Thomas erzählt:
Die Galla kommen auf Booten (von Unbewusstheit zu Bewusstwerdung)
Innerlich unruhig plagte mich ein schlechtes Gewissen, ja, ich fühlte mich überhaupt schlecht. Ich dachte: ‘Ich betrüge zwei Frauen. Wo immer ich mich hinwende, ist da eine, die ich verletze!’ .
Dabei hoffte ich sehr, dass Kerstin und Andy dichthalten würde, falls Anna irgendwelche Nachforschungen anstellen sollte. Na ja, Kerstin vertraute ich eher, sie hing ja selber mit drin. Und Andy hatte mir zugesichert:
– Du kannst dich auf mich verlassen! Freundschaft steht bei mir an erster Stelle!
Doch Andy war ja genau genommen mit uns beiden, mit mir und mit Anna befreundet …
Und prompt sollte sich mein ungutes Gefühl als richtig erweisen …
Geshtinanna hält dicht
Denn am nächsten gemeinsamen Abend sagte Anna beiläufig zu mir:
– Was ich dir noch erzählen wollte: Gestern traf ich zufällig eine Frau … Kerstin, und kam mit ihr ins Gespräch … (und in meinen Ohren klang es, als würde sie jedes Wort bedeutungsvoll in die Länge ziehen). – Und du weisst ja, wie wir Frauen sind: Sogleich dreht sich das Gespräch um Beziehungen. Ich erzählte ihr, dass ich verheiratet bin, dass wir zwar manchmal Unstimmigkeiten hätten, aber meistens guten Sex …! Sie meinte, sie habe zurzeit keine Beziehung und suche das auch nicht. Und sie erzählte mir auch, dass sie dich kenne, dass ihr euch auf der Geschäftsreise nach Rom näher gekommen seid …?
Keinen Frieden für den Erschrockenen
Ich erschrak zu Tode und sagte vorsichtshalber:
– Ja, das stimmt.
Anna blickte mich erwartungsvoll an und schwieg. Schliesslich sagte ich:
– Sie hat … ein paar interessante Kontakte in der Stadt …, und versuchte dabei, möglichst unbeteiligt zu tönen.
Anna hob die Augenbrauen und meinte:
– Ach? Interessant … Dann fuhr sie fort: Ich finde Kerstin sehr sympathisch, ich werde mich mal mit ihr treffen …
Die Galla kommen auf Booten
Ich wäre am liebsten im Boden versunken und wusste nicht, was ich sagen sollte. Anna wartete, doch als nichts mehr von mir kam, sprach sie nach einer Pause weiter:
– Wir hatten es doch immer so schön mit Andi in seinem Bootshaus, nicht wahr …?
Das gab mir einen Stich in den Bauch, wahrscheinlich erbleichte ich dabei.
– Ist dir nicht gut?, fragte Anna, und ich hatte den Eindruck, dass in ihrer Stimme nicht Anteilnahme, sondern eher ein verachtungsvoller Zynismus mitschwang. Ratlos schüttelte ich den Kopf.
Die Wasser- und Getreidegabe – die Galla umringen und fesseln Dumuzi
Da sprach Anna weiter und sagte:
– Als ich gerade in Andys Nähe war, dachte ich: ‘Ich schau mal wieder bei ihm rein.’ . Dabei blickte sie mich durchdringend an. Als ich noch immer schwieg, fügte sie hinzu:
– Ich sagte ihm, dass ich immer gerne an unsere Freundschaft denke und an die vielen schönen Stunden, die wir zusammen in seinem Bootshaus verbracht haben … Und dann erzählte ich ihm von meiner neuen Bekanntschaft, Kerstin, und fragte ihn, ob er sie kenne. Und tatsächlich! Er kennt sie … und sie kennt … das Bootshaus … ebenfalls …
Wieder blickte sie mich erwartungsvoll an.
Die Gazelle
Ich kollabierte nun gänzlich, während innerlich mein Abwehrmechanismus auf Hochtouren lief: ‘Was mache ich jetzt bloss??? Ich muss davon ausgehen, dass sie alles weiss! – Also mutig nach vorne …! ‘.
Kurz richtete ich mich auf und blickte ihr in die Augen. Dann blickte ich wieder zu Boden, während ich um Worte rang:
– Ach, Anna, ich fühle mich wirklich mies. Ich wollte es dir schon lange sagen … und deine Intuition ist wie immer unübertroffen … Jetzt bin ich froh, dass du es angesprochen hast. – Ja! Ja, ich hatte ein Verhältnis mit Kerstin! Nichts Ernstes … Was soll ich sagen? Ich kann nichts anderes dazu sagen, als: Es tut mir leid! Es hat nichts mit uns zu tun, es war ein Ausrutscher, verstehst du … die Magie des Augenblicks … – Aber du …. Du bedeutest mir alles im Leben … Ach! Ich fühle mich so elend, dass ich dir das angetan habe … Bitte vergib mir!
Augen des Todes
Sie blickte mich mit einem mörderischen Blick an und sagte:
– Stell dich nicht so scheinheilig an! Ich weiss, dass dies nicht das erste und einzige Mal war! Ich habe endgültig genug!
Es blieb mir nicht übrig, als bei der eingeschlagenen Schiene zu bleiben:
– Ja, gewiss … Du musst verstehen, die Eskapaden haben mir nie etwas bedeutet! Du weisst doch, wenn der Trieb im Mann so abgeht … Aber das hat nichts, wirklich gar nichts mit meiner Liebe zu dir zu tun! Das tut unserer Beziehung keinen Abbruch!
Grosse Luftsprünge, die ich da tätigte …
Die Galla schlagen Dumuzi
Natürlich gab es ein Drama und natürlich machte Anna einen Aufstand. Drei Tage wies sie mich aus unserem gemeinsamen Schlafzimmer, und ich musste im Keller schlafen. Sie behandelte mich mit Todesverachtung, dann wie Luft, sprach zunächst überhaupt nicht mit mir, dann nur das Nötigste, Alltägliche.
Der schwarze Hund
Ich fühlte mich wie ein geschlagener Hund, der mit eingezogenem Schwanz und hängendem Kopf umhergeht. Dann, am dritten Tag, schien sich ihr Zorn endlich einigermassen gelegt zu haben, denn nach dem Frühstück sagte sie wie aus heiterem Himmel:
– Ok, ich vergebe dir … du Schuft! Dabei meinte ich sogar so etwas wie ein Lächeln in ihren Augen zu erkennen. Vehement fuhr sie jedoch fort: Aber tue das nie wieder! Verstehst du? Wenn das noch einmal “passiert”, ist es aus zwischen uns! Für immer!!!
Die alte Belili – Wasser und Mehl
Ich nickte und schluckte leer:
– Darf ich jetzt wieder bei dir schlafen?, wollte ich wissen.
– Ja, wenn du dich anständig benimmst, antwortete sie, stand auf und gab mir mit ihrer Faust einen harten Boxschlag auf den Oberarm.
An diesem Abend hatten wir mal wieder richtig guten Sex.
Belili geht, Dumuzis Galla kommen (wieder)
Am folgenden Tag sagte Anna:
– Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen, wird heute wohl spät, bis ich wieder zurück bin. Dabei lächelte sie mich an und gab mir einen Kuss auf die Wange.
Kaum war sie weg, waren meine Gedanken wieder bei Kerstin:
– Wie geht es ihr wohl? Ich habe mich gar nicht mehr bei ihr gemeldet. Bestimmt ist sie traurig, bestimmt macht sie sich Sorgen um mich.
Und meine Gefühle überwältigten mich:
– Ach, ich vermisse sie … Kerstin! Sie fehlt mir!!! – Ich bin sicher, dass auch sie leidet. Es tut mir so leid …! Dass ich ihr das antun muss … Was soll ich bloss tun??? Ich muss sie sehen! – Wenigstens noch einmal … Mich richtig von ihr verabschieden …
Flucht in die Schafhürde der kleinen Schwester
Heute ist die Gelegenheit dazu! Ich werde sie gleich anrufen, hoffentlich hat sie Zeit!