Die Botschaft des Gilgamesh-Epos
Die Mythen als Bilder
So ist das mit den Mythen. Sie sprechen in Bildern und erheben gar nicht erst den Anspruch, faktische Wahrheiten zu vermitteln. Vielmehr haben sie ihre Botschaft und wollen damit eine inhaltliche Aussage machen. Was sich hingegen effektiv zugetragen hat, das kann man zwischen den Zeilen oder durch die Deutung der Bilder häufig nur erahnen.
Die Botschaft des Gilgamesh-Epos
Nicht anders ist es mit dem Gilgamesh-Epos. Seine Botschaft ist unklar und verborgen unter den Trümmern der Geschichte und des menschlichen Egos, der Identität der Macht. – Und ich gebe zu, man muss zum Teil tief graben, um an ihren Kern zu gelangen. Dieser ist die wahre Heldengeschichte, mein Heldenweg, welcher zugleich der Weg jedes Helden ist, der die Wahrheit und das Leben sucht!
GILGAMESH von Uruk: zu Beginn Königgott und Despot
Hinzu kommt auch, dass meine Geschichte nicht gerade ruhmreich begann. Gleich als Einstieg werden darum im Gilgamesh-Epos die Untaten meiner Jugend, meine «Jugendsünden» geschildert. Bereits in der älteren sumerischen Mythologie ist dies ein Thema, indem der Hirte Gilgamesh seine Göttin verlässt und dabei Not über die Jungfrauen und Frauen von Uruk bringt.
Es ist ja bekannt, dass der Trieb in jungen Männern stark ist, ja ein Problem darstellt. Darum wird dieser Trieb im Gilgamesh-Epos personifiziert, erhält also eine eigene Rolle, und zwar in der Gestalt von Gilgameshs “bestem Freund”, dem ganz und gar wilden EnKiDu (was “Sohn des Gottes der Erde” bedeutet, dazu im nächsten Abschnitt).
In meinen jungen Jahren schreckte ich vor nichts zurück und nahm mir, was ich wollte, und nichts und niemand konnte mir widerstehen. Aber das war, wie gesagt, erst der Anfang. Und das war auch der Grund, weshalb die Götter mich auf die «Heldenreise» schickten … damit ich mich bessere.
Enkiduanna
Das Gilgamesh-Epos: ENKIDU-INANNA!
Und so ist also in allem gesehen das Gilgamesh-Epos wahrhaftig «mein Kind» – Ja, es ist wie ich: Entstanden aus der Legende von einem Wilden, der sich zum König aufschwang («ENIKDU») und einer Göttin, welche ihm mit ihrer Liebe seinen Status und eine ganze Stadt zu verleihen hatte («INANNA/Ishtar»). Die Vereinigung des ENKIDU («Geschöpf des EnKi, des Gottes der Erde») und INANNA, der Göttin, «die vom Himmel herabkam» – dies ist auch der Stoff, aus welchem das Gilgamesh-Epos besteht.
Und dies ist auch meine Geschichte. Aus dieser Vereinigung entstand auch unsere Tochter, das Kind unserer Liebe: ENKIDUANNA.
Im Verlauf meiner Geschichte werdet ihr noch mehr dazu erfahren.
Ich Sargon – nennt mich SALOMON
Tiefe Weisheit
Zuletzt habe ich mir auch Gedanken darüber gemacht, wie ich von euch genannt werden möchte. Ich bin ja nicht nur Sargon, ich bin viel mehr! Denn ich bin ja noch immer da, in meiner Geschichte, die euch Weisheit vermitteln kann, mehr als ich sie damals hatte.
Weisheit – das bringt mich auf den Namen SALOMON.
– Und das kommt auch nicht von ungefähr. Denn Sargon und Salomon – es ist derselbe Name! [4]
Die Königin von Saba!
Natürlich nicht der biblische Salomon, der lebte ja viel später als ich … Dennoch … auch dies will ich euch hier nicht vorenthalten: Auch ich traf, ja ich eroberte die Königin von Saba! Wenn Ihr durchhaltet, werdet Ihr erfahren, was es damit auf sich hatte.
Nun? Seid ihr dabei auf meiner Heldenreise?!?
Sehr gut. Im Gilgamesh-Epos wird nun ab hier die Geschichte chronologisch erzählt. – Ob das auch für die Deutung Sinn macht, werden wir noch sehen.
Also: Willkommen zu meiner Gilgamesh-Sargon-Salomon-Story!
Sie beginnt damit, wie ich zu dem wurde, was ich war.
Und dann geht sie weiter mit der Beschreibung, wie ich zu dem wurde, der ich werden sollte.