Inanna und Lilith – der Baum und die Macht als moderne Erzählung:
Anna:
Gestern hatte ich mir den Film «Maleficent, die dunkle Fee» angeschaut. Und heute Nacht hatte ich einen Traum, der mich erschreckte:
Die Schlange im Baum
Ich sah eine junge Frau, die durch einen Garten ging. Sie kam zu einem Baum mit seltsamen, furchteinflössenden Wesen: In den Wurzeln wohnte eine riesige Schlange. Mein Herz blieb fast stehen, als ich ihren kalten, hypnotisierenden Blick sah. Dann raschelte es in den tiefer hängenden Ästen und dahinter schaute eine Frau hervor – aus einem Loch im Stamm! Sie war schön, aber bleich wie der Tod. Ihr rotes Haar fiel über den Stamm hinab und ihre giftgrünen Augen leuchteten.
Inanna und Lilith: eine erste Begegnung
Sie sprach mit säuselnder Stimme:
– Hallööchen Prinzesschen, wie gehts denn soo ???
– W … wer bist du???, hörte ich die junge Frau erschrocken fragen.
Als Antwort kam eine rauschende Stimme:
– Nenn mich, wie du willst! – Ich bin die 13. Fee! Ich bin Lilith! Ich bin du …!
Der Löwenadler
Sie lachte schrill und blickte nach oben. Ihr Lachen ging über in ein Kreischen, das aus der Baumkrone ertönte. Es war der Schrei eines riesigen Vogels, der hatte Flügel wie ein Adler, die sich über den Ästen ausbreiteten! Doch statt eines Schnabels hatte er den Kopf eines Löwen mit einem gewaltigen Schlund! Er hatte in der Krone ein Nest gebaut und es sassen auch schon krächzende Junge drin, ich weiss nicht, wie viele!!!
Angst vor dem Erwachsenwerden
Schweissgebadet erwachte ich aus dem Traum, total aufgewühlt, während das schrille Lachen und das Kreischen noch in meinen Ohren klangen. Unmöglich, wieder einzuschlafen!
Ich verstehe nicht, was das zu bedeuten hat …
Ach!
Manchmal möchte ich mich am liebsten verkriechen …
Manchmal habe ich Angst.
Missbrauch als kollektive Realität – der Schmerzkörper
Ich habe Angst vor dem Erwachsenwerden – und Angst vor der Sexualität.
Wie soll ich damit umgehen?
Es entgeht mir nicht, dass Männer beginnen, mich anzuschauen … mit bewundernden Blicken … Manchmal machen sie mir auch Komplimente …
Macht und Ohnmacht der Frau
Es ist wohl so, dass eine schöne Frau von Männern alles haben kann.
Kein Wunder, machen Frauen alles, um schön und begehrt zu sein und zu bleiben. Aber häufig sind sie auch hart – und frustriert, denke ich.
Meine Mutter ist auf jeden Fall immer wieder sehr hart zu mir, finde ich.
Missbrauch
Wenn man als Frau zu stark ist, schreckt das Männer ab, so kommt es mir vor. Diese haben mehr Freude an jungen Frauen wie mir … Ich spüre ihre Aufmerksamkeit, wenn sie mich wahrnehmen. Mancher versucht, mit mir zu flirten, mancher macht anzügliche Sprüche … Es hat mich auch schon einer berührt – auf eine Art … ich weiss auch nicht – einfach eklig!
Macht als kollektive Realität und Fluch
Letztlich geht es bei den Erwachsenen doch immer um Sex, Geld und Macht. Sie wollen Macht und immer mehr Macht …
Ich will das nicht, will nicht so werden wie die …
Im Rausch der Macht
Einerseits ist mir das alles nicht ganz geheuer, andererseits ist es tief innen auch ein berauschendes Gefühl. Denn ein bisschen aufregend ist es schon, heranzuwachsen und plötzlich Teil des Spiels zu sein.
Immer wieder denke ich an Gilbert …
– Neulich an der Party, als wir zusammen tanzten, da drückte er mich fest an sich …
Dabei spürte ich ungewohnte, starke Gefühle … Ja, noch immer, wenn ich daran denke …
Dann gerate ich ganz durcheinander.
Bin ich verliebt?