Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt 

"Heilige Hochzeit", Elisabeth Baldenweg (2022)

By on 21. Februar 2022

"Heilige Hochzeit", Elisabeth Baldenweg (2022)

Das Grosse Weibliche in der Unterwelt

Die Überlieferungen sagen: das Leben selbst ist in die Unterwelt geraten. Das bedeutet, es liegt ausserhalb des Bewusstseins des Menschen, im Reich der Schatten und des Todes.
Doch das Leben kann nicht sterben. So sind auch Quantenphysiker zum Schluss gekommen, dass alle Materie lebendig ist. – Nun ist die Frage: Warum gibt es denn überhaupt tote Materie? Und was ist mit der irdischen Realität des Todes? – Welche Antworten bieten die Überlieferungen an und wie sind sie zu verstehen?

Dieser umfangreiche Beitrag behandelt folgende Themen:

  1. Die Unterwelt – ein grosses mythologisches Thema

  2. Die Entschlüsselung der Archetypen

  3. Das Leben im Unbewussten – Konsequenzen

  4. Standortbestimmung und Ausblick

 

[Für eine freie Erzählung als Einstieg s. Die Herrscherin der Unterwelt.]

1. Die Unterwelt – ein grosses mythologisches Thema

Die Herrscherin der Unterwelt

Die sumerische Mythologie von Inanna, der Göttin der Liebe handelt als erste vom grossen Weiblichen in der Unterwelt. Die Herrscherin der Unterwelt ist durch die Grosse Mutter, Herrin über Leben und Tod und Schicksalsgottheit, symbolisiert.

Die Kräfte der Weisheit

Die Unterwelt ist ein Thema, das auch in viele andere Überlieferungen und Sagen eingeflossen ist. So erscheint in der griechischen Mythologie die Herrin der Unterwelt in der Gestalt der gefürchteten Medusa. Dieser Name enthält die Silbe «ME», welche in der sumerischen Überlieferung für die Kräfte der Weisheit steht. Tatsächlich verfügt die grosse Mutter als Schicksalsgöttin über tiefe Weisheit (ebenso wie auch der Vater, der Gott der Weisheit). Das Märchen «Frau Holle» ist eines der wenigen Märchen, in welchen die mächtige Schicksalsgöttin noch eine positive Rolle spielt. Auch im Märchen «Aschenputtel» tritt sie als die gute Fee auf.

Der Heldenweg durch die Unterwelt

In vielen Überlieferungen muss jedoch das Weibliche, das in der Unterwelt gefangen oder verloren ist, zuerst erlöst werden, bevor Friede und Fülle Einzug halten können.
Es ist der starke Held, der den Tod nicht fürchtet, der sich aufmacht, um für die Liebe zu kämpfen und sie wieder ans Licht zu holen. Berühmte Beispiele sind Orpheus und Eurydike oder Dionysios und Semele.

Die Feuerprobe

Doch der Weg durch die Unterwelt gehört zu jeder grossen Heldensage. Denn er ist die letzte Prüfung kurz vor dem Ziel. Hier sind Held und Heldin gefordert, ihre ganze Existenz und ihr Vertrauen in eine höhere Gerechtigkeit in die Waagschale zu werfen. Auf diese «Feuerprobe» folgt dann auch der Siegespreis: das versprochene Land, die Jungfrau (oder ihre Auferstehung), ein Königreich und das ewige Leben.

Die Bedeutung der Unterwelt

Warum ist das Weibliche überhaupt in der Unterwelt?

Himmel und Erde davongetragen: die weibliche Seite der Existenz

Die Frage, warum das Weibliche in die Unterwelt geraten ist, wird ebenfalls bereits in der sumerischen Schöpfungsgeschichte (um 3000 v. Chr.) bildhaft beantwortet. Begann die Existenz noch in «himmlischer Unschuld» (symbolisiert durch die Jungfrau), ändert sich aber bald darauf alles. Die Mythologie erzählt, dass der Himmelsgott «die Himmel» davongetragen» hat, während (oder weil?) der Gott der Luft «die Erde davongetragen» hat.

Was ist geschehen?

Der Gott der Luft: Konsum des weiblichen Körpers und gestorbene Liebe

Während «die Himmel» ein Symbol für die reine Liebe darstellen, ist «die Erde» das Symbol für die lebendige Realität und den weiblichen Körper. Beide wurden «davongetragen» und sind somit nicht mehr da. Dies gilt sowohl für die Liebe als auch für ihre Frucht, das Leben. Die Liebe ist gestorben ist, weil der GOTT DER LUFT die ERDE davongetragen hat. Als Archetyp steht er für stürmische Macho-Männlichkeit, welche Macht sucht, um konsumieren zu können (auch von Frauen). Der biblische Sündenfall-Bericht führte dieses Thema rund 2000 Jahre später aus.

Babylon und die Erschaffung der Welt aus der ermordeten Mutter

Bestätigt wird diese Deutung jedoch schon durch die babylonische Überlieferung, welche um 1500 v. Chr. die sumerische Überlieferung neu interpretierte und begann, die Unterwerfung des Weiblichen als Weltschöpfungsakt zu verherrlichen. [S. auch Einführung ins babylonische Gilgamesh-Epos.]

So erzählt die babylonische Mythologie diese Geschichte[1]: 

Marduk und der Mutterdrache

Nach einer Revolte im Götterhimmel hatten sich die männlichen Götter in die Luft abgesetzt. Denn TiAmaT, einst Jungfrau des Lebens, war zum zornigen Drachen der Meere geworden, und gebar nur noch Monster. Deshalb berieten sich die Götter, wie sie sie loswerden könnten. Da erhob sich der Frühlingsgott Marduk und versprach, das Problem zu lösen, falls ihm dadurch der höchste Platz im Götterhimmel zugesprochen würde. Die Götter willigten ein.

Marduk schuf nun sieben böse Winde (wovon der Wind der Verwirrung besonders erwähnt wird), die er einsetzte, um den Drachen in seinem Netz zu fangen. Das Tier erstarrte, so erzählt die babylonische Überlieferung, angesichts der Herrlichkeit des Gottes. Da versenkte dieser seinen Speer durch den geöffneten Mund des Mutterdrachens mitten in ihr Herz hinein.

Aus seinem Leichnam schuf Marduk daraufhin die Welt, aus dem unteren Teil die Erde und aus dem oberen Teil den Himmel und die Gestirne.

Drache ("Mutter")

Erklärungen und Kommentar:

Marduk ist als Frühlingsgott ebenfalls ein Archetyp für jugendliche Macho-Männlichkeit und damit von seiner Energie her mit EnLil, dem Gott der Luft, identisch. TiAmaT ist mit Inanna identisch. Denn die Silbe Ti oder Zi bedeutet Leben und AnNa oder A-m-A ist die Göttin, die vom Himmel (AN) hinabgestiegen ist und zur Mutter wurde. Es ist gut möglich, dass die Wörter «Mamma» wie auch «Amme» hier ihren Ursprung haben. (Das T am Ende des Wortes ist eine ägyptische weibliche Endung.)

In der älteren sumerischen Mythologie trug also der Gott der Luft die Erde als Symbol für die Mutter und den weiblichen Körper davon und bemächtigte sich so der Liebe und des Lebens. In der jüngeren babylonischen Mythologie wurde diese Tat jedoch zusätzlich noch gerechtfertigt und gefeiert, indem starke Weiblichkeit als Monstrum dargestellt wurde.
Als mildernde Umstände kann man hier einbringen, dass zornige Weiblichkeit tatsächlich für Männer schreckenerregend sein kann.

[Mehr s. Marduk und die Erschaffung der Welt aus der ermordeten Mutter und Der Gott der Luft]

Das Weibliche ist aufgrund von Verletzung, Schmerz und Zorn in Negativität, das heisst in der Unterwelt, denn die reine Liebe («Jungfrau des Lebens») ist gestorben.

Die ganze Geschichte wird in der sumerischen Mythologie von Inanna, der Göttin der Liebe ausführlich dargestellt und ist schon in der ersten Episode das Thema (s. In den ersten Tagen – die sumerische Schöpfungsgeschichte).

Schlussfolgerungen

Das Weibliche: das Leben in der Materie

In einem Atemzug mit den schöpferischen, göttlich-geistigen Urkräften der Welt schildert die älteste Mythologie, die sumerische, also bereits schon die Negativität des Weiblichen. Dies gilt sowohl im Kleinen wie auch im Grossen. Denn das Leben selbst ist in der Materie verborgen, einerseits im Schoss der Frau und andererseits ausserhalb des menschlichen Bewusstseins, also im Unbewussten.

Die Unterwelt: Negativität aus Unterdrückung

Aus diesem Grund hat der Geist der Macht immer wieder Menschen bewegt, die Materie zu unterwerfen, das bedeutet einerseits, die Frau mit ihrem Körper zu missbrauchen, und andererseits, das Land mit seinen Ressourcen (Menschen und Rohstoffe) auszubeuten. Darum ist das Thema, das im Raum steht, Missbrauch und Verletzung, welche zu Ohnmacht oder zu schäumender Wut des Weiblichen führen. Damit ist es mit anderen Worten «gefangen» in Negativität, bildhaft gesprochen in der Unterwelt, und muss befreit oder erlöst werden.

Von Ohnmacht zu Zorn: das verletzte Weibliche

Dieses Thema mit den entsprechenden Bildern findet sich in vielen Überlieferungen der Menschheitsgeschichte.
So kommt die ohnmächtige Starre der jüngeren Frau zum Beispiel in Märchen wie Dornröschen und Schneewittchen zum Ausdruck. Mächtig zornige und rachsüchtige Weiblichkeit hingegen wird in den Überlieferungen durch Hexen, Harpyien, Flammenstiere oder andere Monster dargestellt. (S. auch Vulkane, der Schicksalsberg und die grosse Mutter).

(Hierbei ist festzuhalten, dass in diesem Zustand nun die Frau/das Weibliche im Griff derselben unreifen männlichen Macho-Energie ist, symbolisiert durch den Gott der Luft. Mehr dazu im Gilgamesh-Epos, Die grosse Flut. Ein anschauliches Beispiel findet sich auch in den Disney-Filmen über Maleficent – die dunkle Fee.)

Tiefe Unbewusstheit: verdrängte negative Gefühle

Beide Reaktionen, sowohl die Ohnmacht wie auch die Wut sind aber eine Antwort auf dieselben Missstände, nämlich Lieblosigkeit, Missbrauch und Ausbeutung.
Diese Negativität ist jedoch selten am Licht des Lebens, denn sie ist unerwünscht, mit Scham beladen und wird darum als verhasste Schwäche ins Unbewusste verdrängt.
Doch sie ist dennoch da und wirkt mit ihrer destruktiven Energie aus dem Schatten. Aus dem Unbewussten überflutet sie den Körper zu negativen Emotionen und führt zu machtorientiertem Verhalten aus Angst vor weiteren Verletzungen oder aus Rache.

[S. Starke Emotionen und das Unbewusste.]

Waldgrund (das Unbewusste im Bereich des Körpers)

2. Die Entschlüsselung der Archetypen

Die Mythen selbst sprechen in der Sprache des Unbewussten, nämlich in Bildern (s. Bilder und Symbole – die Magie des Unbewussten). Darum macht es auch Sinn, sich zu fragen, was diese bedeuten, sodass ihre Botschaft auch dem Bewusstsein zugänglich wird und man einen konkreten Bezug zum eigenen Leben herstellen kann.

Zuerst zur Frage:

Was genau gehört alles zum grossen Weiblichen?

Das Weibliche – lebendige und empfangende Materie

Das Grosse Weibliche stellt als «Göttin» eine geistige Kraft dar, und zwar das Leben selbst. Oder anders formuliert: Die weibliche Seite des schöpferischen Geistes ist lebendige und empfangende Materie, welche den Impuls des Bewusstseins (Geist, «männlich») empfängt und in materielle Realität umsetzt («gebiert»).

[S. Männlich und weiblich, die beiden Ur-Kräfte der Schöpfung.]

Aus dem konstruktiven (liebevollen) Zusammenwirken von männlich und weiblich, Geist und Materie, entsteht neue Realität.

[S. Männlich und weiblich und die Erschaffung neuer Realität.]

Zum grossen Weiblichen gehören alle Frauen, alle Menschen, die Erde und die ganze Schöpfung. Mehr:
Lebendige, empfangende und Realität gestaltende Materie (weiblich):
  • Die Frau, alle Frauen: Sie können Samen aufnehmen und neues Leben gebären.
  • Der menschliche Körper: Er nimmt Impulse des Bewusstseins („männlich“) auf und setzt sie in Worte, Taten und neue Realität um.
  • Das Kollektiv (Gruppe, Volk, die ganze Menschheit): Es reagiert auf Information, zum Beispiel auf Nachrichten, mit Stimmungen und Handlungen. Es nimmt auch die Instruktionen des Herrschers auf und gestaltet diesen entsprechend neue Realität (führt Weisungen aus, wie zum Beispiel den Bau von Strassen).
  • Die Erde: Sie kann Samen aufnehmen und Wachstum ermöglichen. Auch reagiert sie auf unterschiedliche Einwirkungen aus dem Kosmos oder aus dem menschlichem Verhalten.
  • Die ganze Schöpfung: Sie ist der Vergänglichkeit preisgegeben und damit in der „Unterwelt“.

 

Das Weibliche als lebendige Materie, die Samen oder Impulse aufnehmen und neue Realität gebären kann, gehört per Definition zum Unbewussten.

Die drei Aspekte des grossen Weiblichen

Das grosse Weibliche als lebendige Materie kennt dabei drei Formen, welche auch den drei Lebensphasen der Frau entsprechen:

Das Weibliche 3-in-1: Tochter (Jungfrau, Potenzial) - Mutter (Realität) - Grossmutter (Naturgewalten und Schicksal):
  • Tochter als Jungfrau (weiss) – Potenzial als der Äther oder das Meer aller Möglichkeiten.
  • Mutter (rot) – lebendige und Leben hervorbringende Realität (Quanten; das Kind symbolisiert die neue Wirklichkeit, die daraus geboren wird).
  • Gross-Mutter, die grosse Mutter (schwarz) – Lebenskraft in der Materie, die Naturgewalten und das Schicksal.

Gemeinsam bilden diese drei Aspekte die verschiedenen Erscheinungsformen der grossen «Göttin», wie sie von den Menschen schon lange vor einem männlichen Gott verehrt wurde:

[S. Weibliche Ganzheit – die Göttin, Weiss / Rot / Schwarz.]

Die Göttin im 3. Aspekt, Lebenskraft in der Materie und Schicksalsgottheit

Die Göttin der Unterwelt stellt den dritten Aspekt dar, die grosse Mutter in der Unterwelt, Herrin über Leben und Tod und Schicksalsgottheit (schwarz). Ihr Bereich ist das Unbewusste. Denn alles Leben kommt aus dem Unbewussten und kehrt (mit dem Tod) dahin zurück. Es ist die grosse Mutter, die – im Einklang mit dem liebenden Vater – auch Wiedergeburt schenken kann.

[S. Das Leben und die Schlange: Auf- und Abstieg.]

Damit zur nächsten Frage:

Was bedeutet die Unterwelt?

Die Unterwelt: das Unbewusste

Die Unterwelt symbolisiert das Unbewusste, welches in den Mythen durch die Grosse Mutter dargestellt ist. Das Unbewusste hat wiederum zwei Bedeutungen:

1. Gewöhnliche, «unschuldige» Unbewusstheit

Einerseits bedeutet das Unbewusste schlicht Abwesenheit von Bewusstsein. Zu diesem Bereich gehören insbesondere auch die automatischen Körperfunktionen und Programme, welche das Leben steuern, (über Gene, Instinkte und Triebe), ebenso wie frühkindliche Prägungen.
Der Mensch kann aber trainieren, das Unbewusste mit seinem Bewusstsein zu beeinflussen (zum Beispiel über die Steuerung seines Atems, Entspannungsübungen oder Meditation).

[S. Selbstwirksamkeit – positiv leben.]

2. Gestorbene Liebe: tiefe Unbewusstheit aus Negativität

Auf der anderen Seite symbolisiert das Unbewusste aber auch den Bereich der Schatten und des Todes. Dieser steht mit negativen Gefühlen wie Mangel, Schmerz oder Zorn in Verbindung. Werden sie nicht aufgearbeitet, können sie zu negativen Wesenszügen werden und zuletzt zu mörderischem Hass, Gier und einem Streben nach Macht.

Egoistisches Verhalten aus einem Defizit an Liebe und Mangel an Vertrauen wird darum als «tiefe Unbewusstheit» bezeichnet (denn man wähnt, das Recht zu haben, Unrecht zu handeln). Doch in Wahrheit wird man von negativen Gefühlen und Trieben bestimmt, was einem «Nicht-Leben» gleichkommt. So werden Menschen in einem solchen Zustand durch Zombies dargestellt, denn sie sind geistig tot.
Dieser Tod war denn auch als Fluch und «Erbsünde» die Konsequenz des Sündenfalls: Die Warnung lautete «Wenn ihr von der Frucht esst (das heisst die Liebe zum Konsumgut verkommen lässt), werdet ihr sterben!»

[S. Das Bewusstsein und das Unbewusste und Das menschliche Bewusstsein.]

Schlussfolgerung: Das Weibliche in der Unterwelt bedeutet, dass die ganze Schöpfung Negativität, Mangel, Krankheit und letztlich dem Tod preisgegeben ist.

Toiletten im London Dungeon (2010)

3. Das Leben im Unbewussten – Konsequenzen

Konsequenzen für den Menschen

Was sind die Konsequenzen für den Menschen?

Abgesehen von der Tatsache des Todes spürt der Mensch die Folgen davon, dass das Leben selbst im Unbewussten ist, auf unterschiedliche Weise:

Das Leben – für den Menschen ein Geheimnis

Das Leben selbst liegt ausserhalb des Bewusstseins des Menschen. Es ist und bleibt für ihn ein Geheimnis. Das bedeutet konkret:

  • Der Zugriff auf das Leben ist dem Menschen verwehrt. Leben entsteht, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind und endet, wenn diese nicht mehr gegeben sind. Die Folge ist, dass der Mensch das Leben nur über materielle Umstände beeinflussen kann, mit anderen Worten …
  • Auch der Zugriff auf die lebendige Materie ist dem Menschen verwehrt. Das heisst er kann nicht „zaubern“. Er kann sich zwar mit seinem Geist Dinge vorstellen, aber sie nicht oder nur äusserst begrenzt materialisieren.

(Der Quantenphilosoph Warnke weist darauf hin, dass je mehr einzelne Schritte für eine Veränderung nötig sind, umso anspruchsvoller eine derartige Leistung für das Bewusstsein ist. Gut darum, an das allumfassende Bewusstsein – Gott – angeschlossen zu sein, was durch Glauben möglich ist).

Das menschliche Bewusstsein – in einem unbewussten, «tierischen» Körper

Der Geist des Menschen wohnt in einem unbewussten, nämlich «tierischen» Körper, der die lebenswichtigen Funktionen unabhängig vom Bewusstsein steuert.

Ein Kampf: für die Liebe ­– gegen die Triebe und das Ego

  • Der Mensch muss sich auf den Heldenweg machen, um den Weg zurück zum Leben zu finden. Dabei gilt es, das Licht des liebenden Bewusstseins hinab bis ins tiefsten Strukturen des Unbewusste zu bringen. Dieser Weg beinhaltet fünf Prüfungsphasen, welche alle Bereiche seines Lebens abdecken.
  • Seinen grössten Feind, das Ego, überwindet der Mensch in der Feuerprobe. Diese letzte Prüfung, die ihm alles abverlangt und ihn auf den Grund seiner Existenz führt, ist der Weg durch die Unterwelt. Dabei integriert er seine Schatten und gewinnt sein Selbst und ewige Leben.

Der Weg zurück zum Leben: nur über inneres Sterben

So muss der Mensch sich auf den Heldenweg begeben, um seinen Trieb zu überwinden (s. Die Vertreibung aus dem Paradies). Dabei kommt die Überwindung des Egos einem inneren Sterben gleich.
Dies ist auch sein Weg zurück zum Baum des Lebens, welcher Vollmacht über die Materie symbolisiert. Er wird gemäss der jüdischen Überlieferung von vier Cherubim (Engeln) bewacht, wovor einer die Flamme des zuckenden Schwertes hält, ein Bild für die Feuerprobe, an der es kein vorbei, sondern nur ein hindurch gibt.

Kollektive Konsequenzen: die gefangene oder gestorbene Gottheit

Die in der Materie «gefangene» Gottheit

Nicht zuletzt aufgrund dieser Mythen kam unter den Menschen wohl immer wieder der Gedanke auf, dass der Geist des Lebens, die Mutter-Gottheit in der Materie, in der Unterwelt «gefangen» oder «begraben» sei.
Und dem folgte die Vorstellung, dass, – wenn es gelänge, sie zu befreien, – dann auch das Mittel gefunden sei, die Welt zu heilen. Dies war zum Beispiel einer der Hauptgedanken der Alchemie, wie C.G. Jung ausführte:

Nicht der Mensch ist in erster Linie erlösungsbedürftig, sondern die im Stoff verlorene und schlafende Gottheit. [2] 

Tote Materie …?

Tatsächlich ist auch die Quantenphysik zum Schluss gekommen, dass theoretisch alle Materie «lebendig» ist, und zwar in dem Sinn, dass Quanten auf Bewusstsein reagieren.
Entsprechend müsste man weniger die Frage stellen: «Warum gibt es Leben?», sondern vielmehr die Frage:

«Wenn alle Materie lebendig ist, warum gibt es dann überhaupt tote Materie?».

Und die Antwort findet sich tatsächlich – bildhaft gesprochen – bereits in den frühen Überlieferungen, welche die Erschaffung der Welt aus der getöteten Mutter oder einem grossen Opfertier beschreiben.
Man kann es auch so formulieren, dass beim bewussten Auftreten des Menschen in der Welt Realitäten geschaffen wurden, welche sich auf Kosten der Liebe und zugunsten der Macht auswirken.

Muttermord – als weltschöpferische Befreiungstat

Dazu dieses starke Zitat von C.G. Jung:

Es gibt keine Bewusstheit ohne Unterscheidung von Gegensätzen. Das ist das [«männliche»] Vaterprinzip des Logos, der sich in unendlichem Kampf der Urwärme und der Urfinsternis des mütterlichen Schosses, eben der Unbewusstheit, entwindet. Keinen Konflikt, kein Leiden, keine Sünde scheuend, strebt die göttliche Neugier nach der Geburt. Unbewusstheit ist die Ursünde, das Böse schlechthin für den Logos. Seine weltschöpferische Befreiungstat aber ist Muttermord, und der [rationale] Geist, der sich in alle Höhen und Tiefen wagte, muss, wie Synesius sagte, auch die göttlichen Strafen erleiden, die Fesselung an den Felsen des Kaukasus. Denn keines kann sein ohne das andere, weil beide am Anfang Eines waren und am Ende wieder Eines sein werden. Bewusstsein kann nur existieren bei stetiger Anerkennung und Berücksichtigung des Unbewussten, wie alles Leben durch viele Tode hindurchgehen muss.[3]

Die Herrscherin der Unterwelt

Ganzheit durch Integration des Unbewussten

Befreiung aus der Unterwelt

Mit anderen Worten bedeutet Ganzheit immer auch die Anerkennung und Integration des Unbewussten. Dies führt zu Heil – Heilung – Heiligkeit.

So betonte C.G. Jung:

„Ganzheit umfasst unbewusste Inhalte“.[4] 

und:

„Die Integration des Unbewussten ins Bewusstsein hat Heilwirkung“.[5]

[S. Heilung: Was ans Licht kommt, wird selbst licht.]

 Dies führt zur nächsten Frage:

Wie kann also das Leben, das in der Materie «gefangen» ist, befreit werden?

Integration der Schatten 

Befreiung oder Erlösung geschieht, indem das Unbewusste, Beschämende oder Schmerzhafte ans Licht des Bewusstseins («VATER») gebracht, gesehen und gewürdigt wird. So werden auch die Schatten integriert, was zu Heil, Heilung oder anders formuliert zu Ganzheit führt.

Denn … so wieder C.G. Jung:

Die Mutter-Imago aber repräsentiert das Unbewusste, dessen Lebensnotwendigkeit es ebenso sehr ist, ans Bewusstsein angeschlossen zu sein, wie es für Letzteres unerlässlich ist, den Zusammenhang mit dem Unbewussten nicht zu verlieren.[6]

Einheit zwischen dem Bewusstseins und dem Unbewussten

Die Vereinigung des Bewusstseins mit dem Unbewussten ist in den Überlieferungen durch die «heilige» Hochzeit von König und Königin symbolisiert.

Denn was in der Unterwelt ist, ist nicht wirklich tot, sondern nur im Unbewussten. So harrt das Weibliche, nämlich die Grosse Muttergottheit, die in der Unterwelt ist, also auf Erlösung. Und so ist folgerichtig auch bereits in der sumerischen Überlieferung das Nächste, was auf diese Feststellung folgt, dass der Vater, der Gott der Weisheit sich auf den Weg in die Unterwelt macht.

Heilung der Existenz: Erlösung durch den Vater

Der Vater und Gott der Weisheit: Liebe und Warmherzigkeit

Es ist der liebende VATER, der Himmelsgott oder «Vater im Himmel» selbst, der sich mitten in die Dunkelheit der Existenz hineingibt. Er sieht die Not, nimmt Schwäche an und weiss auch einen Ausweg, denn er hat Erfahrung und Weisheit.

Denn als ARCHETYP hat er mit seiner Tochter («JUNGFRAU») seine weiblichen Anteile und damit bedingungslose Liebe integriert und mit dem Heranwachsen seiner Kinder Warmherzigkeit gelernt.
Der Vater geht durch seinen «Sohn» (Kraft, Potenz) in die lebendige Materie ein, um darin den Samen (des Wortes) von der Liebe zu säen und so die neue Schöpfung zu initiieren (s. Die Vier der Familie und die Entstehung neuer Realität und Männliche Ganzheit, Gott, Vater – Sohn – Geist).

Der gute Sohn des Vaters: Hingabe an das Weibliche aus Gehorsam

Ungefähr 3000 Jahre nach der sumerischen Überlieferung griff Jesus dieses Thema wieder auf, indem er betonte, dass er im Namen des Vaters gekommen war und gemäss dessen Willen handelte. Er respektierte Frauen und sah ihre Not (s. Maria Magdalena und die Frau als Heldin).
Auch gab er mit seinen bildhaften Worten und Botschaften dem weiblichen (schamanischen) Mutter-Element Raum, indem er von Saat und Ernte sprach, zum Beispiel vom Samenkorn, das in die Erde fallen und «sterben» muss, um hundertfach Frucht zu bringen.

Es waren nicht nur leere Worte, sondern er demonstrierte auch innere Überzeugung und Entschlossenheit, indem er selbst vor dem Tod nicht zurückschreckte.

[S. Christus / Messias, der Gesalbte und der Anti-Christus.]

4. Standortbestimmung und Ausblick

Aufarbeitung des Schwierigen und Schmerzhaften

Nach weiteren 2000 Jahren Menschheitsgeschichte sind diese Themen noch immer aktuell, und weisen den Weg der Menschheit aus dem Dunkel ins Licht.

Versöhnung und Heilung

Die Überlieferungen lehren, dass es wichtig ist, das Schmerzhafte, Beschämende nicht auszublenden, sondern es anzuerkennen, zu verarbeiten und darin Versöhnung zu finden. Dies führt zu einer Integration des Schattens, wobei auch weggesperrte und «gefangene» Ressourcen wieder freigesetzt[7] werden und Heilung geschieht.

Kampf für die Liebe

Einen wichtigen Beitrag dazu leisten die Frauen, welche für die Bewahrung der Liebe kämpfen und in Kraft aufstehen (s. Der Heldenweg der Frau). Aber auch anderes Unrecht, das thematisiert und so ans Licht gebracht wird, wie die Unterdrückung und Diskriminierung von Menschen oder Kriegsverbrechen, tragen zur Heilung des Kollektivs bei.

So ist zu hoffen, dass die Menschheit nach einem letzten Aufbäumen der Macht für den besseren Weg am Licht der Liebe bereit sein wird.

"Inanna" von Jamali

Weiter geht es mit: Inanna, die sumerische Göttin der Liebe

Seit den Anfängen der Kultur ein Thema: Der Weg durch die Unterwelt

Die sumerische Mythologie beschreibt als erste Heldengeschichte der Menschheit den Kampf um die Liebe, ihr Sterben auf dem Weg durch die Unterwelt und ihre Auferstehung.

Hier geht es zur ersten Episode:
In den ersten Tagen … (die sumerische Schöpfungsgeschichte)

Und hier zu einer freien Erzählung:
 EreshKiGal, Herrscherin der Unterwelt

Nachweise:

[1] Ein Thema bei C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 5, Symbole der Wandlung, S. 324 § 375 ff.

[2] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 12, Psychologie und Alchemie, S. 359, § 420 und mehr auch S. 487 § 511

[3] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 9/I, „Die Archetypen und das kollektive Unbewusste“, S. 110, § 178 

[4] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 12, Psychologie und Alchemie, S. 378 (Fussnote)

[5] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 5, Symbole der Wandlung, S. 547 § 672

[6] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 5, Symbole der Wandlung, S. 384 §457

[7] Dazu die Bibel: «Darum heißt es: ‘Hinaufgestiegen in die Höhe, hat er Gefangene gefangen geführt und den Menschen Gaben gegeben’.» (Eph 4,8 mit Hinweis auf Ps 68,19) .

Mythologische-geistige Hintergründe:

Der sumerische Schöpfungsbericht oder wie alles begann
EreshKiGal – von der Göttin des Himmels zur Herrin der Unterwelt
Marduk oder: Die Erschaffung der Welt aus der ermordeten Mutter (dem Mutter-Drachen)
Der Gott der Luft
Vertreibung aus dem Paradies
Die Erbsünde
Der Weg zurück zum Baum des Lebens
Die vier Cherubim
Garbatis Medusa und #MeToo


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