: Aufstieg zu Bewusstsein und Abstieg zur Integration des Unbewussten

Diesen Weg hat Inanna bereits gemacht (s. Episode 12). Indem die Bereiche des Lebens hier in der Mythologie nochmals aufgezeigt werden, werden sie dem Hörer oder Leser nochmals zu Bewusstwerdung gebracht. Zudem wird auch dargestellt, wie der Trieb ein ganzes Leben zerstören kann. Mehr zur Deutung der einzelnen Bereiche in den Klapptexten unten und zur Übersicht die Darstellungen:

7 aufsteigende Gallas: Anklage in sieben Punkten
  1. Dorn (Wurzel): Der Gatte der Göttin hat auf der ganzen Linie versagt, symbolisiert durch die sieben Chakren. Wurzel: Auslöser ist der Trieb als der durchbohrende Nagel in der Wurzel.
  2. Hirtenstab (Nabel, Gefühle): Der Hirtenstab (Nabel) steht in der ehelichen Gemeinschaft für Geborgenheit in der körperlichen Einheit. Diese ist jedoch nicht gegeben, denn der König hat keine Empathie gezeigt.
  3. Butterfass (Solar, gute Taten): Vielmehr hat er durch sein egoistisches Verhalten diese Einheit zerstört, dafür steht das Zerschmettern des Butterfasses.  
  4. Henkel des Trinkbechers (Herz): Verbindung Herz (Liebe) – Hand (Taten) – Mund (Worte) und Bauch (Intuition).
  5. Butterfass zertrümmert (Kehle): Komplette, erkennbare Zerstörung der Einheit durch Lüge.
  6. Becher zerschlagen (Stirn): Durch Handeln wider besseres Wissen das liebende Bewusstsein ausgeschaltet.
  7. Der siebente Galla (Scheitel, umfassendes Bewusstsein, höhere Ordnungen): Gericht und Verurteilung wegen Verstoss gegen göttliche Ordnungen.
7 absteigende Gallas: Urteil und Strafe in jedem der sieben Punkte

6.  Bewusstsein: Wach auf! Erwache zu Bewusstsein darüber, was du getan hast!
5.  Schafe* und Ziegen**: Kehle (Bekenntnis): Du hast deine Frau* verraten wie auch deine Aussenbeziehung**.
4.  Krone der Ganzheit (Herz): eheliche Einheit aufs Spiel gesetzt und verloren. 
3.  Kleider der ME, der Weisheit (Körper, gute Taten): Du hast sie (die Weisheit aus der Liebe) nicht verdient!
2.  Füsse ohne Schuhe (Nabel): Trieb entblösst.
1.  Butterfass liegt still (Wurzel): Es ist aus, Ende, Tod. Durch schlechte Taten sich selbst gerichtet (das Leben selbst als Göttin der Unterwelt).

Der Hirte wird geschlagen (Inanna 20)
7 Chakras für 7 Lebensbereiche
Heilung: die Schlange am Kreuz
Auf- und Abstieg des Lebens – durch Läuterung zum ewigen Leben

Auf- und Abstieg des Lebens

So steigt das Leben zu Bewusstsein auf, und von da führt die «göttliche» und häufig auch schmerzhafte Erkenntnis über sich selbst den Menschen wieder hinab in alle Bereiche des Lebens bis in die tiefsten, verborgensten Strukturen des Körpers und des Unbewussten. In allem den Trieb und das Ego zu überwinden und Liebe zu leben, führt zum Sterben des Egos (s. Das Leben und die Schlange: Auf- und Abstieg und Sterben und Auferstehen: Im Hier und Jetzt!). Dies ist Heldenweg des Menschen. Das Sterben und Läuterung zu wahren und ewigen Gold (Selbst) geschieht in der letzten Phase, der Feuerprobe. Dabei wird aus dem Körper (Samen) Lebensbrot für andere und die Seele reift in der “dunklen Nacht” zu Geist (Wasser des Lebens) (s.  und Brot und Wein (Brot und Wasser des Lebens): Läuterung).  

Durch Sterben (Läuterung!) zum neuem, wahren (und ewigen) Leben!

Dieser Prozess der Läuterung entspricht dem Weg durch die Unterwelt, bei welchem der Geist in der Materie ins liebende Bewusstsein integriert wird. Diese Integration des Unbewussten (also der lebendigen Materie, symbolisiert durch die “Göttin” oder “Königin”) wird in der Sprache der Märchen durch die Heilige Hochzeit dargestellt. Sie führt zu Selbstwirksamkeit, bildhaft gesprochen zu Königsherrschaft im eigenen Leben

Der Aufruf zu Bewusstwerdung der Ganzheit

Erwachen zu Bewusstsein und Umkehr

Der Mensch ist aufgerufen, zu Bewusstsein zu erwachen und aus seinem falschen Schlaf, der Unbewusstheit im Sinn von Egoismus und Triebhaftigkeit aufzustehen. Dazu nochmals diese Zeilen aus der letzten Episode:

Steh auf, Dumuzi!
Ehemann von Inanna, Sohn der Sirtur, Bruder von Geshtinanna!

Männliche Ganzheit 3-in-1, Vater – Sohn – Geist

Dieser Satz ruft den Hirten zu männlicher Ganzheit, 3-in-1, auf. Sie bedeutet, dass er die positiven Aspekte des Sohnes (Hingabe gemäss dem Willen des Vaters), des Vaters (als liebender Ehemann seiner Göttin) und des Grossen Vaters leben soll. Letzterer hat mit der Integration seiner weiblichen Anteile (symbolisiert durch die Göttin des Weinstocks, die Geliebte) die weibliche Seite des Geistes, die Liebe, integriert.

[S. Männliche Ganzheit 3-in-1, initiierende Kraft in Vater, Sohn und Geist.]

Herde in Panik (der Hirte wird geschlagen)

“Der Hirte wird geschlagen und die Schafe werden sich zerstreuen.”

Die Bibel zu “Der Hirte wird geschlagen” 

Gewalt am Sohn durch den liebenden Vater …?

Der geschlagene Hirte wird auch in der Bibel wird thematisiert. Dabei ist es – auf den ersten Blick – reichlich schwer verständlich, weshalb Gott als der liebende Vater seinen Sohn derart leiden lassen sollte. 

Gewalt durch das zornige Weibliche, die Göttin als menschliches Kollektiv

Die sumerische Überlieferung sagt unmissverständlich, was auch aus dem jüdischen Text gelesen werden kann: Der Hirte als der Gefährte der Göttin wird geschlagen, weil SIE zornig ist! 

So lautetet es in der jüdischen Überlieferungen, im Alten Testament der Bibel:

Wach auf, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Gefährte ist! spricht der HERR [JHWH!] der Heerscharen.

Die Bibel zum Thema "Der Hirte wird geschlagen"

Zuerst noch die Bibel es zum Thema Aufwachen:

Alles aber, was bloßgestellt wird, das wird durchs Licht offenbar; denn alles, was offenbar wird, ist Licht. Deshalb heißt es: »Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten!, und der Christus wird dir aufleuchten! (Eph 5, 13 und 14 (im Bibelserver).[1]

Jesus identifizierte sich mit dem Hirten, indem er sagte:

Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (Joh 10,11)

Und er selber sagte seinen Leidensweg mit diesen Worten voraus:

Es steht geschrieben: “Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden.“ (Mt 26,31 mit Bezug auf den Propheten Sacharia, 13 7-9)

Zitiert wird dabei diese Stelle aus der Thora, dem Alten Testament (Sach 13, 7-9):

Wach auf, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Gefährte ist! spricht der HERR [JHWH!] der Heerscharen.
Schlage den Hirten, dass die Schafe sich zerstreuen! […]
Und ich bringe den dritten Teil ins Feuer,
läutere sie, wie man das Silber läutert, und prüfe sie, wie man das Gold prüft.
[4]

Läuterung: die Feuerprobe:

Das Feuer der Läuterung ist das Leiden an der Negativdynamik in der irdischen Existenz. Es stellt die Feuerprobe als letzte Phase des erwähnten Heldenweges dar und bedeutet zugleich den Weg durch die Unterwelt. Dieser Weg der Läuterung zu Brot und Wasser des Lebens ist auch die tiefere Bedeutung der Flamme des zuckenden Schwertes, welche den Weg zurück zum Baum des Lebens versperrt. Dies gilt für alle Menschen. Dazu:

Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein (Joh 10,16).

***

[1] Man beachte die Zahlen des Verses, 5, 13 und 14: 5 für die Negativdynamik und entsprechend auf für ihre Auflösung durch den Heldenweg, 13 für das Ego, 14 für doppelte Ganzheit in der irdischen Realität (7 x 2, männlich und weiblich, s. Die Ganzheit der 7)! (S. auch Die Zwölf und die Dreizehn im ÜberblickInanna und die Herrin der Unterwelt: Verurteilung (Episode 13); Evolution No 13 von Hilma af Klint: negative Paardynamik und Die 13. Fee als Schicksalsgottheit in Disney’s Maleficent).

 Ist Gott, JHWH, hier die Göttin?

Die Göttin und das menschliche Kollektiv in Negativität

Die weibliche Seite Gottes steht als lebendige Materie auch für das Kollektiv der Menschen als Glaubensgemeinschaft, als Volk, als “angetraute Frau” oder “Braut” Gottes. 

Gott weiblich – die Göttin: Das menschliche Kollektiv! – Mehr:

Lebendige, empfangende und Realität gestaltende Materie (weiblich):

    In diesem viel älteren Kontext der sumerischen Mythologie betrachtet, kann man also erstaunlicherweise zur Schlussfolgerung kommen, dass «Gott» weiblich ist! – Tatsächlich steht die Göttin für die lebendige Materie und für das Leben in der Materie, ja auch für das Schicksal, welches hart und strafend erscheinen mag. Und: Der Mensch erschafft sein Leben (und sein Schicksal!) selbst und auch die Strafe als allfällige negative Konsequenz seiner Taten.

    Zudem ist auch die hebräische Gottheit (JHWH, der Name, der nicht genannt werden darf/kann) mindestens zur Hälfte weiblich, was spätestens in Ruach, Gottes Geist, zum Ausdruck kommt.

    Gott weiblich: Das menschliche Kollektiv!

    Die weibliche Seite Gottes steht als lebendige Materie auch für das Kollektiv der Menschen als Glaubensgemeinschaft, als Volk, als “angetraute Frau” oder “Braut” Gottes. 

     [S. Weibliche Ganzheit, lebendige Materie 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal.]

    Zum grossen Weiblichen gehören also:

    • Die Frau, alle Frauen: Sie können Samen aufnehmen und neues Leben gebären.
    • Der menschliche Körper: Er nimmt Impulse des Bewusstseins („männlich“) auf und setzt sie in Worte, Taten und neue Realität um.
    • Das Kollektiv (Gruppe, Volk, die ganze Menschheit): Es reagiert auf Impulse (zum Beispiel in Form von Informationen wie Nachrichten) mit Stimmungen und Handlungen. Es nimmt auch die Instruktionen des Herrschers auf und gestaltet diesem entsprechend neue Realität (führt Weisungen aus, wie zum Beispiel den Bau von Strassen).
    • Die Erde: Sie kann Samen aufnehmen und Wachstum ermöglichen. Zudem reagiert sie ebenfalls auf unterschiedlichste Impulse, zum Beispiel aus dem Kosmos (wie Sonnenaktivität) oder auf menschliches Verhalten zum Beispiel mit Klimaerwärmung. (Dabei bedeutet der «Kosmos» in den Überlieferungen mehr als das Universum, er wird in seiner Kraft dem Element des Feuers zugeschrieben und hat darum eine göttlich-geistige und initiierende Qualität, s. Die Dynamik der Elemente.)
    • Die ganze Schöpfung: Sie ist der Vergänglichkeit preisgegeben und damit in der „Unterwelt“ (s. Das Grosse Weibliche in der Unterwelt).

     [S. Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt.]

    Gott, weiblich, 3-in-1 und die Erschaffung neuer Realität

    Die weibliche Essenz in ihrer Vollkommenheit ist lebendige, Realität gebärende und wunderwirkende Kraft, welche den schöpferischen Impuls (Samen, «männlich») in Realität umsetzt. Sie gehört per Definition zum Unbewussten (s. Das Bewusstsein und das Unbewusste).

    Inannas Zorn wegen der Untreue ihres Götter-Gatten

    Die sumerische Überlieferung erzählt eine alltägliche Begebenheit als die Geschichte der Göttin. Damit sagt sie: Es mag zwar alltäglich erscheinen, dass der Mann sich in eine Andere verguckt, aber das Thema ist von zentraler Bedeutung! Es geht nämlich dabei um Leben und Tod … der Familie und der Menschenfamilie, der Beziehungen und der Liebe!

    Und in diesem Zusammenhang drängt sich folgerichtig auch diese Frage auf:

    Ist denn Jesus als der gute Hirte ebenfalls fremdgegangen?

    Tatsächlich kann man sagen, dass der Mann, der Jude, der sich als «Menschensohn» bezeichnete und damit den Titel des Messias für sich in Anspruch nahm, in gewisser Hinsicht fremdging. Denn er nahm den Schatz der Weisheit der Juden, die Samen des Wortes Gottes, und säte diese unter die «Fremden», also unter “die Anderen”, die Ungläubigen und Heiden.

    Die Juden und ihr Messias (Gesalbter)

    Das Volk und sein Gesetz als Gnade Gottes

    Die Juden rechnen seit jeher mit dem «Erlöser», der das kollektive Problem angehen und lösen wird. Es ist anzunehmen, dass sie Zugang zu den älteren Überlieferungen hatten, der sumerischen und insbesondere auch der babylonischen. Denn spätestens seit der Babylonischen Gefangenschaft (um ca. 500 v.  Chr.) hatten sie wohl die Gelegenheit, diese eingehend zu studieren und in den Zusammenhang mit ihrem Gottesglauben zu stellen. Dazu gehörte auch eine Vertiefung in die Wirkweisen der Existenz. All dies führten sie dann in einem Regelwerk zusammen, dank welchem das Volk der Juden damit zweitausend Jahre in der Zerstreuung überlebte, ohne seine Identität zu verlieren.

    Der Messias, der gesalbte Erlöser

    Hebräisch «Messias» bedeutet «der Gesalbte». Dies ist der Titel für den wahrhaft Liebenden und von Gott Gesandten, der sich hingibt und dabei den Tod nicht scheut. Das grosse Weibliche, das Volk antwortet mit Liebe auf diese Hingabe und mit der Bereitschaft, die Samen des Wortes aufzunehmen und daraus neue Realität zu gebären. Die «Salbung» ist in diesem Zusammenhang das äussere Zeichen und verschafft dem Geliebten den reibungslosen Eingang ins gemeinsame Heiligtum; s. auch Episode 8, Die ME in Inannas Stadt).

    Gottessohn und Menschensohn: Sohn von Vater und Mutter

    Im Bestreben, auch in der Zerstreuung eine Einheit, ja ein Volk zu bleiben, betonte also das jüdische Volk seinen Bund mit Gott und sah sich im Kollektiv als seine «Frau». – Aus einer Verbindung von Mann und Frau gehen auch gemeinsame Kinder hervor. Dabei war klar: einer der Söhne würde der Auserwählte sein, nämlich derjenige, der von der Göttin, dem Leben selbst und dem Schicksal, zum Erlöser erkoren sein würde.

    (In Klammer: Warum ein Sohn, warum ER? Warum nicht eine Frau?
    – Weil das Glied, das ins Weibliche eingeht, um darin den Samen des Wortes der Liebe zu säen, aktiv-initiierende Kraft und damit als “männlich” definiert ist (s. Männlich und weiblich, die beiden Ur-Kräfte der Schöpfung). (Wenn also eine Frau in aktiv-initiierender Energie auftritt, handelt sie aus ihrer männlichen Seite heraus, denn es gilt: Beide haben beides!).

    In Antwort auf die Hingabe des Sohnes würde also Sie, die Herrin der Unterwelt und das Leben in der Materie, ihrem Geliebten und Gesalbten durch den Zugang in ihr Allerheiligstes auch Kraft und Vollmacht über die Materie geben.

    Und in dieser Kraft würde er seine Mission erfüllen. Gemäss jüdischem Verständnis beinhaltet diese, dem Volk das versprochene Land zu geben.

    Jeshua von Nazareth, der gescheiterte Prophet

    Doch der Mann, der sich als «Menschensohn» (Sohn der Mutter, nämlich der Menschen!) bezeichnete und damit den Titel des Messias für sich in Anspruch nahm, liess sich gefangen nehmen und dahinschlachten wie ein Lamm, während die Römer das Land beherrschten. – Damit konnte er unmöglich der Erlöser und Sohn des Höchsten sein, welcher dem Volk der Juden endlich ihren gebührenden Platz gäbe. Vielmehr musste er logischerweise (gemäss dem erwähnten prophetischen Verständnis) ein Gotteslästerer sein. Der Grund dafür war also, dass er einerseits die Prophetie nicht erfüllte und andererseits, – was mindestens genauso stark zu gewichten ist – ging er buchstäblich fremd. Dies, indem er den Juden das Heil (die Weisheit und die Erlösung) wegnahm und in der ganzen Welt verstreute. 

    [S. auch Warum musste Jesus sterben?.]

    Die verstreuten Schafe einsammeln

    So kam das Christentum zu einer “Erlösergestalt”, immer wieder auch ohne dabei die Juden zu berücksichtigen, deren “Sohn” Jesus ja war … Ja, vielmehr sie darüber hinaus auch noch des Gottesmordes bezichtigen.
    In einem weiteren Blickwinkel betrachtet kann man in all dem Leid und den Wirrungen der letzten zwei Jahrtausende dennoch die Liebe und höhere Gerechtigkeit des Vaters sehen, der sich um alle seine Schafe kümmert, eben auch jene, die nicht zum Volk der Juden gehören, s. Klapptext oben zum Thema Hirte und Joh 10,16.). Das ist Gnade, denn so viele sind in Leid und Not und haben sich in Dornen und Disteln verfangen … Auch sie gilt es zu befreien und zu guten Weideplätzen zu führen (s. Psalm 23).
    So ist das Ziel, sie alle zu einer Herde zusammenzuführen, wenn es Zeit ist. Dies wird zum Beispiel in der Offenbarung des Johannes (Joh 4,4 im Bibelserver) angedeutet, in der Vision, dass 24 Älteste um den Gottes Thron sind (für die Nachkommen der 12 Stämme Israels und der 12 Jünger Jesu).

    Das Kreuz – Integration des Schattens

    Fazit: Der Zorn der Menschen gegen Gott.

    Es sind die Menschen, die in Mangel und Negativität geraten sind und somit die Liebe und das Vertrauen gekreuzigt haben – und immer wieder von Neuem kreuzigen! Dabei sehen sie sich als Opfer: “Er hilft uns ja nicht!”, und schieben die Verantwortung für ihr Handeln von sich.

    Der Mensch selber als Gott – und Göttin!

    Der Mensch als Gott: Zorn und Strafe als Konsequenzen menschlichen Verhaltens

    Die Göttin: lebendige Materie und Schicksal

    Als lebendige Materie steht die Göttin für die lebendige Materie und auch für das Schicksal, welches hart und strafend erscheinen mag.

    [S. Klapptext oben und Weibliche Ganzheit, lebendige Materie 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal.]

    Der Mensch als Gott: Zorn und Strafe als Konsequenzen menschlichen Verhaltens

    Doch als lebendige Materie gehört der Mensch ebenfalls zur Göttin! Und je grösser das menschliche Kollektiv, umso mächtiger ist es!
    Dies macht auch im Kleinen Sinn. So erschafft der Mensch (als Gott) sein (göttliches) Leben selbst und trägt dafür Verantwortung. Daraus folgt, dass er auch die Konsequenzen seines Handelns tragen muss, welche unbequem sein können und von ihm dann als unter Umständen als «Strafe» gewertet werden.  

    Gott – männlich und weiblich – Macht und das Sterben der Liebe (3 Tage in der Unterwelt)

    Das ausgebeutete und unterdrückte Weibliche in Not

    Der Mensch, der über ein schöpferisches Bewusstsein verfügt, deckt damit einerseits die männliche Seite Gottes ab. Doch als hingebungsvolle, empfangende, aber auch leidende und ausgebeutete Existenz, die dem Tod ausgeliefert und damit in der Unterwelt verdammt ist, ist er auch Teil der weiblichen Seite.

    [S. Männlich und weiblich, die beiden Ur-Kräfte der Schöpfung und Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt.]


    Zorn aus Mangel und Schmerz

    Diese zürnt über die männliche Seite, also über den männlichen Schöpfergeist, welcher die Not nicht wahrzunehmen scheint, geschweige denn etwas dagegen tut. Nein, im Gegenteil: Er profitiert sogar davon, bereichert sich hemmungslos und konsumiert, bis nichts mehr da ist (wie die Heuschrecken in den 10 Plagen Ägyptens)! Die Folge davon ist: drei Tage Unterwelt (“Finsternis”) und der Tod der Beziehung, der ersten Liebe (der “Erstgeburt”).

    [S. Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt.]

    Dämonisierung starker Weiblichkeit seit Babylon

    Männliche Dämonisierung starker Weiblichkeit in Babylon

    Wird die Unterdrückung des Weiblichen bereits in der sumerischen Mythologie angetönt, so geht sie in der nächsten grossen Kultur, in Babylon, noch einen Schritt weiter. Hier wird nun jede Art von starker Weiblichkeit vollends unter männliche Gewaltherrschaft gebracht, wird zerschlagen (vergewaltigt), ermordet, dämonisiert und als Monster verunglimpft.

    Dies wahrscheinlich aus der nicht völlig unbegründeten Angst männlicher Machthaber vor diesem rasenden Zorn der Göttin (s. Einführung ins babylonische Gilgamesh-Epos.).

    Fazit: Zorn des Weiblichen auf männliche Unbewusstheit

    Zornig ist sie, die Göttin, auf ihren Götter-Gatten, das männliche Bewusstsein, das in Unbewusstheit. Das bedeutet, dass durch die Triebe und die Macht so viel Schmerz und Leid verursacht oder zumindest nicht verhindert wird. (Denn noch fehlt es an Empathie, solange die Schatten noch nicht integriert sind;  s. Die Integration der Anima: die Seele und das ewige Leben.)

    Nach diesen Ausführungen nun zur modernen Geschichte, zum Beziehungsdrama zwischen Thomas und Anna:

    “Der Hirte wird geschlagen” anders erzählt

    Kerstin erzählt:

    Geshtinannas Trauer

    Gewiss verzehrte ich mich vor Sehnsucht nach Thomas! Auch war ich sehr traurig und aufgewühlt, nicht zuletzt, weil ich erkannte, dass unsere Beziehung keine Zukunft hatte.

    Aber dann, wenige Tage später, kam es zur Katastrophe. Es klingelte an meiner Tür und draussen stand … Thomas! Ich war erstaunt, denn er war kaum je hier gewesen. Stattdessen hatten wir uns jeweils in Andis Bootshaus getroffen, weil Tom das für sicherer hielt.
    Was ist los?“, fragte ich ihn. Ich wollte ihn lieber gar nicht erst hereinlassen.
    – Ich kann nicht leben ohne dich!, antwortete er mit erstickter Stimme: Ich habe es probiert … Aber es geht nicht!

    In der Schafhürde der Seelenschwester

    Schnell nahm ich ihn in die Wohnung herein, damit ihn niemand sähe:
    Was heisst: ‚Es geht nicht’??? – Du kannst nicht hierbleiben!, sagte ich energisch und fügte hinzu: Weiss sie, dass du hier bist?

    Thomas schüttelte den Kopf:
    – Sie hat nichts gemerkt, sie ging vor mir aus dem Haus. Ich glaube, sie vertraut mir jetzt wieder.

    Es beschlich mich jedoch ein ungutes Gefühl und ich unterbrach ihn ungeduldig:
    – Das war jetzt gar nicht gut, dass du hierher gekommen bist … Hör mal, so bringt das nichts …!

    Thomas blickte mich an und Tränen standen in seinen Augen. Dann brach er zusammen, ging vor mir auf die Knie und umklammerte schluchzend meinen Schoss. Ich spürte die ganze Last seiner Verzweiflung, als ich mich zu ihm niederbeugte und ihn sanft unter den Armen packte. Indem ich ihn hochzog, sagte ich beruhigend zu ihm:
    – Komm schon! Hör auf damit! Steh auf …!.

    Wieder auf den Beinen packte er mich und umklammerte mich fest:
    – Noch einmal …!, bat er mit erstickter Stimme: Lass uns noch einmal zusammen sein …

    Mein Herz schmerzte, mein Puls raste, meine Knie wurden weich …

    Der Hirte von 7 Gallas geschlagen

    7 x hinauf zu Bewusstsein

    Doch da … Da sah ich … sie! Anna stand im Raum, wie lange schon, konnte ich nicht sagen. Sie war eingetreten, ohne zu klingeln. Woher wusste sie …? Sie blickte mich kalt an und sagte:
    – Entschuldige die Störung.

    Durchbohrender Nagel (1)

    Dann baute sie sich vor Thomas auf, der einen hastigen Schritt zur Seite gemacht hatte und blickte ihn zornig an:
    – Hat nicht lange hingehalten, deine Bemühung, den liebevollen Ehemann zu spielen, nicht wahr? Kaum bin ich weg, rennst du wieder zu ihr.

    Schlag auf die Wange mit dem Hirtenkrummstab (2)

    Und bevor er überhaupt reagieren konnte, versetzte sie ihm einen kräftigen Schlag auf die Wange. 

    Der Boden des Butterfasses zerschmettert (3)

    Dann fuhr sie fort:
    – Ich habe mir schon gedacht, dass auf deine Beteuerungen kein Verlass ist … Du hast sie gefickt, immer wieder, nicht wahr?

    Henkel des Trinkbechers abgebrochen (4)

    – Aber da war wohl noch ein bisschen mehr? Du hattest zwar behauptet, es sei nur eine kleine «Eskapade» gewesen … Aber waren da vielleicht doch auch … ein paar Emotionen???

    Sie hatte ein grimmiges Grinsen aufgesetzt, als sie sagte:
    – Du hängst ganz schön tief drin, so wie’s aussieht …

    Butterfass zertrümmert (5)

    Voller Zorn fuhr sie fort:
    – Und bei all dem hattest du noch den Nerv, auch mich zu ficken! – Nur um mir «heile Welt» vorzuspielen, um die Fassade aufrechtzuerhalten!

    Trinkbecher zerschlagen (6)

    – Du bist ein hinterhältiger Egoist, der Frauen konsumiert und betrügt! Nicht nur mich, nein, auch deine Geliebte!

    Urteil und Strafe in den 7 Bereichen des Existenz

    Ihr Blick war stechend und Feuerflammen schossen aus ihren Augen, während sie weitersprach:
    – Wach endlich auf und werde erwachsen. Übernimm Verantwortung für dich und dein Leben, statt immer nur deinen momentanen Gelüsten nachzugeben …

    Ehemann von Inanna, Sohn der Sirtur, Bruder von Geshtinanna! (6)

    – Benimm dich wie ein richtiger Mann und steht zu dem, was du tust! Du hast keine Seele! Hör auf, das verwöhnte Muttersöhnchen zu sein und werde endlich beziehungsfähig! 

    Schafe und Lämmer, Ziegen und Zicklein beschlagnahmt (5)

    – Und hör auf, immer nur zu nehmen und andern die Fürsorglichkeit zu überlassen … 

    Fort mit der Krone der Heiligkeit und dem königlichen Zepter (4)

    Du bist ein treuloser Kerl, hast mich nach Strich und Faden belogen und betrogen … Darum sage ich dir: Ich habe genug! Genug von Dir! Das wars! Es ist aus zwischen uns!

    Die Kleider der ME (3)

    – Und in der Firma brauchst du auch nicht mehr aufzutauchen! Ich kann die Projekte ebenso gut ohne dich durchziehen, – ja sogar besser!

    Zieh die Schuhe aus (2) – schutzlos, nackt und gefesselt

    – Und wenn du es wagen solltest, dich in meinem Umfeld noch weiter blicken zu lassen, werde ich alle wissen lassen, welch rücksichtsloser Egoist und jämmerlicher Feigling du doch bist!

    Sie schnaubte noch immer vor Zorn und stiess aus:
    – Das ist wohl die einzige Sprache, die du kapierst!

     Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, drehte sie sich um und verliess die Wohnung.

    Der Hirte ist nicht mehr (1)

    Thomas war im Sofa zusammengesunken. Er raufte sein Haar und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Leise und mit erdrückter Stimme sagte er:
    – Was habe ich dir nur angetan! Es tut mir so leid! Ich habe alles falsch gemacht! Sie hat recht: Ich bin ein Feigling und ein Egoist …! – Es tut mir leid, dass ich dich da reingezogen habe …! Das war nicht fair. Es ist alles meine Schuld! Das hast du nicht verdient!

    Ich war wie betäubt, sass da, konnte mich nicht regen und wusste nicht, was ich sagen sollte. Da war ein dicker Kloss im Hals. Thomas stand auf und zog seinen Mantel an. Er kam zu mir, strich mir übers Haar, streichelte meine Wange und küsste mich auf die Stirn.

    – Wohin gehst du …?, fragte ich ihn.

    – Ich weiss es nicht, sagte er und verliess die Wohnung.

      Überleitung: Der Weg in die Unterwelt – Feuerprobe / Kreuzigung

      Nachdem Inanna bereits den Weg durch die Unterwelt gemacht hat und ihren Schatten begegnet ist, wird dieser Weg nun auch dem Hirten nicht erspart bleiben. Er wird sich auf den Heldenweg begeben, dessen letzte Phase die Feuerprobe oder in geistiger Hinsicht die Kreuzigung ist. 

      Tonplatte, Mesopotamien 2000 - 1600 v. Chr. für die Göttin des Weinstocks

      Originaltext:

      Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).

      Kunst aus dem Zweistromland (Originalfoto oben rechts):

      Mann und Frau aus Kramer-Wolkenstein, S. 111 und 199. Tonplatte aus Girso, Mesopothamien. 2000-1600 v. Chr.; 11 x 6,4 cm, Paris, Louvre AO 16676


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