Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Der Schatten – Ressourcen im Reich der Toten

Der Schatten

By on 24. März 2020

Der Schatten

Im Schatten des Menschen verbergen sich ungelöste Konflikte und jene persönlichen Eigenschaften, Gefühle und Reaktionsmuster, die der Mensch nicht am Licht seines täglichen Lebens hat.
Der Mensch erreicht Ganzheit, indem er seine Schatten integriert.

Der Schatten – das was mir fremd ist, das was ich an mir nicht mag

Verdrängt und weggesperrt

Jeder Mensch hat Eigenschaften, mit welchen er gerne glänzt, welche am Licht seines Lebens sein dürfen. Häufig sind dies seine Stärken oder das, was er als seine Stärke betrachtet. Jeder Mensch hat aber auch Eigenschaften, welche er an sich nicht mag, für die er sich schämt oder welche er nicht einmal kennt. Häufig betrachtet er diese als Schwäche. Normalerweise will der Mensch seine Schattenseiten nicht am Licht seines Lebens haben, eher verdrängt er sie und sperrt sie weg – im Keller seines Lebenshauses, im Kerker seines Lebensschlosses. Dort sind sie verbannt, sind vom täglichen Leben ausgeschlossen und können sich entsprechend auch nicht entwickeln.

Aktiviert durch Stress

Wenn der Mensch jedoch in eine Stresssituation gerät und die Kontrolle verliert, dann können diese Schatten aus ihrem Kerker entweichen. Sie sind voll negativer Energie und überschwemmen den Menschen mit negativen Gefühlen, Aggressivität und unkontrolliertem Verhalten (s. als Anschauungsbeispiel: Der entwichene Gefangene; mehr s. auch  Schattenaktivität – negative Körperemotionen und Kontrollverlust).

Die Projektion des Schattens auf Andere

Das Ziel des Menschen ist Ganzheit. Dazu müssen die Schatten integriert werden.

Den Schatten, also jene Eigenschaften, die man in sich selber verdrängt, nimmt man umso stärker im Gegenüber wahr.

Das Unbewusste projiziert das, was man in sich selber nicht sehen will, auf Andere. So kann der Mensch in der Auseinandersetzung mit dem Nächsten seine Schatten wenigstens da erkennen und hat die Gelegenheit, sie zu integrieren, indem er den Anderen liebt. Zudem ist die Wahrnehmung des Schattens auch von Emotionen und körperlichen Reaktionen aus dem Unterbewussten begleitet. So sind heftige negative Emotionen wie Ablehnung, Empörung oder Wut auf der einen Seite oder starke positive Emotionen wie Verliebtheit auf der anderen Seite ein klarer Hinweis auf die Aktivität des Unbewussten.

Wenn eine Begegnung heftige Gefühle auslöst, seien es negative oder positive, ist dies ein Hinweis auf Aktivität des Unbewussten und auf die eigenen Schatten.

Integration des Schattens – Der Weg durch die Unterwelt

Der Mensch integriert – mythologisch gesprochen – seine Schatten auf dem Weg durch die Unterwelt, eben durch das Reich der Schatten.

Widerstand des Egos  gegen Bewusstwerdung

Dieser Weg wird vom Menschen häufig als «Krise» wahrgenommen, denn die Begegnung mit den eigenen Schatten ist keine angenehme Sache. Sie geht häufig an die Substanz. Das eigene Ego und der persönliche Stolz werden dabei empfindlich getroffen. Das Ego, das im Schatten seine Macht ausübt, setzt sich mit Empörung gegen die Bewusstwerdung zur Wehr. Es inszeniert Lähmung und Müdigkeit oder heftige Ablehnung und innere Aufregung mit dem Ziel, diesen Prozess schon im Keim zu ersticken.
Aus Gründen wie diesen setzt man sich darum selten freiwillig seinem Schatten aus, obwohl dies heilsame Prozesse anstossen und positive Veränderungen bringen kann.

Die Krise als Anstoss zur Veränderung

Und darum bringt das Leben selber den Menschen in Situationen, in denen er einfach nicht mehr anders kann, als sich mit dem Schwierigen auseinander zu setzen. In einer Krise, in welcher die normalen Bewältigungsressourcen nicht mehr genügen, braucht der Mensch plötzlich andere Ressourcen. Nun kommen die Schatten ins Spiel. Sie tauchen – im negativen Aspekt der Eigenschaft – aus dem Unbewussten auf und sorgen zunächst für Unruhe. Werden sie jedoch integriert, dann stehen dem Menschen neue, erweiterte Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Spätestens in der Krise der mittleren Jahre («midlife crisis») ist es für den Menschen an der Zeit, sich auf den Weg zu machen, seine Schatten zu integrieren.

Der Schatten – das innere Kind, die innere Frau/der innere Mann

Zu den Schatten gehören das innere Kind und die gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile.

Das innere Kind

Das innere Kind
Mit diesem sind existentielle Ängste weggesperrt, das Gefühl zu kurz zu kommen, Gefühle von Einsamkeit, Hilflosigkeit, Ohnmacht oder Zorn und Trotz. Der Mensch integriert sein inneres Kind, indem er sich um schwächere Menschen kümmert und auch indem er seine eigenen Gefühle und Beweggründe wahrnimmt und sich selber darin liebevoll begegnet.

Die gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile
Bei den gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteilen handelt es sich um eine Vorstellung oder ein inneres Idealbild vom anderen Geschlecht. Dieses Bild, das als Idee oder virtuelle Realität durchaus stark von der erlebten Realität abweichen kann, übt auf der geisteigen Ebene einen Einfluss auf den Menschen aus. C.G. Jung formuliert:

Mit dem Archetypus der Anima [und des Animus] betreten wir das Reich der Götter beziehungsweise das Gebiet, das sich die Metaphysik reserviert hat. Alles was die Anima [bzw. der Animus] berührt, wird numinos, das heisst unbedingt, gefährlich tabuiert, magisch. Sie [die Anima] ist die Schlange im Paradies des harmlosen Menschen voll guter Vorsätze und Absichten.[2]

Diese inneren Bilder haben auch kollektive Wirkung. Sie erscheinen in positiver oder in negativer Gestalt:

Die Anima

Die innere Frau, die Anima

In positiver Gestalt ist sie durch die Göttin der Liebe oder die Jungfrau symbolisiert, in negativer Gestalt durch die Schlange oder die Hure. Der Mann integriert mit seinen weiblichen Anteilen seine Seele und damit Eigenschaften wie Liebe, Verständnis, Warmherzigkeit und Präsenz.

Der Animus

Der innere Mann, der Animus 

In positiver Gestalt ist er durch Christus oder den Vater symbolisiert, in negativer Gestalt durch das Tier oder den Teufel. Die Frau integriert mit ihren männlichen Anteilen ihren Körper und ihre Kraft. Sie gewinnt auch Kreativität, Entscheidungsfreude, strategisches Handeln und Durchsetzungsvermögen.

Ganzheit – die innere Familie integriert

Der Mensch ist ganz, wenn er mit seinen Schatten das innere Kind integriert hat und wenn er seine durch die positive Begegnung mit dem anderen Geschlecht seine gegengeschlechtlichen Persönlichkeitsanteile integriert hat. Der Mann gewinnt seine Seele durch die Begegnung mit zarter, starke Liebe («Jungfrau»). Die Frau gewinnt Körper, ihren Antrieb und ihre reine Liebe wieder durch die Begegnung mit dem «Vater», mit bedingungsloser Vaterliebe (s. auch Die menschliche Gleichung).

Das Ziel ist, dass beide, Mann und Frau, ihre männlichen und ihre weiblichen Persönlichkeitsanteile am Licht ihres Lebens haben. Damit haben sie einen guten Zugang zu ihrem Körper wie auch zu ihrer Seele. So können sie sich auf beide Arten lieben und eins werden: mit ihrer Seele (Gefühle, Verständnis, Liebe) und mit ihrem Körper (Sexualität). Die Einheit und Fülle, die daraus wachsen, sind das Geschenk für die reife Beziehung nach der Krise der mittleren Jahre, mythologisch gesprochen nach dem Weg durch die Unterwelt.

Nachweise

[1] C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 9/I, „Die Archetypen und das kollektive Unbewusste“, S. 37, §59


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