Goldspur

Der Ewigkeit auf der Spur

Hilfe für Inanna durch Ninshubur (Episode 14)

Hilfe für Inanna (Episode 14)

By on 2. November 2023

Hilfe für Inanna (Episode 14)

Keine Hilfe für Inanna findet Ninshubur bei den jugendlichen Göttern des Krieges.

Hilfe für Inanna durch Ninshubur (Episode 14)

Im Zusammenhang:

Inannas Leichnam hängt in der Unterwelt an einem Nagel an der Wand. Doch die Göttin hat für den Ernstfall vorgesorgt und ihren Sukkal Ninshubur angewiesen, aktiv zu werden, sollte sie nicht nach drei Tagen aus der Unterwelt zurück sein. Nun macht Ninshubur sich auf, um Hilfe für Inanna zu suchen.

Ninshubur und der Kampf um die Liebe

Jede Frau ist aufgerufen!

Wieder ist es Ninshubur, welche Inanna aus der Patsche helfen muss (wie in Episode 7).  NinShuBur bedeutet “Königin der Erde”. Sie ist die irdische Dienerin und Ausführende der Göttin der Liebe.

Hilfe für Inanna durch Ninshubur im Originaltext *

Hilfe für Inanna durch Ninshubur

Da – nach drei Tagen und drei Nächten
Inanna nicht zurückgekehrt war,
erhob Ninshubur eine Trauerklage für sie bei den Ruinen.
Sie schlug die Trommel für sie auf den Versammlungsplätzen
und umkreiste die Häuser der Götter.
Sie zerkratzte ihre Augen, ihren Mund, ihre Schenkel,
kleidete sich in Lumpen.

Ninshubur, Königin der Erde und Inannas Sukkal ("Avatar")

Als “Königin der Erde” stellt Ninshubur die Frau in ihrem zweiten Aspekt dar, als initiierte Frau und Mutter. Das bedeutet, dass sie die menschliche Vertreterin der Göttin der Liebe auf der Erde ist und den Auftrag hat, die Liebe zu leben.

Ninshubur hat bereits einmal Inannas Liebe gerettet, als sie noch jung war und sich voreilig zum Geschlechtsverkehr mit Gilgamesh hatte hinreissen lassen. Für weiter Ausführungen zur Figur Ninshuburs s. Ninshubur – Kampf um die Liebe (Episode 7).

3 Tage Unterwelt (Finsternis): Sumer - Judentum - Christentum

Drei Tage – die Drei als göttliche Zahl

Die Zahl drei ist eine göttliche Zahl und hat eine symbolische Bedeutung. Sie steht für die drei göttlich-geistigen Aspekte des Menschseins, für den männlichen Geist (Antrieb im Körper und in der Materie, Animus), den weiblichen Geist (Antrieb in der Seele, Motivation, Anima) und für die Liebe als geistige Kraft, welche allein die Gegensätze männlich und weiblich vereint.
Auf dem Weg durch die Unterwelt wird der Animus integriert und innere Einheit (von männlich und weiblich) erlangt. Dies führt zu Ganzheit und zu ewigem Leben.

Drei Tage in der Unterwelt / im Reich der Toten / in der Finsternis

  • Die drei Tage in der Unterwelt, im Reich der Toten, werden also erstmals in der sumerischen Überlieferung, vor über 4000 Jahren, erwähnt.
  • Sie finden sich später in der jüdischen Überlieferung wieder, genauer in der neunten Plage Ägyptens (3 Tage Finsternis). Denn die 10 Plagen Ägyptens beschreiben die doppelte negative Paardynamik , welche im Sterben der Liebe (drei Tage Finsternis) und im Sterben der ersten Beziehung (Tod der Erstgeburt) gipfeln.
  • So wird auch von Jesus berichtet, dass er am dritten Tag vom Tod auferstand.
Trauerklage - ein Ritual zur Integration des Schmerzhaften

In der Antike wurden Menschen in wichtigen Lebensprozessen durch Rituale begleitet. Rituale dienen der Wahrnehmung und Verarbeitung von Freude oder auch Trauer und helfen, unbewussten Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Auf diese Weise können sie auch zur Bewusstwerdung beitragen, indem die Person mit ihren Emotionen und ihrem Körper spürbar in eine Situation hineinsteht.

So ans Licht des Bewusstseins gebracht erhalten Ereignisse eine besondere Bedeutung und kann auch Schmerzhaftes heilen.

[S. Heilung: Was ans Licht kommt, wird selbst licht.]

Erste Hilfe für Inanna: das Herz einer Frau!

Der Auftrag ergeht an jede Frau auf der Erde:
“Rette die Liebe!”.
Trauer ist der erste Schritt auf dem Weg hinaus aus der Negativität und zurück in die positive Existenz der Liebe.

Kein Herz kann so trauern wie das Herz einer Frau …

Kein Herz kann so trauern wie das Herz einer Frau! Sie ist Königin der Erde, doch wie verzweifelt ist sie, wenn ihre Liebe gestorben ist – und in der Unterwelt begraben liegt!

Dieser Song vertont dies auf wunderschön Weise (zur Einstimmung reinhören!):

Only a Woman’s Heart (gesungen von Eleanor McEvoy)

Only a Woman's Heart – Übersetzung (Nur das Herz einer Frau ...)

Ref:

Mein Herz ist tief, mein Herz ist so tief,
Wie nur das Herz einer Frau sein kann,
… wie nur das Herz einer Frau es erfahren kann.

Tränen

Die Tränen, die von meinen Augen fliessen,
Schmecken nach bitter-süßer Romanze.
Du bist immer noch in meinen Hoffnungen,
Du bist immer noch in meinen Gedanken,
obwohl ich selbst klarkommen kann.

Ref: Mein Herz ist ganz tief unten …

Trauer um Träume und verschwendete Liebe

Wenn ruhelose Augen
Meine aufgewühlte Seele enthüllen
Und Erinnerungen mein müdes Herz überfluten …
Dann trauere ich um meine Träume,
um meine verschwendete Liebe,
Während ich weiß, dass ich alleine überleben werde.

Ref: Mein Herz ist ganz tief unten …

 

Durchbruch zur positiven Existenz und zur Liebe

Trauer ist ein Ausdruck der Liebe, denn sie beinhaltet Wahrnehmung und Akzeptanz des Schmerzhaften und öffnet die Tür für Mitleid. Damit ist sie der erste Schritt zur Heilung (s. Heilung: Was ans Licht kommt, wird selbst licht).

In ihrer Verzweiflung schrie Ninshubur vor den Göttern um Hilfe für Inanna:

Oh, Vater, lass nicht deine Tochter in der Unterwelt umgebracht werden.
Lass nicht dein helles Silber vom Staub der Unterwelt bedeckt werden,
lass nicht deinen kostbaren Lapis in der Steinmetze zerschlagen werden,
deinen duftenden Buchsbaum nicht in Holz für den Schreiner gespalten werden.
Lass nicht die heilige Himmelspriesterin in der Unterwelt umgebracht werden!

Silber, Lapis, Buchsbaum - weibliche Symbole

Silber und Lapis sind bereits als Attribute der Weiblichkeit und der Göttin der Liebe beschrieben worden. Der immergrüne Buchsbaum steht für Unsterblichkeit und Liebe über den Tod hinaus.

Als Frau hat Ninshubur Zugang zu ihren Gefühlen und ist voll von Empathie – im Gegensatz jenen Göttern, welche als Archetypen unreife Männlichkeit darstellen …

Gott-der-Luft-2

Die jugendlichen Macho-Götter: Verweigerung der Hilfe

Hilfe für Inanna bei den männlichen Göttern?

Auf ihrer Suche nach Hilfe für Inanna gelangte Ninshubur zuerst zu EnLil, dem Gott der Luft, als Nächstes zu Nanna, der in Babylon als Mondgott und Inannas Vater galt. Beide verweigerten Hilfe mit dieser Antwort:

Meine Tochter hat nach dem grossen Oben verlangt.
Inanna hat nach dem grossen Unten verlangt.
Wer die Me der Unterwelt empfangen hat, kehrt nicht wieder.
Wer in die dunkle Stadt geht, bleibt dort.

Keine Hilfe für Inanna durch EnLil und Nanna, aber eine Lüge!

Enlil und Nanna stellen jugendliche Macho-Götter und Verfechter des Patriarchats dar. Sie haben keine Empathie, sondern sind schnell mit dem Urteil zur Stelle: “Wer die ME der Unterwelt empfangen hat, kehrt nicht wieder …” – Doch das ist eine glatte Lüge! Denn die ME, die Kräfte der Weisheit, beinhalten den Abstieg und auch den Aufstieg aus der Unterwelt (s. Inanna erhält die ME, Episode 5).

Enlil, der Gott der Luft: kämpferisch-invasive Männlichkeit

Die Luft ist das Element der männlichen Seele (s. Die vier Elemente). Der Name EnLil setzt sich aus «En» für Gott und «Lil» für Luft zusammen. Der Gott der Luft symbolisiert stürmisch-invasive jugendliche Macho-Männlichkeit. Diese sucht Macht und herrscht auch im Bereich des Geistes (im “Himmel”).

EnLils Energie gehört zur roten Phase des Mannes, welcher noch nicht zur Weisheit des Vaters (weiss) gelangt ist (s. Die drei Farben und Der Weg des Mannes und Die Integration der Anima).

[Mehr zum Unterschied der beiden Götter oder Archetypen in Sumer s. Schöpfung und Fall in Sumer und Der Vater und der Gott der Luft (Prolog II).]

Der Mond als weibliches Symbol unter männlicher Herrschaft?

Die Lebensphasen der Frau und der Mond

Der Mond kann mit den Lebensphasen der Frau und dem Weiblichen an sich in Verbindung gebracht werden. So gesehen symbolisiert der zunehmende Mond die Jungfrau, während der Vollmond für die initiierte, gebärfähige und natürlich auch hochschwangere Frau steht. Der abnehmende Mond symbolisiert die reifere Frau auf dem Weg in die Menopause oder bildhaft gesprochen in die Unterwelt (symbolisiert durch den Schwarzmond, Leermond).  [S. Der weibliche Weg / der Weg der Frau.]

28 Tage: Die Mondphasen und der Monatszyklus der Frau

Zudem entsprechen die 28 Tage des Mondzyklus in etwa dem Menstruationszyklus der Frau. Dabei symbolisiert der zunehmende Mond die zunehmende Fruchtbarkeit der jungen Frau, der Vollmond den Eisprung und der Schwarzmond oder Neumond die Menstruation.

Nanna als Mondgott und die Errichtung des Patriarchats

Ein männlicher Mondgott ist ein weiterer Hinweis auf einsetzende patriarchale Strukturen Babylons. Beim Namen “Nanna” ist einfach das In/Nin von Inanna weggelassen worden. NinAnNa bedeutet jedoch: «Die Göttin (Nin), die vom Himmel hinabstieg». AN steht für Himmel und NA als Umkehrung für “hinab … in die Unterwelt”.
Dieser Weg ist aber mit männlicher Vorherrschaft inkompatibel, denn der Weg in die Unterwelt führt zur Weisheit des Vaters, der auf diese Weise die weibliche Seite des Geistes, Liebe und Hingabe, integriert.

[S. Prolog II – Der Vater und der Gott der LuftDie Integration der Anima und Die heilige Wunde.]

Das Patriarchat greift durch

Dies mag wie erwähnt daran liegen, dass bei der Niederschrift der sumerischen Mythologie in Babylon bereits patriarchale «Anpassungen» vorgenommen worden sind. Zudem wurde jugendlich-kriegerische Männlichkeit, wie EnLil oder Marduk sie aufweisen, verherrlich, und Enlil war bereits zum höchsten Gott aufgestiegen. Entsprechend war die Unterwelt auf das Reich der Toten reduziert und die grosse Mutter-Gottheit zum Monstrum deklariert (s. Einführung ins babylonische Gilgamesh-Epos).

Fehlende Empathie unreifer Männlichkeit
Dabei ist schon klar, dass Ninshubur an die Falschen geraten ist, denn jugendliche machtorientierte Männlichkeit verachtet Schwäche und kann 
kein Mitleid aufbringen. Auch wird mit der der Aussage: „Es gibt keine Auferstehung und kein Leben nach dem Tod!“ die Ganzheit geleugnet.
Denn es sind die weiblichen Anteile, welche den Zugang zur grösseren Existenz des Geistes ermöglichen, ebenso wie Liebe und Warmherzigkeit.

[S. Die Integration der Anima.]

Weshalb sucht Ninshubur bei den männlichen Göttern Hilfe für Inanna?

Dazu zwei Anmerkungen:

  1. Diese Stelle wurde möglicherweise von der “Enkel-Kultur” Babylons als “Anpassung” in die Originalversion eingefügt, um wie erwähnt das Patriarchat zu besiegeln.
  2. Was im Gesamten gesehen wichtiger ist: Die männliche Seite der schöpferischen Kraft ist der initiierende Impuls, welcher in der lebendigen Materie (weiblich) neues Leben und neue Realität hervorbringt. (S. Männlich und weiblich, die beiden Ur-Kräfte der Schöpfung und Männlich und weiblich und die Erschaffung neuer Realität.)

Das Ziel ist, dass der Mensch beide Seiten in sich integriert (s. Das Selbst und Die heilige Hochzeit)! Konkret bedeutet dies, dass die Frau ihre männlichen Anteile integrieren muss, um zur Reife des Vaters zu gelangen.

[S. Die Integration des Animus und Maria Magdalena und Jesus.]

Enlil: Inannas männliche Anteile!

Als Götter und Archetypen spiegeln Enlil und Nanna aber auch die männlichen Anteile der Frau, die noch nicht zu Reife des Vaters gelangt sind. Sie sind es, welche die Göttin zu rasendem destruktivem Zorn bewegt haben.

Unreife Männlichkeit auch der Frau

Gnadenlose Härte

Weil die Mythen in allgemeinverständlichen Bildern sprechen, welche jedoch immer auch eine tiefere Bedeutung haben, gilt es, diesem Zusammenhang noch das Folgende zu ergänzen: Die unreifen männlichen Anteile machen die Frau (ebenfalls) hart und erbarmungslos. Solange sie also ihre männlichen Anteile noch nicht integriert hat, lebt sie ebenfalls Macht und Gewalt, wie in der zornigen Göttin der Unterwelt anschaulich dargestellt. Das bedeutet Härte – auch gegenüber sich selbst!

[S. Die Integration der männlichen Anteile, des Animus.]

In dieses Kapitel gehört auch das Thema der grossen Flut. Wasser, das weibliche Element der weiblichen Seele, kann stürmisch wüten (s. Der Vater wagte den Weg in die Unterwelt). Im babylonischen Gilgamesh-Epos wird erzählt, das EnLil die grosse Flut verursacht hat, während Ishtar wie eine gebärende schreit (s dazu auch nächste Episode, Nr. 15). Beide Kräfte können in der Frau wirken (s. Die grosse Flut).

Inanna ist auf dem Weg, in der Unterwelt ihre männlichen Anteile und mit diesen Vaterliebe zu integrieren. Das wird sie, das wird die Liebe retten.

Der Vater in der sumerischen Mythologie

Hilfe für Inanna durch den Vater

Der Gott der Weisheit: herzliches Erbarmen

Die Liebe des Gottes der Weisheit

Schliesslich gelangte Ninshubur nach Eridu, zu Enki, dem Gott der Erde und Gott der Weisheit. Vater Enki reagiert vollkommen anders als EnLil und Nanna. Er rief:

Was ist geschehen? Was hat meine Tochter getan?
Inanna! Königin aller Länder! Heilige Himmelspriesterin!
Was ist geschehen?
Ich bin besorgt. Ich bin voll Trauer.

Die Liebe des Vaters: Integration des Weiblichen

EnKi, der Gott, der sein Heiligtum an den Wassergründen hat, hat selber den Weg in die Unterwelt schon gemacht (s. Der Vater wagte den Weg in die Unterwelt, Prolog II). Als Archetyp für die Figur des VATERs hat er per Definition Liebe, denn er hat mit seiner Tochter seine weiblichen Anteile („JUNGFRAU“) integriert und hat damit seine Seele und die Liebe gewonnen.
Aus diesem Grund ist er auch voller Verständnis und Warmherzigkeit. Denn er kennt Schwäche, hat er ein Herz und kann er Gefühlen Ausdruck verleihen, auch der Trauer

Fazit aus den Deutungen:

Der Auftrag an Ninshubur gilt für jede Frau auf der Erde:
“Rette die Liebe!”. Dazu muss sie aber ihrem inneren Macho abschwören, ihre Härte überwinden und sich zur Liebe des Vaters durchringen.
Hier wird die Macho-Seite durch die beiden patriarchalen Götter EnLil und Nanna dargestellt und dem liebenden Vater und Gott der Weisheit EnKi gegenübergestellt.

Und mit diesen Ausführungen kommen wir nun zur modernen Geschichte:

Hilfe für Inanna durch Ninshubur anders erzählt

Anna im Gespräch mit Nina

Erste Hilfe für Inanna: Ninshuburs Trauer

Ich schüttete meiner Freundin Nina mein Herz aus. Auch ihr stiegen Tränen in die Augen, als sie meine Verzweiflung sah, als ich sagte:
– Weißt du, ich kann einfach nicht mehr! Ich glaube, Thomas hat mich nie wirklich geliebt. Ich glaube, er kann gar nicht lieben.
Er ist auch nicht liebevoll zu mir… in seiner Gegenwart fühle mich nicht liebenswert und manchmal sogar hässlich. Nie hätte ich gedacht, dass ich in eine solche Situation geraten würde!

Unreife Männlichkeit: gnadenlose Härte

Sie schwieg, und so fuhr ich fort:
– Immer, wenn ich versuche, ihm zu sagen, wie es mir geht, bekommen wir Streit. Er fühlt sich wohl bedroht und angegriffen und geht gleich zum Gegenangriff über, indem er kontert, es sei mein Problem und mich auch noch auf meine Fehler hinweist. Dann ticke ich aus … Und setze mich so selber ins Unrecht.
Und er kann dann den Arglosen und Verständnislosen mimen, der ja „gar nichts gemacht hat“. Ich sei ja einfach überempfindlich, meint er.
Damit ist er wieder fein raus, und es ist ja klar: Ich bin die, die spinnt, die ein Drama macht, ihm eine Szene macht, die notorisch unzufrieden ist …
Ich weiss nicht mehr, was ich tun soll, ich fühle mich so elend.

Nina seufzte und schüttelte den Kopf:
– Es ist wohl häufig so, dass der eine Partner – meistens die Frau, schätze ich – die Aggressionen des anderen austrägt.

– Genau! So ist es jedenfalls bei uns!, warf ich ein und fühlte mich verstanden. Als ich weiter in mich hineinspürte, ergänzte ich: Mir ist langsam alles egal. Ich denke, ich wäre glücklicher ohne ihn … Ich weiss gar nicht, ob ich ihn überhaupt noch liebe, ich kann einfach nicht mehr.

Unreife Männlichkeit auch der Frau

Als nächstes wichen meine anfänglichen Tränen der Verzweiflung und dem Zorn. Das fühlte sich schon besser an, ja ich spürte neue Kraft und sagte energisch:
– Ich habe genug von all dem! Das will ich mir nicht länger gefallen lassen!

Nina schwieg eine Weile, dann meinte sie sanft:
– Weisst du, ich mache mir schon lange Sorgen um dich, und auch um eure Beziehung. Es gefällt mir gar nicht, wie Thomas mit dir umspringt. Und das Verrückte ist, er muss bei dir nur gewisse Knöpfe drücken, irgendetwas sagen, und schon geht es bei dir ab, bist du an der Decke …

– ­Ja!, bestätigte ich: Immer wieder schafft er es, mich ins Bockshorn zu jagen. Dann fällt es mir schwer, mich zu beherrschen …

Mitleid und Erbarmen: die Liebe des Vaters

– So viel ist sicher, fuhr Nina fort: Er hat noch nicht die Reife, die du jetzt brauchen würdest …

Ich nickte nachdenklich und sie meinte:
– Vielleicht würde es dir gut tun, einmal mit jemandem zu sprechen, der weniger involviert und tatsächlich reifer ist…

– Ja, antwortete ich: Daran habe ich auch schon gedacht … Ich dachte, ich könnte wieder mal mit Enrico Kontakt aufnehmen.

– Das ist eine gute Idee!, meinte Nina.

Am nächsten Tag telefonierte ich Enrico und erreichte ihn gleich auf Anhieb:
– Anna! Wie schön, dich zu hören!, sagte er erfreut.

Nur schon seine warme, liebevolle Stimme bewirkte, dass ich einen dicken Kloss im Hals verspürte, sodass ich kaum sprechen konnte. Ich brauchte Gott sei Dank auch nicht viel zu sagen, denn Enrico fragte nicht weiter nach, sondern sagte nur behutsam und ruhig:
– Für dich habe ich immer Zeit! Wann passt es Dir vorbeizukommen?

Dieses kurze Telefonat mit ihm und die Vereinbarung eines Treffens hatten mir schon etwas Ruhe, Stärke und Zuversicht vermittelt.

Überleitung:
Inanna ist auf dem Weg, in der Unterwelt mit ihrer Schwäche ihre männlichen Anteile zu integrieren. Es ist die Kraft der Liebe des Vaters, welche die Göttin der Liebe wieder zum Leben erwecken wird.

* Originaltext, Übersetzung aus dem Sumerischen ins Englische: S.N. Kramer in WOLKSTEIN, DIANE / KRAMER SAMUEL NOAH. Inanna, Queen of Heaven and Earth. Her Stories and Hymns from Sumer. New York 1983 (Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch die Autorin).


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