Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Inannas Aufstieg aus der Unterwelt und die Galla (Episode 16)

Die Galla (Inannas Aufstieg aus der Unterwelt)

By on 21. Januar 2024

Die Galla (Inannas Aufstieg aus der Unterwelt)

Nach Inannas Aufstieg aus der Unterwelt wird ihr Götter-Gatte von Dämonen angegriffen (Originalbild mit weiteren Angaben s. unten).

Inannas Aufstieg aus der Unterwelt (Episode 16)

Die GALLA, Dämonen der Unterwelt: Negativität!

Inannas Aufstieg aus der Unterwelt nach ihrer Auferweckung durch den Vater wird durch die Galla, die Dämonen der Unterwelt, begleitet. 

Wer sind diese? Und was haben sie zu bedeuten?

Was zuletzt geschah: Inannas Auferweckung durch den Vater

Inanna hatte sich aus eigenem Antrieb auf den Weg in die Unterwelt, um sich ihren Schatten zu stellen und ihre männlichen Anteile zu integrieren (symbolisiert durch den gestorbenen Gatten der Unterwelt). Dabei war sie von der zornigen Herrscherin der Unterwelt getötet und am dritten Tag durch den liebenden Vater auferweckt worden. Nun kehrt sie von den Toten zu den Lebenden zurück auf die Erde.

Inannas Aufstieg aus der Unterwelt im Originaltext *

Die Richter der Unterwelt

Inanna wollte aus der Unterwelt aufsteigen, da ergriffen sie die Richter der Unterwelt. Sie sprachen:

Niemand steigt ungezeichnet aus der Unterwelt herauf.
Wenn Inanna aus der Unterwelt zurückkehren will,
Muss sie einen Ersatz für sich stellen.

Die Dämonen der Unterwelt

Die Galla, die Dämonen der Unterwelt, hefteten sich an Inannas Seite. Die Galla brauchen nichts und lieben nichts. Sie kennen kein Essen oder Trinken, nehmen keine Geschenke an, sie erfreuen sich nicht der Liebe, sie haben keine süssen Kinder zu küssen. Sie reissen die Ehefrau aus den Armen ihres Mannes, das Kind von den Knien des Vaters, die Braut aus dem Gemach. Der erste der Galla, der vor Inanna herging, trug ein Zepter, der letzte eine Keule.

Die Richter und Dämonen der Unterwelt: Verurteilung und Negativität gegen andere!

Kurze Erklärungen und Kommentare dieses Abschnitts von Inannas Aufstieg:

  • Die Richter der Unterwelt: Urteil und Verurteilung
  • Gezeichnet durch die Unterwelt: voll von Negativität …
  • Einen Ersatz für Inanna in der Unterwelt: Jemand (anderer!) muss schuld sein! Jemand anderer muss mit Negativität beladen werden, die Negativität (er-) tragen!
  • Die Galla: Der Name enthält die Silbe GAL = Unterwelt. Die Galla, Dämonen der Unterwelt enthalten destruktive geistige Energie. Das Wort Galle steht auch im Deutschen für Bitterkeit und negative Gefühle, so zum Beispiel in den Redewendungen: “Mir kommt die Galle hoch!” oder:”Gift und Galle speien”.
  • Das Zepter der vordersten Galla: Es ist in Symbol für Macht und männlich phallischen Herrschaftsanspruch (in diesem Fall durchaus des negativen Animus‘ der Frau; s. auch Die Insignien der Macht). 
  • Die Keule: Zuhinterst kommt als Symbol für Gewalt die Keule (“… und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt!”). 
Graffiti-Tunnell (vom Dunkel ins Licht)

Weiterführende Gedanken

Die Schatten ans Licht! Negative und destruktive Energien

Die Göttin der Liebe ist nun nicht mehr naiv. Sie ist weiblicher Kraft und Macht begegnet. Inannas Aufstieg aus der Unterwelt geschieht umgeben von diesen neuen Energien, die jedoch noch destruktiv wirken. Denn sie waren bis anhin in ihrem Schatten und kommen nun ans Licht. Sie müssen darum noch intergriert, also gezähmt und nutzbar gemacht werden.

[S. Die Integration des Animus und Der entwichene Gefangene als konkretes Anschuungsbeispiel.]

Jemand (anderer) muss Schuld sein!

Inannas Dämonen suchen jemanden, der an ihrer Stelle in die Unterwelt geht, d.h. ihre Negativität (aus/er-)trägt. Denn bevor der Mensch innerlich versöhnt ist, ist er immer wieder versucht, die Negativität, die er an sich selber so schwer aushält, auf jemand abzuwälzen, der geeignet ist, und seien es seine Nächsten, nämlich die Kinder oder der Partner.

Auf wem könnte nun die Negativität abgeladen …?

Freispruch für Ninshubur und die Kinder bei Inannas Aufstieg

Ninshuburs Trauer

Ninshubur, in Sack und Asche gekleidet,
wartete vor den Toren des Palastes.
Als sie Inanna sah, umgeben von den Galla,
warf sie sich vor ihre Füsse.

Die Galla sprachen:

Geh weiter, Inanna,
wir nehmen ninshubur an deiner Stelle.

Innana rief:

Nein! nicht Ninshubur! Sie ist meine beständige stütze …
[…] Sie hat mich gerettet.
Niemals werde ich euch Ninshubur geben!

Als nächstes trafen sie auf Inannas beiden Kinder. Auch sie zeigten Mitleid und Respekt, warfen sich vor ihre Füsse. Als die Galla sie nehmen wollten, rief Inanna:

Mitleid und Respekt der Kinder

Nein! Nicht Shara! Er [?] ist mein Sohn [?], der mir Lieder singt.
Er (?) schneidet meine Nägel und glättet mein Haar.
Niemals werde ich euch shara geben.“

Und:

Nicht Lulal! Er ist mein Sohn, mein Leiter unter den Männern.
Er ist mein rechter Arm und mein linker Arm [?].
Niemals werde ich euch Lulal geben!“

Trauer, Mitfühlen und Respekt mildern der Zorn und verhindern Anklage

Kurze Erklärungen und Kommentare

  • In Sack und Asche gekleidet und vor die Füsse werfen: Dies sind traditionell-rituelle Zeichen des Mitleids und Respekts.
  • Lulal, Inannas Sohn: Sumerisch-akkadisch LUGAL bedeutet König. Interessant ist dabei die Silbe GAL in LuGal. Sie ist ein Hinweis auf den König, der als solcher berechtigt ist, in die lebendige Materie (GAL = “Unterwelt) einzugehen, um im Weiblichen seinen Samen (des Wortes) zu säen. [Mehr s. Die Göttin und ihr Heldenkönig;  Männlich und weiblich und die Erschaffung neuer Realität und Christus / Messias, der Gesalbte].
  • Rechter Arm – die männlich-aktive Seite: Dies bestätigt die obige Deutung, demzufolge wäre der linke Arm die Tochter – Shara – die weiblich-passiv-unterstützende Seite), s. vorne, Abb. 1 (hier wie erwähnt wohl schon erste Anzeichen von Elimination des Weiblichen).
Sarah, ein Sohn? – Elimination des Weiblichen bei der Niederschrift in Babylon

Tochter und linker Arm

  • Shara, wohl eher eine Tochter?! Denn Shara klingt nach Sarah, was eindeutig ein Mädchenname ist (hebräisch für Fürstin). Zudem passen Lieder singen und kosmetische Handlungen (Haare) eher zu einer Tochter. Auch die Bedeutung des Namens weist in diese Richtung: die Silbe Shah kann mit Herrscher*In in Vergindung gebracht werden, RA ist der Sonnengott (der im Folgenden noch eine Rolle spielen wird). Die Göttin (“Schah” und ihr Heldenkönig (Ra/Christus als Sonnengott oder Mithrasgestalt, wie C.G. Jung es formulierte) haben beide den Weg durch die Unterwelt gemacht. So wird Sterben und Auferstehen auch dem Gatten der Göttin nicht erspart  bleiben.
  • Linker Arm – die weiblich-passiv-strahlende Seite!  Der linke Arm steht für die weiblich-passive und strahlende Seite. (So ist auch im der Erschaffung Adams von Michelangelo Eva im linken Arm des Vaters gemalt.)
    Wahrscheinlich wurde anlässlich der Niederschrift im bereits patriarchalen Babylon diese Text-Änderung vorgenommen (s. Von Sumer bis Babylon – Hintergründe und Einführung ins babylonische Gilgamesh-Epos).

Weiterführende Gedanken

Eigenverantwortung für Emotionen!

Es ist leicht, von Menschen, die weniger stark oder abhängig sind (wie Kindern), Lebenskraft zu „nehmen“, insbesondere wenn die Parnterschaft nicht erfüllend ist (s. Missbrauch – das gestohlene Leben).

Doch als Göttin ist Inanna eine bewusste Frau, die für ihre Emotionen Verantwortung übernimmt. Darum verschont sie auch ihre Kinder und ihre tragenden Beziehungen.  Und darum trägt sie den Konflikt dort aus, wo er tatsächlich ausgetragen werden muss …

nämlich beim Partner … 

Der selbstherrliche und ungerührte Gatte

Kein Erbarmen des Gatten bei Inannas Aufstieg und elendem Zustand

Die Galla sprachen zu Inanna:

Geh weiter, zu deiner Stadt, Inanna.
wir gehen mit dir zum Grossen Apfelbaum in Uruk.
In Uruk, beim grossen Apfelbaum,
war Dumuzi, Inannas Ehemann,
gekleidet in den glänzenden Gewändern der ME.
Sitzend auf seinem prunkvollen Thron.

(Er rührte sich nicht und zeigte nicht die geringsten Anzeichen von Trauer oder Mitleid.)

Fehlende Empathie des Gatten: mehr als blosse Lieblosigkeit

Kurze Erklärungen und Kommentare

  • Dumuzi auf dem Thron unter dem Apfelbaum: Der Apfelbaum ist der Baum der (Göttin der) Liebe. Hier hat Dumuzi (= der gute Sohn, der sich auf eine Beziehung einlässt) sich bequem eingerichtet und lässt es sich gutgehen. Zwar hatte Gilgamesh (als der “schlechte” Sohn, Isimud) den Baum seinerzeit gefällt, doch die Liebe wurde wieder durch die verbindliche Beziehung hergestellt. [S. Gilgamesh und die Fällung des Baumes (3); Kampf um die Liebe (7) und Die Wahl der Göttin: der Hirte; (9).]
  • Gekleidet in den Gewändern der ME: Es ist wohlverstanden die Göttin, welche die Weisheit durch ihre Liebe errungen hat! Doch ihr Götter-Gatte schmückt sich damit. Er glänzt durch alles, was ihre Liebe materialisiert hat: gemeinsamen Errungenschaften, Wohlstand… alles hat er für sich genommen und auf sein Konto gebucht. (Das ist kein Gentleman-Patzer! Vielmehr bedeutet Körper, Lebenskraft, und Liebe der Frau nehmen und nichts zurückgeben schwarze Magie, nämlich leben auf ihre Kosten und kommt einer Tötung gleich. s. auch Die Frau 3-in-1 und spezifisch Aladin und die Wunderlampe oder Goethes Faust).
  • Dumuzi bleibt ungerührt auf seinem Hintern sitzen. Denn Inannas Aufstieg aus der Unterwelt erzeugt bei ihm weder Mitleid noch Verständnis. Das geht gar nicht. In der Mutterkultur hat es für solche Männer keinen Platz. So war auch Parzivals Vergehen, dass er es versäumte, Empathie zu zeigen. Der Gral entschwand damit aus seinem Leben, und es dauerte viele Jahre, bis er ihn wiederfand. keine Empathie. (s. Mutterkultur und Parzival)

Die fehlende Empathie des Gatten nach Inannas Aufstieg aus der Unterwelt bringt ihm den rasenden Zorn der Göttin ein.

Garbatis Medusa mit dem tödlichen Blick

Inannas Aufstieg aus der Unterwelt: der Hirte wird geschlagen

Im Zorn der grossen Mutter

Die Galla packten ihn an den Oberschenkeln.
Sie leerten die Milch aus seinen sieben Fässern.
Sie zerbrachen das Schilfrohr, mit welchem der Hirte spielte.

Inanna heftete das Auge des Todes auf Dumuzi.
Sie sprach das Wort des Zorns gegen ihn aus.
Schrie in Schuldzuweisung gegen ihn:
Nehmt ihn! Nehmt Dumuzi hinweg!

Die Galla ergriffen Dumuzi. Sie befahlen ihm, aufzustehen, sie befahlen ihm, sich zu setzen, sie schlugen ihn und schnitten ihn mit Äxten.

Die Ganzheit der Beziehung ins Wanken geraten

Kurze Erklärungen und Kommentare

  • Die Wunde am Oberschenkel: Diese Stelle ist klassisch für die heilige Wunde des Königs oder Gottes, der seine weiblichen Anteile integrieren muss (so zum Beispiel Zeus oder Odysseus). 
  • Ausgeleerte Milch: verspritzte Samenflüssigkeit? Zumindest ist diese Assoziation bereits in der sumerischen Überlieferung gemacht, wo Inanna im Liebesspiel die “süsse Milch” ihres Geliebten trinken will. [S. Die Hochzeitsgesänge zu Inannas Hochzeit (10).] – Ist also der Hirte etwa fremd gegangen? Genau darum geht es im Folgenden.
  • Sieben Fässer ausgeleert: Die Ganzheit der Sieben (Einheit von männlich und weiblich) ist existenziell angegriffen.
  • Der Hirte spielt mit einem Schilfrohr: Er beschäftigt sich mit brüchigen Nichtigkeiten.
  • Das Auge des Todes auf Dumuzi: Inanna handelt nun in der Kraft der Göttin der Unterwelt (s. Episode 13)! Auch sie kann hart und ohne Erbarmen sein. Dennoch: ihre Wut zeigt, dass sie  noch immer im Griff ihres negativen Animus (Schmerzkörpers) ist. 
Angriff durch Dämonen, Zylindersiegel, Zweistromland, 2000 - 1600 v. Chr.

Angreifende Dämonen aus Wolkenstein/Kramer, S. 72 und 191 [1]

Das Auge des Todes: zornige Weiblichkeit

Inannas Zorn ist zwar ungemütlich, ist aber nun am richtigen Ort. Und somit geht nun die Post ab. Die beiden Partner geraten in eine negative Paardynamik: Angesichts des rasenden und gewalttätigen Zorns seiner Gattin (im Griff des negativen Animus als Teufel oder Tier) verfällt der säumige Gatte prompt seiner negativen Weiblichkeit (Anima als Schlange).
(Und aus dem “Auge des Todes” ist wohl später “der böse Blick” geworden. – Es bleibt wohl dabei: Männer haben – nicht ganz zu Unrecht – eine Heidenangst vor dem Zorn der Frauen.)

Dumuzis Verwandlung in eine Schlange

Dumuzis Flucht vor seinen Dämonen

Dumuzi erhob eine Klage zu Inannas Bruder Utu, dem Sonnengott:

Utu, gerechter und barmherziger Gott,
verwandle meine Hände in die Hände einer Schlange.
Verwandle meine Füsse in die Füsse einer Schlange.
Lass mich fliehen von meinen Dämonen,
lass nicht zu, dass sie mich ergreifen.“

Flucht in Gestalt einer Schlange

Der barmherzige Utu nahm Dumuzis Tränen an.
Er verwandelte Dumuzis Hände in Schlangenhände.
Er verwandelte Dumuzis Füsse in Schlangenfüsse.
Dumuzi entkam seinen Dämonen.
Sie konnten ihn nicht festhalten …

Die Gnade der Schlange

Kurze Erklärungen und Kommentare

Warum soll die Verwandlung in eine Schlange als Akt der Gnade angesehen werden? Das Paar steht vor der grössten Herausforderung der Beziehung, der Integration der gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile. Das braucht Zeit, Geduld und Luft. Gnade ist, dass das problematische schrittweise ans Licht kommt und so integriert werden kann,

  • Utu als barmherziger Sonnengott: der positive Animus, eine Christus-Gestalt. Dumuzi appelliert an das Erbarmen seiner Frau.  
  • Schlangenhände und -füsse…? Er verfällt seiner negative Anima als Schlange: Angesichts der aggressiven, negativen Männlichkeit seiner Frau (negativer Animus als Tier, Teufel) verfällt der Mann seiner negativen Weiblichkeit (Anima als Schlange). Er wird weinerlich-weich und bettelt um einen Ausweg. Damit geraten die beiden in eine Negative Paardynamik, angetrieben durch Anima und Animus (s. Anima und Animus in der Paarbeziehung).
  • Verwandlung als göttlicher Akt – Gesetzmässigkeit im Unbewussten: Der Trieb funktioniert als «göttliches», nämlich höheres (oder tieferes 🙂 Gesetz in der Materie, d.h. nach Prinzipien, die im Körper angelegt sind (s. Das Leben und die Schlange: Auf- und Abstieg und Der Trieb).
  • Gnade? – So bleibt wenigsten die Polaritet in der Beziehung gewahrt … wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen (sie männlich, aktiv-aggressiv; er weiblich-passiv-verschlagen). Gnade ist es auch, weil mittels Bewusstwerdung die Schatten und insbesondere Anima und Animus integriert werden können.
  • „Lass mich fliehen von meinen Dämonen“ – es sind auch seine Dämonen, sagt der Mythos ausdrücklich. Die Dämonen beider bewirken zusammen die «göttliche» – weil geistige «Magie» der negativen Paardynamik: Macht und Unterwerfung – nun aber mit umgekehrten Vorzeichen.

Die Schlange: die negative Anima

Eine Schlange hat keine Hände und Füsse, das weiss jedes Kind. Darum: Wie ist dieses Bild zu verstehen?

Integration der weiblichen Persönlichkeitsanteile (Anima)!

Der Hirte, dem es an Empathie fehlt, muss nun seiner weiblichen Persönlichkeitsanteile integrieren, die Liebe als die weibliche Seite des Geistes und mit seiner Seele freundliche Warmherzigkeit. Dies sind die Eigenschaften des Vaters.

[S. Die Integration der Anima: die Seele und das ewige Leben.]

Paardynamik: Polarität mit umgekehrten Vorzeichen

Zurzeit sind seine weiblichen Anteile aber noch im Schatten und tauchen darum in der Gestalt der negativen Anima als Hure oder Schlange auf. Das Gesetz der Paardynamik besagt, dass die Polarität in der Beziehung gewahrt bleiben muss. Wenn sie ihn also mit negativer und aggressiver Männlichkeit angreift, kippt er in seine negative Weiblichkeit, wird passiv-weinerlich, steht nicht mehr seinen Mann, sondern windet sich wie eine Schlange, schlängelt sich davon, verkriecht sich oder lügt.

7-Köpfiges Schlangen-Monstrum (Mesopotamien ca. 2000 v. Chr.)
Siebenköpfiges Schlangen-Monstrum für den Trieb (Mesopotamien um 2200 v. Chr., 3,2 x 2,2 cm [2]

Die Schlange im Paradies

Darüber hinaus ist die Schlange grundsätzlich ein Archetyp für den Trieb und für das Ego, das die Harmonie im Paradies zerstörte (s. Abb. unten).

In Inannas Baum und im Garten Eden: das Ego und die Macht

1. Die Schlange als Bild für das Ego und den Machttrieb

Die Schlange symbolisiert neben der negativen Anima (s. oben) auch den nackten Trieb und das Ego (s. Der Drache, die alte Schlange und ihre Überwindung). Und so will der Machtmensch im Griff des Egos lieber konsumieren statt geben. Er hat keine Füsse, die ihn zu seinem bedürftigen Mitmenschen tragen und keine Hände für Zärtlichkeit und um Gaben zu verschenken.
Doch auch die weibliche Seite ist im Griff der Macht. So besetzt Lilith, die dunkle Jungfrau, zusammen mit der Schlange Inannas Baum. Sie symbolisiert weibliche Macht durch Verführung.

2. Die Schlange im Paradies und negative Paardynamik

Die Ganzheit der 12, welche die paradiesische Einheit symbolisiert, ist durch Misstrauen und durch egoistischen Ungehorsam zerstört worden. Auch die Sieben, das Symbol für Ganzheit in der irdischen Realität mit ihrer Harmonie der schöpferischen Kräfte ist aus dem Gleichgewicht geraten. Stattdessen haben Macht und Unterwerfung sowie negative Paardynamik Raum gewonnen. So ist der Baum des Lebens ganz und gar von der Schlange besetzt und verstümmelt worden. Denn im Geist (in der Krone) herrschen Macht und Raub und in den Wurzeln (in der Materie) die Schlange, die nicht gezähmt werden kann, der Trieb. (S. Inanna, Lilith und der Baum im Griff der Macht, Episode 2 und Der Sündenfall-Bericht der Bibel und das Geheimnis der Schlange).

Biblische Bilder und Archetypen

Die älteren sumerischen Texte als Inspirationsquelle!

Die dramatischen Bilder aus diesem Abschnitt sind offenbar in die jüdisch-christliche Überlieferung, in die Bibel eingeflossen.

Das geknickte Rohr, der geschlagene Hirte und der Fluch über der Schlange

Ohne Zweifel hatten die Juden Kenntnis von diesen Texten und haben sie auf ihren Glauben hin gedeutet. So heisst es:

Über die Schlange: “Auf deinem Bauch sollst du kriechen …

und Staub fressen alle Tage deines Lebens!” (1 Mo 3, 14b, Bibelserver). So lautete der Fluch über der Schlange nach dem Sündenfall. Die Schlange und ihre List kann gut mit der negativen Anima (des Mannes) als Hure oder Schlange in Verbindung gebracht werden (s. Der Sündenfall-Bericht der Bibel und das Geheimnis der Schlange). Gemäss der jüdischen Lehre war die Schlange Lilith, Adams erste Frau. Auch dies passt zur negativen Anima (s. Lilith: verstörende Weiblichkeit).

“Ein geknicktes Rohr wird er [G-tt] nicht zerbrechen …

… und einen glimmenden Docht nicht auslöschen” (Mt 12,20 und Jes 57,15).

G-tt ist eine jüdische Schreibweise für Gott. Denn die Juden dürfen den Namen Gottes nicht nennen und ihm auch kein Geschlecht zuordnen. Es könnte ja sein, dass G-tt in seiner Ganzheit (auch) Frau ist …? Das ist gewiss sehr weise, denn Gott lässt sich nicht einschränken, auch nicht auf Männlichkeit (s. Gott, Ganzheit, 3-in-1, männlich und weiblich).

Dumuzi spielte also mit einem Schilfrohr. Es ist ein Bild für den Menschen, der (so gerne) mit Nichtigkeiten spielt. Er entgeht aus Gnade dem Zorn Gottes (hier der Göttin), denn die Liebe sieht auch das kleinste Licht und gibt die Hoffnung nicht auf.

“Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe werden sich zerstreuen.”

Diese Textstelle erscheint im Neuen wie auch im Alten Testament (Mt 26,31 und Sach 13,7 im Bibelserver). Interessant ist, dass in der der sumerischen Überlieferung das “ICH” ohne Zweifel für die Göttin steht. Die Göttin als “Partnerin” Gottes steht aber für das grosse Weibliche und damit auch das Volk (Gottes). So war es denn auch, dass Jesus von seinem Volk als falscher Prophet abgelehnt und geschlagen wurde. Nicht zuletzt, weil er dessen erhoffte Verheissungen nicht erfüllte und weil er mit dem “Schatz”, den jüdischen Weisheiten “fremdging”, nämlich diese den Heiden brachte.

Und mit diesen Ausführungen kommen wir nun zur modernen Geschichte:

Inannas Aufstieg und die Galla anders erzählt

Die Galla und der Götter-Gatte – Anna erzählt weiter:

Gezeichnet durch die Unterwelt (die Dämonen der Unterwelt)

Mein Schmerz hatte mich wachgerüttelt. Eines war mir klar: Ich wollte nicht mehr so weitermachen wie bisher. Ich wollte endlich mein eigenes Leben leben und mich nicht mehr daran hindern lassen, nicht immer meine eigenen Bedürfnisse hintenanstellen und dabei auch noch leer ausgehen. Ich hatte genug! Bei diesem Gedanken spürte ich eine Kraft, die mir Auftrieb gab. Nichts würde mich hindern können! Wenn nötig, würde ich meiner Wut freien Lauf lassen.

Freundin und Kinder verschont

Nicht Nina gegenüber, versteht sich. Sie hatte mich immer verstanden und mir Mut gemacht. Auch meine Kinder brachten mir Respekt entgegen, als ob sie etwas spürten. Das sogar, ohne dass ich ihnen etwas sagte, geschweige denn ihnen mein Herz ausschüttete.

Der selbstherrliche und ungerührte Gatte

Aber Thomas … Je länger, je mehr war er in unserer Beziehung einfach nicht mehr präsent. Sass vor dem Fernseher, trank sein Bier und signalisierte, dass er nichts als seine Ruhe wollte.

Darum erschien mir eine Auseinandersetzung mit Thomas unvermeidlich.
Als ich ihn wie immer vor irgendeiner Sportsendung fand, baute ich mich gereizt vor ihm auf.

Kein Erbarmen des Gatten bei Inannas Aufstieg und elendem Zustand

Er blickte irritiert hoch, mit erhobenen Augenbrauen:
– Was ist los? Ist etwas nicht in Ordnung?

 Inanna im Zorn der grossen Mutter

– Nichts ist in Ordnung!, fuhr ich ihn an. Ich holte tief Luft und versuchte ruhig zu bleiben, als ich sagte: Wenn du mal zu Hause bist, hockst du immer nur vor der Glotze und ziehst dir irgendwelchen Schrott rein! Du bist einfach nicht da, du bist nicht da für mich, du bist nicht drin in unserer Beziehung … Du bist irgendwo anders. Ich weiss nicht wo … Ich weiss nicht, warum du immer nur Zerstreuung suchst … Und ich bin für dich Luft! 

Er wandte tatsächlich seinen Kopf zu mir und sagte mit leicht gereiztem Unterton:
– Oh du meine Güte, was ist dir denn heute über die Leber gekrochen, dass dir die Galle so hochkommt …?!
– Tatsächlich!, antwortete ich nun eiskalt: Wenn ich dich so anschaue, kommt mir das Kotzen!

Dumuzis Verwandlung in eine Schlange

Nun verengten sich seine Augen und er sagte latent aggressiv:
– Was soll denn plötzliche dieser Aufstand? Was ist los??? Ich darf doch in Ruhe meine Sportsendung anschauen.
 

Der Hirte wird geschlagen 

– Du kannst sie dir anschauen und daran verrecken, von mir aus, aber OHNE MICH! Und nicht hier!, schnauzte ich ihn an. Ich zog das Kabel aus der Steckdose: Ich will nämlich hier meine Ruhe und meinen Frieden haben!
– Hee …. Was soll das?!? Er blickte mich fassungslos an.

Voll Zorn hielt ich seinem Blick stand. 

Dumuzis Flucht vor seinen Dämonen

Da kollabierte er:
– Schon gut … Schon gut, beruhige dich! Komm schon, hattest du heute einen strengen Tag?

Nun hatte er seine Stirn in dicke Falten gelegt und seinen treuherzigen Bernhardiner-Hund-Blick aufgesetzt. Dabei sah er jedoch keineswegs aus, als ob er auch nur ansatzweise irgendetwas verstehe, und sein angestrengt mitleidiger Hundeblick machte mich nur noch wütender. 

Mein innerer Dampfkochtopf drohte schon wieder zu überlaufen, und ich sagte mir: ‘Mach es kurz, der kapiert sowieso nichts!’.
– Es ist nicht so schwierig, sagte ich trocken und fuhr fort: Es ist ganz einfach: Ich bin nicht zufrieden mit unserer Beziehung! – Oder anders formuliert: Wir haben gar keine Beziehung!
 

Ich spürte mehr Energie in mir hochsteigen und fuhr heftiger fort:
– Und überhaupt: Ich habe genug davon, immer für alle zu schauen und dabei leer auszugehen! Du bist das Kuckucksjunge im Nest deiner Kinder!

Kein Erbarmen des Gatten für Inannas Aufstieg und elenden Zustand

Er stand auf, ging zum Kühlschrank und holte ein Bier. Mit einen tiefen Seufzer sagte er:
– Ich weiss, das gefällt dir jetzt nicht, aber … Vielleicht solltest du mal deine Hormone checken lassen …?
 Das ist nicht das Problem!, fauchte ich.

Ich hatte keine Lust, weiter auf diese Provokation einzugehen, sondern konfrontierte ich direkt:
– Hast du eine andere??? Das würde alles erklären!

Flucht in Gestalt einer Schlange: Dumuzis Lüge

Nun geriet er sichtbar ins Rotieren und seine kühle Gelassenheit war verschwunden. Er sank in seinen Sessel:
– Neiin … gewiss nicht …! – Wie kommst du den darauf???“

Ich war selber überrascht über meine Frage. Doch noch mehr erschrak ich jetzt über seine Antwort. Das klang nicht überzeugend, … gar nicht überzeugend. Ich kniff meine Augen zusammen und fixierte ihn, beobachtete, wie er buchstäblich in sich zusammenfiel und schliesslich eine beschwichtigende Geste machte:
– Ok … OK! – Sorry!!! Ich hatte eine anstrengende Woche …! Tut mir leid, wenn ich manchmal etwas abwesend und unsensibel bin … Tut mir leid, wenn es dir nicht gut geht … Ich kann auch nicht überall sein … Jetzt ist wieder Wochenende, dann haben wir etwas mehr Zeit für einander …
 

Er stellte sein Bier ab, erhob sich und machte eine zaghafte Bewegung auf mich zu:
– Wir wollen es uns doch gut gehen lassen – nicht wahr? – Nur wir zwei … Komm schon!
– Ich weiss nicht, Thomas, ob ich mich diesmal wieder vertrösten lasse … Ich weiss nicht, ob wir es noch schaffe, ob ich es mit
 dir noch schaffe … 

Dumuzis Flehen um Gnade 

Sein Ton bekam nun eine bettelnde, fast winselnde Note, als er sagte:
– Nicht doch! Du bist meine Einzige, meine Perle! Das weißt du doch! Ich bin manchmal so ein unsensibler Trottel. Aber ohne Dich gibt es für mich kein Leben. Tut mir leid, dass ich dich in letzter Zeit so vernachlässigt habe … Gott, bin ich manchmal so ein grober Holzklotz! Lass es mich wieder gut machen …. Was kann ich tun, damit es dir wieder besser geht, sag es mir!

Schon tat er mir wieder ein wenig leid und ich spürte, wie ich innerlich weich wurde. Ich wollte ihm doch glauben, ihm vertrauen, dass er die Wahrheit sagte …

Weiter geht es mit: 

Der Hirte in der Wüste (alles geht in die Binsen)  

Nachweise:

[1] Quelle: Wolkenstein/Kramer, S. 72 und 191, Zylindersiegel, Mesopotamien, ca. 2000 – 1600 v. Chr., 2 cm Höhe, Oriental Instiute, University of Chicago (A 17004)

[2] Wolkenstein-Kramer: «sieben-köpfiges Monstrum» (Mesopotamien um 2200 v. Chr., 3,2 x 2,2 cm).
Die Abbildung ist unschwer als Erektion zu erkennen (mit dem Stab ab Stufe 4, welche den rhythmischen Takt angibt; ganz im Sinn von Ian Durys Song: “Hit me with your Rhythm Stick” [3]). (Das Bild findet sich im Beitrag Inanna und die ENKUM zur sumerischen Mythologie und Der Sündenfall-Bericht und das Geheimnis der Schlange.)

Originaltext, Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).

Top

Newsletter Abonnieren

We respect your email privacy

Newsletter abonnieren

You have successfully subscribed to the newsletter

There was an error while trying to send your request. Please try again.

Goldspur will use the information you provide on this form to be in touch with you and to provide updates and marketing.