Kerstin erzählt:
Die kleine Schwester-Geliebte
Ach, in was bin ich da hineingeraten …! Thomas …
Wir lernten uns auf einer Geschäftsreise kennen. Er war alleine. Ich war auch alleine. Wir kamen ins Gespräch und er liess irgendwann durchblicken, dass es mit seiner Ehe nicht zum Besten bestellt sei. Ich gebe zu, ich wollte es gar nicht so genau wissen. Thomas gefiel mir auf Anhieb. Da war sofort diese starke Anziehung zwischen uns, die Magie. Schnell entwickelte sich unsere Bekanntschaft zu einer stürmischen Beziehung. Immer wieder sagte er, er hätte noch nie für einen Menschen empfunden, was er für mich empfindet. Und so war es denn: Sein Hunger, seine Bedürftigkeit, berührten mein Herz. Unsere Beziehung ging auch weiter, als wir wieder zu Hause waren. Wir trafen uns jeweils im Bootshaus seines Freundes Andy.
Angriff durch die Dämonen des Hirten: Probleme in der Partnerschaft
Heute kam Thomas zu mir, vollkommen aufgelöst:
– Ich musste Dich sehen! Bitte hilf mir!!!
Er erzählte mir, dass seine Frau Anna ihm eine Szene gemacht hatte. Dass sie sich viel stritten, wusste ich, aber diesmal schien es ihn wirklich getroffen zu haben.
– Weiss sie … – von uns?, wollte ich wissen.
– Nicht direkt … Aber sie ahnt wohl etwas, meinte er zögernd.
– Wie das?
Der körperliche Trieb als Problem
Nur zögernd rückte er mit der Sprache heraus:
– Na ja, ich denke, es hat vor allem mit dem Sex zu tun. Weißt du, seit ich mit dir zusammen bin, möchte ich nichts anderes …! Ich kann nicht … mit ihr …!
– Ich dachte, mit eurer Ehe sei es ohnehin nicht zum Besten bestellt?, sagte ich reichlich erstaunt.
– Stimmt schon, das war auch so … Aber seit ich dich kenne, habe ich mich wohl entspannt und kann auch wieder liebevoller mit Anna umgehen. Das hat wohl bei ihr etwas verändert …. So sind wohl … Ansprüche erwacht …
Die Göttin des Weinstocks
Mir wurde kurz schwarz vor den Augen. ‚Alles klar …’ dachte ich und meine Gedanken überstürzten sich: ‚Natürlich hat er mir nur die Schattenseite erzählt, wie sehr der Haussegen schief hängt – Männer …!’ Gedanken stürmten auf mich ein wie: ‚Selber schuld …!’. Und: ,Wenn du dich mit einem verheirateten Mann einlässt … Logisch hat er dir erzählt, was du hören wolltest … und logisch hast du gehört, was du hören wolltest! – Aber jetzt scheint ihm die Sache doch plötzlich zu heiss!’.
Das alles traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Aber ich nahm mich zusammen und sagte schliesslich nach einer Weile langsam und mit Bedacht:
– Ich denke, wenn dir etwas an deiner Ehe liegt, musst du weiterhin mit deiner Frau schlafen. Denn sonst wird sie noch mehr Verdacht schöpfen und dann ist die Gefahr gross, dass du alles verlierst …!“
Thomas hatte seine Stirn in Falten gelegt, als er mich anblickte:
– Aber du …? Wir zwei …? Du und ich …??
Zurück zur Mutter-Partnerin!
– Es steht zu viel auf dem Spiel!, entgegnete ich und fügte hinzu: Wenn du deine Ehe retten willst, ist es besser, wenn wir unsere Beziehung beenden!. Dabei war ich selber erstaunt, wie fest meine Stimme klang, während doch mein Herz sich zusammenkrampfte. Und so fuhr ich fort:
– Deine Familie, deine Karriere, dein Ruf, einfach alles steht auf dem Spiel … Komm schon, es würde auch das Herz deiner Mutter brechen, die dir doch viel bedeutet …
Er schüttelte ratlos den Kopf und sagte kaum hörbar:
– Aber … Kerstin … Kerstin, ich liebe dich so!
Bei diesen Worten spürte ich einen Stich in meinem Herzen. Doch Thomas sah so verstört aus, dass ich nicht anders konnte, als ihn zärtlich anzulächeln:
– Ich weiss … Ist schon gut … Dabei strich ich fein über seine Wange und sagte leise: Ich komme schon klar …
Eine Aussenbeziehung ohne Zukunft
Und etwas fester fuhr ich fort:
– Ich liebe Dich auch, und darum will ich dein Bestes. Ich will und kann dein Leben und alles, was du dir aufgebaut hast, ja, alles, wofür du dich eingesetzt hast, unmöglich zerstören!
Er blickte aus seiner vornübergebeugten Haltung zu mir hoch, und Hochachtung stand in seinen Augen, als er sagte:
– Kerstin! Du bist eine starke Frau, eine sehr starke Frau! Dabei schwang ehrliche Bewunderung in seiner Stimme mit.
Er zögerte einen Augenblick, als ob er aufhorchte. In mir flackerte Hoffnung auf. Würde er sich vielleicht doch für mich entscheiden? – Aber das konnte ich nicht von ihm verlangen, daran durfte ich nicht einmal denken, jetzt nicht mehr!
Ich regte mich nicht, wartete, hoffte … Doch dann fiel er wieder in sich zusammen, schüttelte leicht den Kopf und verliess meine Wohnung wie ein geschlagener Hund.