Anna:
Heute Nacht hatte ich einen Traum:
Eine Frau stieg eine mächtige Steintreppe hinab. Unten war es dunkel, doch dann öffnete sich ein Tor, nur ein halber Meter hoch. Die Frau kroch auf allen vieren hindurch. Dahinter lag ein grosser Saal.
Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit.
Und ich merkte, dass ich nackt war.
Inanna in der Unterwelt
Vor mir wieder die Frau. Sie näherte sich dem Thron: „Grossmutter …?“
Da erhob sich eine dunkle Gestalt – mit Augen wie Feuerflammen und einer Stimme wie ein tosender Wasserfall:
Was
willst
du
hier?!
Hast wohl gedacht, du könnest einfach hier herein spazieren, und alles würde dir zu Füssen liegen, wie oben? Dummes, eitles Ding! Hier gibt es nichts zu nehmen für dich. Du hast die Rechnung ohne mich gemacht, meine Teure. ICH lasse mich von solcher Eitelkeit nicht blenden …! – Ha! Ist nicht mehr viel von dir übrig, nachdem du deinen äusserlichen Tand und Firlefanz abgegeben hast!
Stille.
Die Annuna, Richter der Unterwelt
Doch dann ein Flüstern, das zu einem Raunen wurde und das – immer lauter – von allen Seiten ertönte:
Du hast dir das alles selber eingebrockt!
Nichts, gar nichts von dem, was du hast, hast du dir selber verdient.
NICHTS hast du vorzuweisen!
Du bist nichts und hast nichts! Hast du geblendet, verführt und dir genommen, was du wolltest … Wegen Frauen wie dir sieht es auf der Welt so aus, wie es aussieht! Wegen Frauen wie dir fehlt es an der Liebe!
Du warst nicht die Partnerin, die zum Licht des Lebens führt …!
Ohne Liebe hast du kein Leben!
Du hast dein Leben nicht gelebt, du warst und du bist tot!
Du denkst, du seist das unschuldige Opfer? Nicht doch …! Du hast Macht gelebt … und erwartest … als Lohn …
Liebe?!? – Ein Hohn!
Du hast nicht gelebt, hast keine Liebe gelebt,… warst tot!
Das Auge des Todes
Feuerflammen schossen aus den Augen der Gestalt. Feuer überall, Flammen tanzten auf der Wand … Da sah ich Mord, Totschlag, Krieg und Frauen in die Sklaverei verkauft, geschunden, vergewaltigt, geschlagen, getötet, Dramen und Tränen …
Aufgehängt am Holz, an einem Nagel
Und meine Grossmutter … an einem Baum gefesselt …
Dann wurde es dunkel. Und still. Totenstill.
In fahlem Licht wurde ein Leichnam an einem Nagel gehängt.
*****
Ich erwachte schweissgebadet, und mein Puls raste.
– Meine Güte, was hat das alles zu bedeuten??? Werde ich wahnsinnig? Ich muss mit jemandem sprechen …! Ich brauche Hilfe!
Nina oder mit Enrico … oder beide …