Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Inannas Abstieg in die Unterwelt: die sieben Tore (Episode 12)

Inannas Abstieg in die Unterwelt

By on 21. August 2023

Inannas Abstieg in die Unterwelt

Inannas Abstieg in die Unterwelt: die sieben Tore

Als bewusste und selbstwirksame Frau hat die sumerische Göttin der Liebe ihr Ohr für die Unterwelt, für das, was im Verborgenen liegt, geöffnet. Also macht sie sich auf den Weg. Inannas Abstieg in die Unterwelt führt durch sieben Tore immer weiter hinab und hinein ins Innerste der Existenz.

Was bisher geschah: das für die Unterwelt geöffnete Ohr

Das geöffnete Ohr

Inanna hat ihr Ohr für die Unterwelt geöffnet. Das bedeutet, dass sie sich dem zuwenden will, was im Unbewussten verborgen liegt. Das Ziel dabei ist, auch die ungeliebten und verdrängten Fähigkeiten und Ressourcen ans Licht des Lebens zu bringen und so zu integrieren. Auf diese Weise wird sie ihre Ganzheit und damit ihre Göttlichkeit vervollkommnen, nämlich indem sie nun auch zur Grossen Mutter und Herrin über die Unterwelt wird.

Der Weg durch die Unterwelt und die Ganzheit der Sieben

Durch sieben Tore zur Ganzheit der Sieben

Die sieben Tore, welche Inannas Abstieg in die Unterwelt darstellen, führen zuletzt zur Ganzheit der Sieben, die auch mit den sieben Chakren in Verbindung gebracht werden kann. Sie erscheinen im Originaltext als die königlich-göttlichen Attribute von Inanna, der Göttin der Liebe, und werden in diesem dreimal aufgezählt.

Dieser Beitrag enthält drei Passagen, die inhaltlich zusammenhängen und ist darum etwas länger. Er ist in diese Abschnitte eingeteilt.

    1. Die Vorbereitungen für Inannas Abstieg in die Unterwelt 
    2. Der Türhüter der Unterwelt und seine Herrin
    3. Die sieben Tore der Unterwelt.

1. Inannas Abstieg in die Unterwelt: Vorbereitungen

Einbezug von Ninshubur

Nachdem Inanna, die sumerische Göttin der Liebe, sich für den Abstieg in die Unterwelt entschieden hatbereitet sie ihr Helferin Ninshubur vor, dass diese Hilfe holen möge, falls sie nicht innert drei Tagen zurückkehrt. (Ninshubur, Königin der Erde, hatte ihr bereits geholfen, als sie von den Enkum angegriffen worden war, s. Inanna und die Enkum, Episode 6.)

Inannas königlich-göttliche Ausstattung

Als Nächstes schmückt sie sich mit ihrem ganzen königlichen Ornat, mit welchem sie auch ihre Göttlichkeit demonstriert, und zwar in siebenfacher Ausführung:

Inannas Abstieg in die Unterwelt im Originaltext *

Insignien der Herrschaft und die sieben Chakras

  1. Inanna setzte sich die Krone der Steppe aufs Haupt,
  2. Ordnete ihre dunklen Haarlocken auf der Stirn,
  3. Sie band die kleinen Lapislazuli-Perlen um ihren Hals,
  4. Liess den doppelten Perlenstrang auf ihre Brust fallen,
  5. Umhüllte ihren Leib mit der edlen Robe der Königin.
  6. Sie bemalte ihre Augen mit der Schminke, die da heisst „Lass ihn kommen, lass ihn kommen“, Band die Brustplatte mit dem Namen „Komm, Mann, komm“ fest
  7. und nahm Pukku und Mikku aus Lapislazuli zur Hand.

Sieben königliche Insignien für sieben Chakren

Interessant an der Schilderung von Inannas Ornat ist, dass die einzelnen Komponenten mit den sieben Chakren in Verbindung gebracht werden können. Von oben, von der Krone, bis unten zur Wurzel, korrespondieren sie mit diesen geistigen Steuerungs- und Lebenszentren ebenso wie mit dem Heldenweg:

7 Lebensbereiche und der Heldenweg
1. KRONE, allumfassender GEIST – Inanna, eine Göttin: Bewusstsein und Selbstwirksamkeit

Inanna trägt als „Königin der Erde“ die Krone der Erde, die Shugurra (oder ShuBurRa, für die Krone Steppe, s. Episode 4, Inanna, Königin der Erde; Die Erde symbolisiert auch das Element des weiblichen Körpers, s. Die vier Elemente).
Die Bezeichnung für die Königin der Erde ist Ninshubur. Sie steht als Göttin und Archetyp für jede initiierte Frau, welche bewusst und selbstwirksam als Königin im eigenen Leben steht.

2. STIRN, drittes Auge – die Stirnlocke: Bewusstsein für den höheren Weg

Bewusstwerdung beinhaltet die Erkenntnis eines höheren Weges (des Weges der Liebe) und die innere Entscheidung, diesen zu gehen (s. Der Heldenweg; Das individuelle (menschliche) Bewusstsein und Das dritte Auge und der Schatz des Königs).

3. KEHLE, Bekenntnis für die Liebe (Worte) – die blauen Lapislazuli-Perlen

Die blaue Farbe des Steins ist die Farbe des Wassers, welches das Element der weiblichen Seele ist. Diese kommt durch Worte zum Ausdruck (Kommunikation).

[S. Weihe, Bekenntnis (2. Phase des Heldenweges); Wasser, weiblich und Die vier Elemente, ihre Bedeutung und ihr Geheimnis.]

HERZ, Liebe – der doppelte Perlenstrang: Einheit männlich und weiblich

Perlen entstehen, indem das Muschel-Tier Verletzungen und Splitter mit Perlmutt umgibt, ein Bild für „Böses mit Gutem vergelten“. Der Strang ist doppelt, also für Mann und Frau, männlich und weiblich. Die Vereinigung dieser Gegensätze ist nur in der Kraft der Liebe und mit der immer wieder neuen Bereitschaft der Vergebung möglich.

[S. Wüste, 3. Phase des Heldenweges; Männlich und weiblich, die beiden Ur-Kräfte der Schöpfung und Gott, Ganzheit, 3-in-1, männlich und weiblich.]

5. SOLAR, Erfolg, gute Taten – eine königliche Robe umhüllt den Leib
Das Sonnengeflecht in der Mitte des Leibes ist ein Zentrum für die Steuerung vieler Körperfunktionen. So drückt das edle königliche Gewand Inannas gehobene Position und mannigfache Möglichkeiten, Gutes zu tun, aus.
6. NABEL, tiefe Gefühle – Schminke und Brustplatte: Sexualtrieb und Emotionen
Der Nabel gilt als der Sitz des Triebes mit den tief verankerten Körpergefühlen und Emotionen. „Lass ihn kommen“: Sie macht ihm „schöne Augen“, er kommt zu ihr, geht in sie ein, „kommt“ in ihr, in ihrem Schoss, und füllt sie, füllt ihr goldenes Herz mit Liebe (Brustplatte). Doch hier sitzen auch Verletzungen, die ans Licht kommen und so geheilt werden müssen. Dies geschieht auf dem Weg durch die Unterwelt (s. Heilung: Was ans Licht kommt, wird selbst licht).
7. WURZEL, das Leben in der Materie, Pukku und Mikku: Vereinigung Geist und Materie

Pukku und Mikku, Ring und Stab gelten als Zeichen der Vereinigung von männlich und weiblich, aus welcher neues Leben und neue lebendige Realität entsteht. Diese Vereinigung geschieht auf dem Weg durch die Unterwelt, ins Innerste des Weiblichen, des Lebens selbst. Pukku und Miku aus dem blauen Stein ist ein Zusätzlicher Hinweis, dass die Vereinigung im Schoss der Frau zustande kommt (s. Der weibliche Schoss als Gral).

7 Lebensbereiche – Hirnareale und Chakras

Inannas Abstieg in die Unterwelt als moderne Geschichte

Anna, geschmückt und bereit für den Abstieg

1. Krone (Geist, Vater)

In meinem Leben habe ich viel gekämpft und viel erreicht. Nicht dass ich dies mir selbst zuschreiben würde. Ich weiss, es ist viel Glück oder Gnade. Mir ist Gelingen geschenkt worden und ich habe immer die nötige Unterstützung und Kraft erhalten.

2. Stirn (Bewusstsein)

Ich weiss, wer ich bin, und ich stehe bewusst und selbstwirksam in meinem Leben. Dabei bin ich der Ansicht, dass ich eine gute Ausgangslage und viele Ressourcen habe. Ich bin dankbar dafür, denn es ist nicht selbstverständlich. Vielmehr bin ich mir bewusst, dass ich damit auch eine Verantwortung trage, indem ich es zum Guten einsetzen kann.

3. Kehle (Bekenntnis)

Meine erste Priorität war immer, mich dafür einzusetzen, dass diese Welt ein besserer Ort wird. So habe ich Gelegenheiten gesucht und gefunden, für das Richtige einzustehen und mich einzubringen.

4. Herz (Liebe)

Mit meiner Jugendliebe bin ich schon in einer jahrelangen Beziehung. Manchmal streiten wir uns, aber dann versöhnen wir uns auch wieder. Es ist auch wichtig, dem Partner Freiheit zu lassen. Zwei wunderbare Kinder sind aus mir hervorgegangen. Ich habe mein Bestes gegeben, sie für das Leben auszurüsten. Auch bin ich dankbar für so viele Menschen, die mir zur Seite gestellt wurden. 

5. Solar (Taten, Erfolg)

Viele inspirierende Begegnungen haben mein Leben bereichert und ich freue mich immer, wenn ich auch andere inspirieren kann. Ich habe mich immer ganz, mit allem, was ich bin, investiert. Es hat mich erfüllt und mir auch zu Erfolg verholfen. Auch dafür bin ich dankbar.

6. Nabel (tief verwurzelte Gefühle)

Aber neulich, als ich einem Freund erzählte, dass ich müde bin, fragte er mich geradeheraus: „Anna, wo bist denn du in deinem Leben? Hat es für dich selbst überhaupt Platz oder lebst du nur für und durch andere?“.
Ich erschrak. Es hat etwas in mir ausgelöst. Ich will in mich gehen, meinen Gefühlen und verlorenen Träumen nachspüren …

7. Wurzel (Leben, Mutter)

Ich spüre, dass ich der Sache auf den Grund gehen muss.
Es ist mein Leben.
Ich will endlich beginnen zu leben!

2. Der Türhüter der Unterwelt

Der Grund für Inannas Abstieg in die Unterwelt

Geschmückt und ausgestattet mit den Insignien der Ganzheit tritt die Göttin nun vor das Tor zur Unterwelt:

Der Türhüter der Unterwelt im Originaltext *

Inanna klopfte kräftig an das Tor zu Unterwelt und rief laut: „Öffne die Tür, Neti!“
Nachdem sie sich vorgestellt hatte, antwortete der Türhüter:

Wenn du wirklich Inanna, die Königin des Himmels bist,
Auf dem Weg in den Osten,
Warum hat dein Herz dich einen Weg geführt,
von welchem kein Reisender zurückkehrt?

Inanna antwortete:

Wegen … meiner älteren Schwester, Ereshkigal,
ihr Gatte, Gugalanna, der Stier des Himmels, ist gestorben.
Ich bin gekommen, um dem Begräbnis beizuwohnen.

Die grosse Schwester, Herrscherin der Unterwelt

Als Herrin der Unterwelt ist Ereshkigal die Göttin der Liebe in ihrem dritten Aspekt und damit ihre “grosse Schwester”.

[S. Weibliche Ganzheit 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal.]

Ereshkigal, Inannas ältere Schwester – die Göttin in ihrem dritten Aspekt

Die dreifache Göttin

Darum wird das Grosse Weibliche (Jungfrau, Mutter, alte weise Frau) in Kunst und Literatur auch immer wieder als Dreiheit dargestellt, als drei Schwestern, drei Grazien oder auch drei Hexen.

Die Göttin der Unterwelt und die Ganzheit

Gemäss Götter-Geneagramm von Kramer-Wolkenstein ist Ereshkigal Inannas Grossmutter [1]. Als Grosse Mutter hat die Göttin Kraft, denn sie hat ihre männlichen Anteile integriert. Dies ist das Ziel von Inannas Abstieg in die Unterwelt (s. Weibliche Ganzheit 3-in-1: Potenzial, Realität und Schicksal).

Die Königin des Himmels auf den Weg in den Osten: durch die Unterwelt!

Venus, der Stern der Göttin der Liebe

Der Stern der Göttin der Liebe ist in allen Kulturen die Venus. Inanna war die erste Göttin der Liebe. Die Venus geht im Osten auf, was dem jungfräulichen Aspekt der Göttin entspricht und im Westen unter, womit der Weg durch die Unterwelt eingeleitet wird.

Vom Osten in den Westen – Morgenstern vom Abendstern

Als “Königin des Ostens” symbolisiert die aufgehende Venus den jungfräulichen Aspekt der Göttin der Liebe (s. in Episode 7: Ninshubur – Kampf um die Liebe).  Als Abendstern lädt sie zur Liebe ein (bevor sie untergeht).

Der Weg vom Westen in den Osten – durch die Unterwelt: Sterben und Auferstehen

Die Venus als Abendstern geht im Westen unter und im Osten wieder auf (wie auch die Sonne). Gemäss der Vorstellung des antiken Menschen führt der Weg in den Osten „unter der Erde“ hindurch. Bildhaft gesprochen geht es damit durch die „Unterwelt“ in den Osten und zur Auferstehung.

Kein Reisender kehrt aus der Unterwelt zurück

So ist der Weg durch die Unterwelt ein Bild für Sterben und Auferstehen. Und aus diesem Grund gibt es auch aus der Unterwelt keine Wiederkehr (an denselben Ort), sondern was daraus hervorgeht, ist neu – neu geboren und steht an einem andern Ort.

Der gestorbene Gatte, Stier des Himmels

Der Partner und der Animus

Nun erfährt man also auch die mythologische Begründung für Inannas Abstieg in die Unterwelt: Der Gemahl der Herrin der Unterwelt, der Himmelsstier, ist gestorben.

Wie ist das zu verstehen?

Der gestorbene Gatte oder Stier des Himmels kann zwei Bedeutungen haben, die jedoch miteinander verknüpft sind:

  1. Der innere Mann (Animus) der Göttin: Sie hat den positiven Zugang zu ihrem Körper und ihrer Kraft verloren (ist in Negativität, Zorn und Frustration).
  2. Der reale Partner der Göttin und damit die Frage: Ist die Liebesbeziehung oder die Erotik in der Beziehung gestorben und herrschen stattdessen Zorn und Auseinandersetzungen (negative Männlichkeit)?
"GuGalAnNa", der Stier des Himmels: der Animus (Antrieb im Körper und in der Materie) – mehr:

Der verstorbene “Gatte”: Beziehungsprobleme und die Menopause

Die Frau, in den mittleren Jahren angekommen, hat vielleicht schon länger ihren guten Zugang zu ihrem Körper (der von männlichem Begehren und auch von den Kindern fremdbesetzt war) verloren. Zudem ist sie möglicherweise aus emotionalem Mangel in Frustration und Zorn, was bildhaft durch die Herrscherin der Unterwelt beschrieben wird. Damit liegen auch Beziehungsprobleme auf der Hand.

[S. Das Grosse Weibliche, das Leben selbst, in der Unterwelt und Der Schmerzkörper der Frau.]

Der Gatte der Göttin und die Tötung des “Himmelsstiers” durch Gilgamesh

Der “Gatte” wie auch der “Stier des Himmels” können auf den Partner der Frau bezogen werden.

In diesem Zusammenhang beschreibt auch das babylonische Gilgamesh-Epos, wie Gilgamesh gemeinsam mit seinem tierischen Freund EnKiDu (dem “verkehrten” Sohn des Gottes der Erde), den Himmelsstier der zornigen Göttin tötet. (Daraufhin bestrafen ihn die Götter: Enkidu, der den männlichen Trieb symbolisiert, muss nun ebenfalls sterben (s. Der Himmelsstier). – Auch dies ein Bild für herbe partnerschaftliche Auseinandersetzungen, die im Auseinanderbrechen der Beziehung enden können, wenn die Liebe gestorben ist.

Menopause: Sterben der Fruchtbarkeit des Körpers der Frau

Mit dem Aufhören von Menstruation und Fruchtbarkeit erreichen Frustration und Zorn der Frau wohl ihren Höhepunkt. Denn das, was so lange einfach selbstverständlich da war, ist nicht mehr, ist “gestorben”. Sie hat alles gegeben und sehr wenig oder nichts erhalten. Ausserdem schwinden weibliche Machtmittel wie erotischer Ausstrahlung und Sexyness zunehmend – und will die Frau meistens auch gar keine “Tussi” mehr sein. Was nun???

Der Himmelsstier als Animus – Integration!

Auch sind der “Gatte” wie auch der “Stier des Himmels” ein Bild für den inneren Mann der Frau und ihren Körper mit seiner Kraft (s. Der Animus – Leben und Antrieb in der Materie). Diese männlichen Anteile wird die Frau auf dem Weg durch die Unterwelt integrieren. Damit gewinnt sie wahre Power, nämlich Kraft und Vollmacht in der Materie! Der integrierte innere Mann (Animus) ist zudem mit den Archetypen des erlösenden Prinzen oder Christus identisch. In seiner Liebe wird auch die verlorene “erste”, reine Liebe wieder aufgeweckt. Konkret müssen sich die männlichen Anteile der Frau von zorniger Macho-Männlichkeit zur versöhnlichen Liebe des Vaters wandeln. Davon handelt die Fortsetzung der Mythologie von Inanna. Es ist noch ein weiter Weg.

[S. Die Integration des Animus.]

Die Gebärmutter: Trieb und Antrieb im Körper und Sitz der Hysterie?

Der Grund, weshalb der Stier als weibliches Symbol gilt, mag darin liegen, dass Gebärmutter und Eileiter der Frau die Form eines Tierkopfes mit Hörnern haben. Griechisch hysterix bedeutet Gebärmutter. Früher war man der Ansicht, dass die Raserei und die zunehmend negativen Emotionen der Frau in den Wechseljahren ihren Ursprung in der Gebärmutter hätten. So wurde diese schon zur Zeit der Griechen operativ entfernt.

[S. Der Stier als weibliches Symbol auch in Maleficent, die dunkle Fee als Schicksalsgöttin und Starke Emotionen und das Unbewusste.]

Die Bedeutung des Namens des «Gatten»: GuGalAnNa

Und zuletzt bestätigt auch die Deutung des Namens GuGalAnNa diese Ausführungen. Betrachtet man die Bedeutung der Silben, so bestätigt sich diese These, dass es sich um Inannas männliche Anteile handelt. Denn darin enthalten sind die Silben AnNa (wie bei Inanna für NinAnNa. NIN = Göttin; AN = HIMMEL; NA in Umkehrung = herab). Hinzu kommen noch die Silben Gu (oder Kur = Land); GAL (= UNTERWELT). [S. Die sumerische Sprache und ihre Entwicklung.]

Der Name Gugalanna kann also auf diese Weise übersetzt werden:
«Von der Erde hinab in die Unterwelt führt der Weg jener, die (im Geist der Liebe) vom Himmel herabgekommen sind».

Gebärmutter mit Eileitern als Tierkopf

Anna und der Stier des Himmels

Ich versuchte mit Thomas zu reden und ihm meine Situation zu schildern:
– Thomas, ich finde, es muss sich etwas ändern in meinem Leben, ja in unserem Leben.

Er schaute kurz von der Zeitung auf:
– Wieso denn? Ist etwas nicht in Ordnung? Bist du nicht zufrieden?

Ich zuckte die Schultern:
– Das ist keine gute Basis für ein Gespräch. Du kannst nicht unsere Probleme allein auf mich abwälzen. Ich will meine Lebenssituation anschauen, wenn’s sein muss in eine Beratung gehen. Kommst du mit?
– Wieso denn das???, fragte er mit einem gereizten Unterton und fuhr fort: Ich finde es keine gute Idee, Schlamm aufzuwühlen. Konzentriere dich doch lieber auf deine Ressourcen! Wenn man zu graben beginnt, öffnet sich ein Abgrund …

Schon spürte ich mich innerlich wieder zwischen Resignation und Zorn schwankend. Nach einem kurzen Schweigen sagte ich:
– Ich fühle mich müde und antriebslos, man kann meinen Zustand vielleicht auch «Depression» nennen. Und bei dir erhalte ich ja offensichtlich nicht wirklich die emotionale Unterstützung, die ich mir wünsche.

Schweigend wandte er sich wieder seiner Zeitung zu.

3. Die sieben Tore der Unterwelt

7 Tore der Unterwelt

Das Tor in die Unterwelt, ins Innerste der Existenz – die “Vulva” der Göttin [2]

Die sieben Tore der Unterwelt im Originaltext *

Ereshkigals Türhüter Neti, bat Inanna zu warten, bis er seiner Königin ihre Botschaft überbracht hatte. Er eilte davon, trat in den Palast seiner Herrin ein und sagte:

Die sieben ME

Meine Königin, eine junge Frau
Hoch wie der Himmel
Weit wie die Erde
Stark wie die Befestigung einer Stadt
wartet vor den Toren.
Sie ist im Besitz der sieben ME.

(Neti lieferte auch eine detaillierte Beschreibung von Inannas ganzem Ornat.)

Ereshkigals Anweisungen für Inannas Abstieg in die Unterwelt

Als die Königin der Unterwelt dies hörte, klopfte sie sich auf den Schenkel und biss ihre Lippen. Sie dachte nach … Dann wies sie Neti an, die sieben Tore zur Unterwelt zu verriegeln und jeweils nur so weit zu öffnen, dass Inanna sich bücken musste, um hindurchzugelangen.
Bei jedem Tor sollte Neti Inanna ein Merkmal ihrer königlichen Ausstattung abnehmen.

Der Türhüter führte ihre Anweisungen aus und verriegelte die Tore zur Unterwelt. Zuerst öffnete er das äusserste Tor niedrig: „Komm herein, Inanna!“. 

Inanna und die sieben Tore der Unterwelt

Als Inanna sich bückte, um durch das erste Tor zu gelangen, nahm er ihr die Shugurra, Krone der Erde, ab.

Inanna fragte:
„Was ist das?“

Neti antwortete:
– „Ruhig Inanna, die Wege der Unterwelt sind vollkommen. Sie dürfen nicht infrage gestellt werden.“

  1. Tor: Es wurde ihr die Krone abgenommen.
  2. Tor: Es wurden ihr die kleinen Lapislazuli-perlen vom Hals genommen.
  3. Tor: Es wurde ihr der doppelte Perlenstrang von der Brust genommen.
  4. Tor: Es wurde ihr die goldene Brustschmuckplatte abgenommen.
  5. Tor: Es wurde ihr der Goldreif von ihrem Handgelenk abgestreift.
  6. Tor: Es wurden ihr ihr Stab und Ring aus Lapislazuli abgenommen.
  7. Tor: Es wurde ihr die königliche Robe von ihrem Körper abgenommen.

Bei jedem Tor wurde Inanna ein weiteres Stück ihres königlichen Ornats abgenommen. Jedes Mal fragte Inanna:
– „Was ist das?“.

Und jedes Mal antwortete Neti:
– „Ruhig Inanna, die Wege der Unterwelt sind vollkommen. Sie dürfen nicht infrage gestellt werden.“.

Nackt und tief gebeugt erschien Inanna vor der Herrscherin der Unterwelt.

Wer ist Neti?

Der Teufel, Diener der Herrin der Unterwelt?

Neti ist “nur” der Türhüter, der die Befehle seiner Herrin ausführt. Das ist interessant.

NE-TI: "Nicht-Gott-des-Lebens" – der negative Animus als Teufel oder "Schmerzkörper

Wortbedeutung: “Nicht-Gott des Lebens”

Ne-Ti/Zi ist die Umkehrung der Silben En-Ti/Zi. Sumerisch-akkadisch EN bedeutet «Gott», Zi(Ti) bedeutet Leben. Damit kann der Name NETI als «Nicht-Gott des Lebens» übersetzt werden.

Der Teufel als Archetyp für den negativen Antrieb

Auch in unserem Kulturraum gehört der Teufel zur Unterwelt, die aber zur “Hölle” verkommen ist (im Gegensatz zur sumerischen Mythologie, wo sie der Bereich der grossen Mutter, Herrin über Tod und Leben darstellt, s. Von Frau Holle zur Hölle und die Göttin der Unterwelt). Der negative Animus stellt den Antrieb in der Materie und im Körper dar, und zwar aus Defizitempfinden, Druck und Schmerz (und ist damit das Gegenteil von Gott als dem positiven Antrieb aus Liebe).

Es ist dieser negative Antrieb, welcher die Göttin, die Frau und alles Leben in die Unterwelt führt.

[S. Der negative Animus als Teufel oder Schmerzkörper und Der Schmerzkörper der Frau.]

Die Weisungen der Göttin der Unterwelt und die ME

Neti entblösst und erniedrigt Inanna im Namen der grossen Mutter – welche ja ein Teil von Inanna selbst ist! (Dies zeigt wieder einmal, wie die sumerische Mythologie frei von Schuldzuweisungen und Projektionen ist, noch frisch und “unschuldig”. Das macht sie so faszinierend.)

Mit anderen Worten kann man sagen, dass Inanna ihrem inneren negativen (!) Antrieb folgt und darum in diese missliche Situation gerät.

Wie ist das zu verstehen?

Der Wille Gottes: Transformation durch Liebe und Auferstehung

Es ist der Weg der liebenden Frau und der Liebe überhaupt, sich hinzugeben, ja sich zu entblössen, unter Umständen sogar, bis nichts mehr da ist.
Und es geht noch einen Schritt weiter: Gerade darin liegt der höhere Wille, welcher der göttlichen Ordnung entspricht. Es sind die Gesetze der Unterwelt, des Lebens in der Materie und auch der Wille Gottes, dass alle Wahrheit ans Licht der Liebe kommt und so auch die tiefsten Schatten transformiert werden. So geht Gott der Vater selbst in der Kraft seines Sohnes in die Materie ein, um darin den Samen für die neue Schöpfung zu säen, die vom und im Leben geboren wird. So wie der Tod zur Auferstehung wird.

Der Weg durch die Unterwelt als Teil der ME

Dies kommt auch zum Ausdruck, indem schon gemäss der sumerischen Mythologie der Abstieg und der Aufstieg aus der Unterwelt zu den ME, den Kräften der Weisheit, gehören, deren Ziel Vollkommenheit ist (s. Sterben und Auferstehen: im Leben selbst!)

Heilung: die Schlange am Kreuz

Annas und die sieben Tore als moderne Geschichte

1) Krone: göttliche Liebe, Geist, höheres Bewusstsein, Vater

Ich erinnere mich an den Traum meiner Jugend, Liebe zu leben. Aber wo ist sie geblieben, meine Liebe?

2) Stirn, Bewusstwerdung

Ich werde älter und ich bin müde. Meine Beziehung zu Thomas ist abgekühlt und ich empfinde, dass wir uns entfremdet haben. So geht es nicht mehr weiter!

3) Kehle, Kommunikation

Wenn ich versuche, mit ihm über unsere Beziehung zu sprechen, weicht er aus: Was soll schon sein? Was hast du denn jetzt schon wieder? – Wir haben uns nichts mehr zu sagen.

4) Herz, Liebe

So kommt es, dass ich mir gar nicht mehr sicher bin, ob ich ihn noch liebe.

5) Solar, Erfolg, gute Taten

All die Jahre bin ich ihm zur Seite gestanden, habe ich ihm meine Seele, meine Schönheit und meine Kraft geschenkt und zudem auch 2 Kinder, die ich grossgezogen habe. Und jetzt? Was bleibt? Mein Mann interessiert sich nicht mehr für mich und meine Kinder brauchen mich ebenfalls nicht mehr.

6) Tiefe Gefühle, verborgene und vergrabene Emotionen

Wenn ich so in mich hineinhorche, bin ich frustriert, manchmal wütend oder auch enttäuscht, dann wieder einfach nur erschöpft und antriebslos. Was soll denn nun aus mir werden? Ich habe das Empfinden, dass ich alles gegeben und nichts dafür bekommen habe, ja es ist nichts für mich übrig geblieben.

7) Leben, Mutter

Ich bin nichts und habe nichts … könnte ebenso gut tot sein …

Annette schreibt:

Die sieben ME und die sieben Tore der Unterwelt – göttliche Weisheit –

Die Liebe gibt alles.

Sie glaubt alles,

hofft alles.

Ihr Vertrauen geht so weit, dass sie sich selbst entäussert.

Die Liebe legt ihre ganze Existenz in die Waagschale für das hohe Ziel, das sie ins Auge gefasst hat: Die Ganzheit der Sieben, die ME, alles, was das bewusste Leben ausmacht.

Und dann, in der Feuerprobe steht alles, was ist, auf dem Prüfstein.

Die innersten Motive werden durchleuchtet.

Stolz und Egoismus müssen sterben.

Mit jedem Stückchen innerem Sterben kommt der Mensch dem Kern näher …

dem Kern der Existenz,

Tod und

Leben.

Nachweise:

* Originaltext, Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).

[1] Sumerisches Götter-Geneagramm, Wolkenstein/Kramer, S. x und xi

[2] Abbildung rechts (oder oben): die Tür zur Unterwelt, Tontafel, 6 x 5 cm, Zweistromland, Isin-Larsa-Periode, 2000 bis 1600 v. Chr., Paris, Louvre, AO 9007 aus Wolkenstein/Kramer, S. 55 und 190


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